Organisation

Referat für Kirchenmusik

Orgel und Organist des Monats September 2025

Reil-Orgel der Evangelischen Kirche im Stadtpark in Villach mit Dr. Orthulf Prunner

Gerda Heger war zu Gast bei Orthulf Prunner in Villach, einem sehr geschätzten ehemaligen Kollegen, mit dem sie immer noch freundschaftlich verbunden ist:

Lieber Orthulf, wie kam es dazu, dass du Organist wurdest?

Wie es dazu kam, daß ich Musiker und Organist wurde:

Eigentlich hat mich Musik immer interessiert. Jede Form von guter Musik, egal ob Klassik oder Pop. Sie zieht mich in ihren Bann. Ernst wurde es im Sommer 1969. Damals weilte ich mit zwei Schulkameraden in Londen. Wir arbeiteten in der Firma Agfa, die damals führend in der Verarbeitung von Filmen war. Ich kaufte mir Schallplatten mit der Musik des Wohltemperierten Clavieres von Johann Sebastian Bach - gespielt von dem Cembalisten Ralph Kirkpatrick. Ich hörte mir die Musik auf und ab an und war hellauf begeistert: Das wollte ich lernen! Von diesem Meister wollte ich lernen. Ich schrieb einen Brief an meine Eltern und erklärte ihnen meinen Entschluss, Musiker zu werden. Ich war damals 17 Jahre und hatte jahrelang Gitarre in einer Band gespielt. Es war ja Beatlemania! Mit Klavier habe ich mit 11 Jahren begonnen. Meine Großmutter brachte mir die Anfänge des Klavierspiels bei. Nach Wien zurückgekommen, machte ich mich gleich an die Arbeit und übte am Wohltemperierten Clavier, dem 1. Teil. Ich maturierte dann in Musik, spielte Präludium und Fuge in c-Moll und begann dann im Herbst 1970 mein Studium der Mathematik. Mein Vater hatte Sorge, ich könnte mich von der Musik allein nicht ernähren. Ich verfolgte aber zäh weiter mein Ziel, die Aufnahmeprüfung an die Akademie für Musik zu schaffen. Ich wollte unbedingt die Musik von Bach verstehen und dachte so: Das Hauptinstrument von Johann Sebastian Bach war die Orgel, also wollte ich Orgel lernen. Ich schrieb mich in der Kirchenmusikschule ein und landete bei Peter Planyavsky, dem damaligen Domorganisten. Ihm spielte ich das gis-moll-Präludium aus dem 2. Teil des Wohltemperierten Claviers vor. Und dann sagte er: " Und das haben Sie sich alles selber beigebracht?" Ich sagte: "Ja!", er antwortete: "Und wie weit wollen sie kommen?" Ich meinte: "So weit es geht!"
Ja und da bin ich nun. Ich habe nahezu das gesamte Orgel- und Klavierwerk von Bach gelernt. Ich verdanke dieser Musik mein Leben, meine Arbeit. Alles, war ich kann in Musik, habe ich durch das Studium des Bachschen Werkes gelernt. In tiefster Verzweiflung und Lebenskrisen hat mich diese Musik aufgerichtet, getröstet und mir den Glauben an das Leben wiedergegeben. Bekannt ist die Anekdote: Als Mendelssohn seinem Freund Robert Schumann das Choralvorspiel "Schmücke dich, o liebe Seele" vorgespielt hat, soll dieser gesagt haben: "Und würden mir die Freuden dieser Welt genommen, diese eine Musik würde sie mir wieder geben!"

Ja durch diese Musik habe ich auch meinen Glauben an Christus gefunden! Wenn ich auch meine Zweifel an manchen Bibelstellen hatte, wenn ich sie aber in den Passionen hörte, war alles klar! Nicht umsonst wird Bach der 5. Evangelist genannt!

Ja, da bin ich also, ein alternder Organist und dankbar, hier an der Evangelischen Kirche im Stadtpark Organist sein zu dürfen. Pfarrer Thomas Körner hat mich an diese Kirche berufen. Dafür bin ich sehr dankbar!

Die unvergleichliche Musik Bachs beschäftigt mich noch immer.....

Orthulf Prunner, geboren 1951 in Wien, abgeschlossene Studien der Mathematik (Promotion mit einer Dissertation über Zahlentheorie bei Prof. Edmund Hlawka, Wien) und der Kirchenmusik (Mag. art. mit einer Arbeit über die Orgellandschaft Islands bei Prof. Schütz) in Wien. Orgelstudien bei Peter Planyavsky und Anton Heiller (beide Wien). Studienreisen zu Helmut Walcha (Frankfurt) und André Isoir (Paris). Organist und Kantor in Island (1976-77) in Raufarhöfn, 1979-1993 an der Háteigskirkja in Reykjavik. Zahlreiche Orgelkonzerte in ganz Europa. Fernseh-, Rundfunk-, Platten- und CD-Aufnahmen (meistens mit Werken von J. S. Bach, u.a. sämtliche Triosonaten und das Orgelwerk von W. A. Mozart für den Isländischen Rundfunk). Im Jahr 2000 Gesamtaufführung des Orgelwerkes von J. S. Bach in Villach. Aufführung des Wohltemperierten Claviers I und II und der Goldbergvariationen im Rahmen der Villacher Kulturtage 2008, 2010 und 2011. Aufführung sämtlicher Gambensonaten von J. S. Bach mit der Villacher Cellistin Barbara Kleewein 2013. Komponist von Chor-, Ensemble- und Orgelmusik. Von 2000 bis 2012 Leiter des Villacher Kammerorchesters. Dozent bei Meisterkursen. Kulturehrenzeichen der Stadt Villach in Silber 2002 und in Gold 2015. Vorträge über Zahlentheorie und verwandte Themen für die Isländische Mathematische Gesellschaft an der Hochschule in Reykjavik, Island, zeitweise Lehrtätigkeit für Studierende der Ingenieurwissenschaften. Vorträge über die Verbindungen zwischen Mathematik und Musik, so bei der Langen Nacht der Forschung in Klagenfurt und bei Math. Space im Wiener Museumsquartier 2013 und 2017 und 2020 an der technischen Universität Wien. Seit Oktober 1993 bis August 2021 Stadthauptpfarrorganist in Villach St. Jakob, von 1993 bis 2018 Regionalkantor für Oberkärnten; seit 2009 bis 2021 auch Regens Chori der Stadthauptpfarre St. Jakob in Villach. Von 2017 bis 2025 nebenberuflich Lehrender in Mathematik an der Fachhochschule in Villach, St. Magdalen.

Die zweimanualige Orgel wurde 1994 von der niederländischen Orgelbaufirma Reil erbaut nach klanglichen und dispositorischen Vorbildern des barocken niederländischen Orgelbaus.

Die Pedaltasten weisen eine kürzere Bauform auf und des weiteren eine Schiebekoppel.

Disposition

Hauptwerk (C-g´´´): Praestant 8 voet, Roerfluit 8 voet, Octaaf 4 voet, Quint 3 voet, Octaaf 2 voet, Mixtur 4-8 sterk, Trompete 8 voet;

Oberwerk (C-g´´´): Holpijp 8 voet, Quintadeen 8 voet, Preastant 4 voet, Fluit 4 voet, Gemshoorn 2 voet, Sesquialter 2 sterk, Dulciaan 8 voet;

Pedal (C-f´): Subbas 16 voet, Octaav 8 voet, Octaav 4 voet, Fagot 16 voet;

Spielhilfen: Pedalkoppel I, Pedalkoppel II, Schiebekoppel, Tremulant, Ventiel.

"Liebster Jesu, wir sind hier" J. S. Bach (Dr. Orthulf Prunner)