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Katholisches Bildungswerk

Schuf Gott Darwins Welt?

 (© Foto: Joachim Reisig)
(© Foto: Joachim Reisig)

Im vollbesetzten Lesesaal der Gemeinde Krumpendorf gingen die Zuhörer mit dem Vortragenden Mag. Ernst Sandriesser der Frage nach, wie Gott in dieser Welt wirkt und wie Naturwissenschaften auf der einen und Bibel und Theologie auf der anderen Seite dazu stehen.

In seiner Begrüßung erläuterte der Organisator des Abends DI Dr. Gerhard Friedrich die Schwierigkeiten, die seit Jahrhunderten das Verhältnis von Naturwissenschaften und Glaube belasten und stellte die Frage von Napoleon an den Naturwissenschaftler Laplace in die Mitte, ob man die Hypothese Gott für die Erklärung der Welt überhaupt noch brauche.

Schnell wurde deutlich, dass es verschiedene Zugänge zu ein- und derselben Wirklichkeit gibt und prinzipiell keine davon einen Vorrang genießt. Die naturwissenschaftliche Perspektive fragt danach "Wie" die Wirklichkeit entstanden ist und welche Kausalitäten in ihr herrschen. Der Glaube fragt nach dem "Woher" und "Wozu" oder wie der Philosoph Ludwig Wittgenstein es ausgedrückt hat: Nicht wie die Welt entstanden ist, ist das Mystische, sondern dass sie entstanden ist.
Eine ausschließlich empirische d.h. nur auf Messen und Zählen sich verlassenden Weltbetrachtung allein, schließt von vorne das Wirken einer göttlichen Sphäre aus. Alles Subjektive d.h. zwischenmenschliche Erfahrungen, aber auch persönliche Gefühle und geistig-spirituelle Erlebnisse können mit der Naturwissenschaft nicht hinreichend und zufriedenstellend beschrieben werden. Daher steht nicht ein seriös vermitteltes evolutives Weltbild im Widerspruch zum christlichen Glauben, wohl aber ein Evolutionismus, der behauptet, alle Phänomene der Geschichte und der Gegenwart seien naturwissenschaftlich vollständig beschreibbar.

Die Offenheit des christlichen Glaubens für ein evolutives Weltbild belegen Zeugnisse großer Denker wie Augustinus oder Gregor von Nyssa, der meinte, dass von Anfang an in der Schöpfung der Möglichkeit nach alles enthalten war, weil Gott der Entstehung des Alls eine Keimkraft d.h. innere Dynamik grundgelegt hatte. Mit dem Theologen und Paläontologen Teilhard de Chardin (1881–1955) hat das evolutive Denken im 20. JH in das christliche Schöpfungsdenken eingeführt.
Die Evolution ist ein großer zielgerichteter Zusammenhang von der Kosmo- und Geogenese über die Biogenese zur kulturgeschichtlichen Noogenese (Denken, Fühlen) und er ließ alles konvergieren und kulminieren im „Punkt Omega“. Damit meinte er Gott als die von Anfang an wirksame einende Grundkraft des Universums. Pierre Teilhard de Chardin hat das auf die berühmte Formel gebracht: „Gott macht, dass die Dinge sich selber machen.“ Das bedeutet auch: Es ist nicht Gott, der die Strukturen, Muster, Symmetrien, Moleküle, Zellen, Organismen wirkt; die entfaltet der in seine Eigendynamik freigegebene kosmische und evolutive Prozess bzw. die in ihm interagierenden Dinge und Wesen selbst.

Jedenfalls gehen die Evolution und die Dinge dabei ihre eigenen Wege, auch Umwege und Abwege mit Fehlern und Sackgassen. Wenn man, wie die Kreationisten es tun, das unbestreitbare Faktum der Evolution dennoch bestreitet und annimmt, Gott sei der große Designer, der alles am Reißbrett entworfen und fix und fertig hergestellt habe, dann müsste man Gott direkt auch alles Unvollkommene und alle Missbildungen zuschreiben. Gott hat die Dinge in ihre Eigendynamik hinein freigegeben, sie gehen ihre eigenen Wege. Nicht alles, was „die Natur tut“, ist auch gottgewirkt oder „der Wille Gottes“.

Und so endete der Abend in der Überzeugung, dass alles in der Welt, vom Urknall an, in einer ständigen Interaktion zwischen Gott und den Geschöpfen, in einem – mehr oder weniger gut gelingenden und sehr oft auch misslingenden – Dialog beider geschieht.