Organisation

Katholische Aktion

QUO VADIS

Ein Expert*innendialog anlässlich des Weltfrauentages

Bericht einer Veranstaltung mit

  • Mag.a Beate Gfrerer, Geschäftsführung die Kärntner Volkshochschulen
  • Carmen Goby, Unternehmerin, Vizepräsidentin WKÖ
  • Antonia Gössinger, Journalistin
  • Dr. in Iris Straßer, Unternehmerin, KA Präsidentin
  • Liselotte Suette, Vorsitzende und Geschäftsführung Sozialmarkt Kärnten
  • Dr. Josef Marketz, Diözeanbischof
  • Dr. Bernhard Fink, Rechtsanwalt, Vizepräsident des ÖRAK
  • Mag. Manfred Herrnhofer, Richter, Vizepräsident des Landesgerichtes Kärnten
  • Dr. Rudolf Likar, Mediziner, KA Vizepräsident
  • Mag.a Angela Rosenzopf-Schurian, KA Generalsekretärin

Frauen in der Pandemie

Das war der Ausgangspunkt für einen spannenden Dialog anlässlich des bevorstehenden Weltfrauentags. Vertreter*innen aus Bildung, Wirtschaft, Kirche, Medien, Justiz, sowie dem Sozial- und Gesundheitsbereich folgten der Einladung der Katholischen Aktion Kärnten und skizzierten, welche gesellschaftlichen Bruchstellen sich durch die Pandemie verschärft haben. Die Pandemie hat Einfluss auf alle Lebenswelten von Frauen. Gleichzeitig ist die gesellschaftliche Gleichwertigkeit noch immer nicht gegeben. Gerade jetzt findet ein Aufleben alter Rollenmuster statt. Das Rollenbild der Frau als Familienmanagerin, als Kümmerin, als nicht bezahlte Dienstleistern und als eine, die viel aushält, stützt die Tradierung veralteter Klischees, die ob Berufstätigkeit und der Veränderung von Partnerschaft und Elternschaft heute nicht mehr tragbar sind.

Arbeit im Ungleichgewicht

Anfang der Krise zogen alle Firmen die Sicherheitsleine und sparten ein. Das passierte als erstes bei den geringfügig Angestellten, die so einen wesentlichen Anteil ihres Einkommens verloren, aber nicht mehr Arbeitslosengeld erhielten. Hinzu kamen die Dienstleistungsbranchen, in denen immer noch hauptsächlich Frauen arbeiten, viele auch als Selbstständige mit einem geringen Sicherheitsnetz. Während in der Handwerks- und Baubranche und der Industrie weitgehend Betrieb herrscht, sind der Handel und Dienstleistungen durchgehend von Schließungen und Auflagen betroffen. Bei vielen Frauen verlagerte sich das Büro an den Küchentisch. Nach anfänglicher Beruhigung hat die Verlängerung der Kurzarbeit weiterhin Existenzängste aufgeworfen. In anderen Bereichen wieder, wie der Pflege und Kinderbetreuung, waren die Mitarbeiterinnen massiv gefordert, lag doch auch vermehrt auf den Frauen die Last, die Betreuung der eigenen Kinder, die Versorgung von älteren Personen im gemeinsamen Haushalt und das Homeschooling zu organisieren. Eltern von Teenagern sind trotz teilweisem Schulbetrieb weiterhin ohne Unterstützung, wenn es um die soziale und psychische Gesundheit ihrer Heranwachsenden geht.

Alltag in der Krise – Krise im Alltag

Nach einem Jahr Corona kommt es zu einer umfassenden Überforderung der Frauen, die sie nicht selbst verursacht haben, für die es aber kein konkretes rasches Hilfskonzept gibt. Lösungsansätze lägen in der Schaffung besserer Rahmenbedingungen in Kinderbetreuung, finanzieller Absicherung, Opferschutz und kostenfreier psychosozialer Begleitung für Erwachsene und Kinder. Außerdem ist der Erhalt der Wirksamkeit der/des Einzelnen mitzudenken. Arbeitslosigkeit und Armutsbetroffenheit dürfen nicht länger stigmatisiert werden, sodass Betroffene aus Scham keine Hilfestellungen annehmen. Jede/r mündige Christ/in ist dazu aufgerufen, mit offenen Blick im eigenen Umfeld Krisensituation zu erkennen und sich für echte Begegnungen zu öffnen, die konkrete Hilfe begünstigen. Wie besorgniserregend die Situation ist, zeigt das Ausmaß der Nutzung der psychosozialen Angebote. Beispielsweise haben 250 Personen ein online-Angebot der Kärntner Volkshochschulen genutzt, um mehr über Suizidprävention zu erfahren. Hierbei muss angemerkt werden, dass das Internet eine anonyme Informationsmöglichkeit bei Tabuthemen bietet, es jedoch vermehrt Bildungserfahrene nutzen, während Bildungsbenachteiligte aufgrund mangelnder Computerkenntnisse oder Ausrüstung wenig Zugang dazu haben.

Als bestärkend empfunden wurden alle Initiativen zur Stärkung und zum Austausch. So haben ehrenamtlich Engagierte Begegnungsmöglichkeiten innerhalb der Pfarren geschaffen. Die Mitarbeiter*innen der Sozialmärkte waren nicht nur Gesprächspartner*innen, sondern auch Berater*innen für Heizkostenzuschuss und Co. Funktionär*innen der Wirtschaftskammer haben sich nicht nur politisch einsetzt, sondern ihre Klientel aktiv angerufen, um sie in ihren Sorgen und Nöten zu unterstützen. Die Gerichte haben vor allem existenziell wichtige Fälle, wie Unterhalt und Sorgerecht zügig weiter bearbeitet. Die Volkshochschulen haben ihr psychosoziales Angebot erweitert und die Arbeiterkammer darin bestärkt, den Bildungsgutschein auch für diese Themen zu öffnen.

Verkrustungen der Rollenbilder aufbrechen

Die in Kärnten agierenden Hilfsorganisationen und Sozialvereine bieten vielfältige Unterstützungen, bedeutsam und weiter ausbaufähig ist die gute Sichtbarkeit der Angebote. Viele der Herausforderungen in weiblichen Lebenswelten sind nicht neu, werden aktuell aber massiv verstärkt. Die Überforderung bildungsbenachteiligter Frauen, insbesondere Alleinerzieherinnen durch Arbeitsplatzverlust und Homeschooling braucht dringend neue politische Lösungsansätze. Dennoch sind auch „gestandene“ Frauen mit Zukunftsängsten konfrontiert. Deshalb gilt es weiterhin, die wichtige Arbeit von Vereinen zu unterstützen, die direkt in die Gesellschaft wirken und viel in der Prävention tun.

Klar zeigt sich, dass Armut und insbesondere Altersarmut weiblich ist und jetzt in der Pandemie mit einer massiven Vereinsamung einhergeht. Es scheint unumgänglich, weiterhin Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Bedeutung der Art der Erwerbstätigkeit und der eigenen Altersvorsorge für Frauen zu leisten. Ebenso braucht es eine gesetzliche Basis hinsichtlich des Familiensplittings. Der große Nachbar Deutschland hat hier schon Vorarbeit geleistet.

Um die Gleichwertigkeit der Geschlechter und die Unabhängigkeit von Frauen weiter zu forcieren, ist für Mädchen die Bewusstseinsbildung für zukunftsfähige Berufe, die Vorbereitung auf Führungsaufgaben und eine Sicherstellung der guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig. Nicht nur bei Besserverdienenden.

Die Freiheit, in der Partnerschaft und Familie Rollenbilder auf Augenhöhe gemeinsam auszuhandeln, ist ein stetiger Prozess, der gerade jetzt nicht abreißen darf. Hier den Frauen den Rücken zu stärken und gegen alte Klischees mit neuen Vorbildern anzugehen, wäre auch ein zukunftsweisender Weg für die Kirchen.