Organisation

Katholische Aktion

Neujahrsvorsatz 2021 - Die Not der Einsamkeit erkennen und lindern!

„Zuhören…Das ist Aufgabe. Das ist Glaube. Das ist der Halt.“ Adventgespräch mit Liselotte Suette, Geschäftsführung der Sozialmärkte Kärnten

KA Präsidentin Iris Straßer gemeinsam mit Liselotte Suette, Geschäftsführerin der Sozialmärkte Kärnten (Bildrechte: KA Kärnten)
KA Präsidentin Iris Straßer gemeinsam mit Liselotte Suette, Geschäftsführerin der Sozialmärkte Kärnten (Bildrechte: KA Kärnten)

Iris Straßer: Ein herausforderndes Jahr liegt bald hinter uns. Wie haben Sie und die SOMA-Kund*innen die Pandemie und die beiden Lockdowns erlebt?

Liselotte Suette: Persönlich schmerzt mich die Isolation in den Seniorenresidenzen. Gerade sind wir in Verbindung mit „Klagenfurt will helfen“. Wirklich tolle Projekte waren geplant. Alles musste abgesagt werden. Ich verstehe, dass das den Menschen in den Seniorenresidenzen weh tut. Man muss sich das vorstellen, den ganzen Tag eingesperrt zu sein! Wir selbst haben es da leicht, denn wir können jederzeit hinausgehen. Das zerrt am psychischen Wohlbefinden. Das sieht man auch bei den SOMA KundInnen. Alle sagen, sie können sowieso kein Geld ausgeben, aber die psychische Belastung ist einfach enorm. Unsere MitarbeiterInnen versuchen immer, die KundInnen persönlich, mit Namen anzusprechen und auch zu fragen, wie es ihnen geht. Sofort blühen diese Menschen auf, jemand interessiert sich für sie. Viele erzählen davon, seit dem letzten Einkauf mit niemandem gesprochen zu haben und deshalb besonders einsam zu sein.

Iris Straßer: Das heißt, es fehlt ein Gegenüber.

Liselotte Suette: Einschneidend war für diese Menschen in den Lockdowns, dass auch die Kirche nicht mehr für sie da war. Die Kirche als Ort, an dem sie am Sonntag sein konnten, um Halt und Sicherheit zu finden. Dieser Anker fehlte vielen ganz besonders. Jetzt sind alle schon ganz aufgeregt, weil die Gottesdienste wieder stattfinden. Wenn man es als großes Ganzes sieht, welche Rolle kann die Katholische Kirche, die Katholische Aktion da übernehmen?

Iris Straßer: Ja, ich glaube ganz wichtig ist, dass wir darüber reden. Dass Kirche einen Wert hat, um Gemeinschaft zu stiften. Um dieser Einsamkeit zu begegnen und um sie auch wahrzunehmen. Wer ist überhaupt einsam? Es bedarf hier zuerst einmal einen Zugang und einen Raum, wo sich Menschen zusammen finden können. Über die Katholische Aktion finden ja bereits Aktionen statt, um zu zeigen, dass man in solchen Zeiten nicht einfach alles schließen kann. Im Gegenteil. Genau jetzt ist es umso wichtiger neue Wege zu finden, um vieles dennoch zu Stande zu bringen. Hier braucht es genaues Hinsehen. Was leistet denn Kirche eigentlich? Es geht um diesen persönlichen Halt. Um diese Möglichkeit, Raum zu finden. Einmal zu sich zu kommen. Aber auch Raum, um wahrzunehmen, wie es denn überhaupt einer anderen Person geht.

Liselotte Suette: Besonders toll finde ich die Aktion mit eurer Adventbroschüre. Menschen können sich wieder daran zurück erinnern, was ihnen Halt gibt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute alleine sind und bereits jetzt Angst vor dem Heiligen Abend haben.

Angela Rosenzopf-Schurian: Deshalb war es uns so wichtig, diese Broschüre zu machen. Um diese Zeit der Sorge zu verringern. Jetzt ist Advent. Mit der Broschüre setze ich mich am Abend hin und sehe, was ich jetzt schon tun kann, damit es meiner Seele gut geht. Nicht die Sorge, wie wird Weihnachten sein, soll im Raum stehen. Dennoch: der Winter dauert noch lange und ein dritter Lockdown ist nicht ausgeschlossen. Da sind wir als KA wieder beim Thema, wer braucht was.

Liselotte Suette: Genau das ist der Punkt. Wer braucht was? Da ist es natürlich die Psyche und die Seele, die Leute verzweifeln wirklich. In den Sozialmärkten fragen wir zum Beispiel nach, ob unsere KundInnen bereits mögliche Förderungen beantragt haben und ermutigen sie, dies am besten sofort zu erledigen. Denn der Lockdown, diese Zugangsbeschränkungen schaffen Verunsicherung, nehmen den Mut, überhaupt aufs Amt zu gehen. Ich bin oft ganz erschüttert, was mir Menschen alles erzählen. Man merkt einfach, dass jeglicher Halt weggefallen ist. Die Familie fällt weg. Die Kirche, dort wo man sich geborgen fühlt, war ebenso nicht mehr verfügbar. Jetzt ist es aber so, dass man ja in die Kirche gegangen ist, um jemanden zu treffen. Dieser Kontakt ist auch weg. Ältere Menschen sind nicht so vernetzt wie wir.

Iris Straßer: Wenn wir jetzt an die Zukunft und die Entwicklung von Kirche denken. Die Katholische Aktion, die Pfarren, usw. Was braucht es, dass das wieder eine Form von Hilfe wird? Wie müsste das konkret aussehen?

Liselotte Suette: Ich denke, dass der Großteil der Menschen sehr dankbar wäre, eine Ansprache zu haben. Dankbar für ein Wort. Das Pfarrcafé geht den Menschen sehr ab. Wieder jemanden treffen, sich auszutauschen, einen Beitrag leisten für das Pfarrcafé oder einfach die Motivation, sich für diesen Anlass schick zu kleiden. Dort haben sich die Gruppen wieder gebildet. Einmal in der Woche, das fehlt den Leuten schon. Und ich glaube, dass das dankbar angenommen wird. Leider wird es aber für manche zu spät sein. Viele sind einfach schon so verzweifelt. Eure Broschüre zum Beispiel ist ein guter Weg, um Menschen durch geschriebene Worte eine Hilfestellung zu geben. Dann sehen die Menschen vielleicht, dass die Zeiten auch wieder besser werden. Wir sehen bei unseren Projekten leider so viel Schreckliches. Es ist jetzt einfach eine ganz schlimme Zeit und genau deshalb auch umso wichtiger, dass man Kirchen wieder öffnet und den Menschen zuhört. Das ist halt auch Kirche, KA. Das ist Aufgabe. Das ist Glaube. Das ist der Halt. Das ist das Seil nachdem wir greifen. Nicht später, wenn wir gar nicht mehr können. Sondern dann, wenn es wirklich noch eine Hilfe ist.

Iris Straßer: Haben Sie den Eindruck, dass das für viele Menschen noch etwas Wichtiges ist?

Liselotte Suette: Ja, ich glaube schon, dass das nach wie vor ganz wichtig ist. Man sagt ja, wenn die Zeiten schlechter werden, beginnt der Mensch nachzudenken. Über den Hintergrund des eigenen Daseins. Jeder Mensch hat seine eigene religiöse Einstellung. Aber sich selbst einmal zu fragen, wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Was ist meine Aufgabe auf dieser Erde? Da gibt es so viele Sachen. Jeder und jede muss für sich selbst entschieden, was richtig ist. Manche finden ihre Seligkeit im Garten, andere beim Basteln. Eine Aufgabe zu haben ist ganz wichtig. Es geht darum, einen Sinn im Tun zu finden.

Angela Rosenzopf-Schurian: Für mich wäre spannend zu wissen, welche Aufgabe für SOMA KundInnen sinnstiftend ist. Wie können wir dazu beitragen, dass sie merken, wie wichtig sie für die Gesellschaft sind? Einerseits die Wertschätzung, dass wir ihnen zuhören und andererseits die Einbindung in etwas Großes. Haben Sie da eine Idee?

Liselotte Suette: Also, ein Schritt im Advent ist eben die Broschüre. Damit kann man bereits verschiedene Gruppen erreichen. Oftmals ist es besser, etwas Konkretes in den Händen zu halten. Menschen können sich daheim in Ruhe hinsetzen und bei einer Tasse Tee die Broschüre lesen. Und wenn nur zwei Sätze hängen bleiben und sich diese Personen denken, „ja schau einmal an, das stimmt eigentlich“, dann ist schon viel erreicht. Das Bewusstsein der Menschen muss erreicht werden, ganz egal wie alt sie sind. Wir reden ja in den meisten Fällen nur von älteren Menschen. Aber es ist wichtig, auch über die jüngeren Menschen zu sprechen.

Iris Straßer: Wie sieht es bei jungen Menschen aktuell aus?

Liselotte Suette: Es gibt ganz große Probleme. Bei dieser Zielgruppe kommt der finanzielle Aspekt ebenso dazu. Auch für diese Menschen kann eure Adventbroschüre etwas ganz Wertvolles sein. Denkanstöße zu geben, damit junge Menschen wieder positive Gedanken bekommen.

Iris Straßer: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.