Organisation

Katholische Aktion

“Bethlehem in dir”

Ein Gedanke zum ersten Adventsonntag: Worauf warte ich eigentlich?

Auch im heurigen Jahr werden wir warten, oftmals warten: Auf bessere Nachrichten, auf die Bestätigung, dass ein Medikament gegen diesen Virus gefunden wurde und unsere Verantwortungsträger*innen genügend Impfstoff reserviert haben. Wir werden - gut eingemummt - warten in den Arztpraxen und ab dem 7. Dezember voraussichtlich an den Kassen.

Der heurige Advent ist besonderer Warteraum für uns alle. Er lässt uns, von außen her, unsere gewohnten Abläufe stoppen und aufhorchen mit der Frage: Worauf warte ich eigentlich?

Vielleicht werden wir beim Aufbau der Krippe dessen eingedenk, was es heißt, auf das Göttliche zu warten, erwartungsvoll zu leben. Vor rund 2000 Jahren sollte sich erfüllen, was die Prophetenstimme verheißungsvoll ankündigte: Der Erlöser des Kosmos wird geboren, völlig unscheinbar in einem fernen, karstigen Landstrich im damaligen Palästina.

Seit jeher unterscheiden Christinnen und Christen den „Kairos“, also die Heilszeit, von der Zeit, die auf der Uhr abläuft, dem Chronos. Für uns gibt es also zwei Zeitmesser: den Chronometer, die gestundete Zeit und die Zeit der Erwartung.

Wenn wir also beginnen, unsere Krippe aufzustellen und eine Figur nach der anderen hineinlegen, dann sind wir darauf aus, den Advent in uns zu erahnen, die Hirtenexistenz, die wir Durchschnittschrist*innen kennen, ständig auf der Suche nach den verlorenen Schafen und angstbesetzt vor den dunklen Nächten und dem Wolfsgeheul, das unsere Seele aufschrickt. Dabei leben wir längst in der „erfüllten Zeit“ (Gal 4,4), wie es Paulus so herrlich ausdrückt.

Gott selbst hat sich dieser, seiner Welt ausgesprochen in einem wehrlosen, nackten Kind und uns gesagt: Ja, auch du warst es wert, für dich Mensch zu werden. Wenn wir dann am Weihnachtsabend das Jesuskind in die Krippe legen, erinnern wir uns, dass Gott sein unwiderrufliches „Ja“ gesprochen hat, nicht nur zum Volk Israel und einigen Jüngern Jesu, sondern zu meinem Leben, zu meiner Geschichte.

„Warum brauchen wir Weihnachten? Weil wir Liebe brauchen, weil wir ohne die Liebe aufhören, Menschen zu sein. Wir brauchen Liebe gegen den Hass, wir brauchen Liebe gegen die Gewalt, Liebe gegen die Lüge und allen Schein. Weihnachten ist die Menschwerdung der Liebe des Sohnes Gottes als Menschensohn.“ Alois Kothgasser

Gott sagt sein unwiderrufliches „Ja“, nachdem die Schwangerschaft Marias zu ihrem Ende kam und „das Land seinen Ertrag gebracht hat“, wie es der Psalmbeter singt (Ps 67,7). An uns liegt es, mit dem Gottesgedanken schwanger zu gehen. Gott möchte mich zum erwartungsfrohen Menschen reifen sehen, mit kindlichen Erinnerungen an weihnachtliche Tage und Gerüche und mit einer königlichen Würde, die uns das Jesuskind geschenkt hat. Mit einem Ausblick von Edith Stein wünsche ich uns allen Wege, die uns die drei Magier aus dem Osten über unseren eigenen Horizont hinausführen.

„Wohin das Kind in der Krippe uns auf dieser Erde führen will, das wissen wir nicht und sollen wir
nicht vor der Zeit fragen.
Nur das wissen wir, dass denen, die den Herrn lieben, alle Dinge zum Guten gereichen.
Und ferner, dass die Wege, die der Herr führt,
über diese Erde hinausgehen.“

Richard Pirker, Geistlicher Assistent der Katholischen Aktion