Organisation

Referat für Tourismusseelsorge

Tiefes Atemholen für die Seele in Rom

 (© Foto: Kärntner Kirchenzeitung “Sonntag“)
(© Foto: Kärntner Kirchenzeitung “Sonntag“)

Eine leuchtende Demonstration des Glaubens und der Gemeinschaft war die „Sonntag“-Leserwallfahrt nach Rom. Mit dabei auch Sonntag-Herausgeber Kanzler Jakob Ibounig.

Es gibt viele Wege nach Rom. Einer davon führt über Maria Loreto. Hier am berühmten Wallfahrtsort der schwarzen Madonna in den Marken, ungefähr 20 Kilometer südöstlich von Ancona in Italien, im Vorland des Gran-Sasso-Gebirges, durchschreiten die Kärntner Pilger ehrfürchtig zum ersten Mal die Heilige Pforte.
Jene „Porta Santa“, die Papst Franziskus als sichtbares Zeichen für eine persönliche Entwicklung bezeichnet, bei der jeder Gläubige nach seinen Worten „von der Barmherzigkeit Gottes umarmt“ wird. Gleichzeitig ist das Durchschreiten aber auch verpflichtend, barmherzig zu den Mitmenschen zu sein.
Erfahrungen von Gnade und Umkehr sollen, so der Papst, weltweit vielen Menschen zuteil werden. Deshalb wurden auch in den österreichischen Diözesen Heilige Pforten für das Jahr der Barmherzigkeit geöffnet. In Kärnten waren von den Basiliken in St. Andrä im Lavanttal bis nach Maria Luggau im Lesachtal mehrere Heilige Pforten offen. Jetzt, am 20. November, endet das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, und damit werden auch die Heiligen Pforten weltweit wieder geschlossen.

Pilgerkreuz weist den Weg

Festlich mit Blumen geschmückt, weist das schlichte Pilgerkreuz aus Berg im Drautal der Kärntner Pilgergruppe den Weg durch die Innenstadt von Maria Loreto zur Basilika. Dieses Kreuz begleitet Pfarrer Josef Allmaier und Kärntner Pilgergruppen seit Jahren etappenweise auf der Via Francigena, dem Frankenweg, auf dem Weg nach Rom, zur Grabstätte der Apostel Petrus und Paulus.
„Jetzt ist es Sammelpunkt und Begleiter auf unserer Reise“, betont denn auch Siegfried Muhrer, Diakon und wie immer profunder Reiseleiter.
„Ich bin froh, dass ich dabei bin,” strahlt Erna Stepan aus Gurk, die gemeinsam mit Ehemann Hans dabei ist. Und das trifft auch unisono auf die Pilgerschar zu. Eine andere Welt tut sich auf, ungewohnte Eindrücke, Begegnungen und eine Gemeinschaft, die erfahren werden will. „Ich fühle mich in dieser Gruppe so wohl und geborgen.“
Zwei Tage später steht das Ehepaar gemeinsam mit der Kärntner Gruppe auf dem Petersplatz in Rom. Bei strahlendem Sonnenschein und blitzblauem Himmel könnte der Kontrast zum Kärntner Wetter bei der Abreise mit Schnee und Minusgraden nicht größer sein.

Auf dem Petersplatz

Generalaudienz mit Papst Franziskus, ein Programmpunkt, der sich erst in letzten Minute verwirklichen ließ, verrät Siegfried Muhrer noch schnell, bevor auch schon Musik auf dem Platz erklingt.
„Wo ist der Papst?“, fragt er und blickt sich suchend um. In den vorderen Besucherreihen brandet nämlich schon Beifall auf. Franz Granig hat das Fernglas gezückt, um Papst Franziskus auch noch näher zu sein. „Da ist er“, schallt es auch schon aus hundert Kehlen. Im offenen Papamobil, lange vor dem offiziellen Beginn der Audienz, fährt Papst Franziskus segnend und winkend durch die Reihen. „Viva Papa“, schallt es ihm entgegen. Kleine Kinder werden ihm hinübergereicht. Er segnet sie, streichelt ihnen über den Kopf und küsst sie zum Abschied. Besuchergruppen aus der ganzen Welt schwenken Fahnen, Tücher, Transparente.

Mit der Sänfte getragen

„Ich bin überwältigt“, wispert Hans Stepan. „Das letzte Mal, als ich hier war, wurde Papst Pius XII. in einer Sänfte über den Platz getragen. Das war im Heiligen Jahr 1950. Ich war ein junger Ministrant in Wien, und unser Pfarrer ist mit einer kleinen Gruppe nach Rom gereist.“ Eine wahrlich abenteuerliche Reise. „Ich brauchte einen Identitätsausweis“, erinnert er sich. Damals war Österreich noch von den vier Siegermächten besetzt und jede verlangte einen Ausweis. „Aber wir sind gut in Castel Gandolfo angekommen, wo wir die Zeit über gewohnt haben.“ Von dort aus wurden Besuche in die Umgebung und natürlich nach Rom unternommen. „Von den Bauwerken und Monumenten hat sich nichts verändert“, schmunzelt er. „Aber die vielen Geschäfte und Standln, die gab es damals noch nicht. Auch die Besucherzahlen waren längst nicht so hoch wie jetzt“, erzählt er weiter, während Papst Franziskus durch die Reihen der Besucher tourt, stehen bleibt, ein Gespräch beginnt, Geschenke entgegennimmt. Die ihn begleitenden Sicherheitskräfte haben alle Hände voll zu tun ob der fortwährenden Stopps und Schwenks.
Schließlich aber wendet sich Papst Franziskus direkt vor den Toren des Petersdoms an die Tausenden mit einem fröhlichen „Buon giorno!“ Er appelliert an die Gekommenen, die Werke der Barmherzigkeit, Kranke und Gefangene zu besuchen, ernst zu nehmen. Es gelte, Menschen in den Blick zu nehmen, deren Freiheit eingeschränkt ist. „Der Herr lädt uns zum Teilen von Menschlichkeit ein. Wenn wir Kranke besuchen, lindern wir ihre Einsamkeit und ihren Schmerz; sie empfangen Trost und wir selbst werden reich beschenkt“, sagt der Papst. Und weiter: „Gefangene zu besuchen, ist uns eine Hilfe, uns nicht als Richter über andere aufzuspielen. Was auch immer jemand verbrochen hat, er ist stets von Gott geliebt. Es muss uns Christen ein Anliegen sein, den Gefangenen ihre Würde zurückzugeben, ihnen Achtung entgegenzubringen und ihnen nahe zu sein.“
Die Werke der Barmherzigkeit, Kranke und Gefangene zu besuchen, seien immer aktuell. „Wir dürfen nicht in Gleichgültigkeit verharren, sondern wollen Werkzeug der Barmherzigkeit Gottes sein, um denen Freude und Würde zu geben, die sie verloren haben.“ Und Papst Franziskus lässt es nicht bei Worten bewenden, sondern Taten folgen.
Einen Tag später begrüßte er Nichtsesshafte aus ganz Europa in einer Audienz. Eine logistische Meisterleistung, davon konnten sich auch die Kärntner in ihrem Hotel überzeugen. Dort waren Gruppen aus Köln und Münster angekommen. Die Betreuer – Bernd aus Köln: „Da muss man durch!“ –, zeigten Flexibilität und Einfühlungsvermögen und schmunzelten immer wieder über Probleme, die sonst nicht alltäglich sind.

Gesichert unter Glas

Aber zurück zum Petersplatz. Der Papst grüßte die Brüder und Schwestern deutscher Sprache aus Österreich, Deutschland, aus der Schweiz und Italien sowie die Pilger aus den Niederlanden. „Das nennt sich Weltkirche erleben, in all ihren Facetten“, sagt Muhrer.
Der anschließende Rundgang durch den Petersdom, vorbei an der Pietà von Michelangelo, inzwischen unter einem Glassturz gesichert, vorbei am Grab von Papst Johannes Paul II., zum Grabmal des heiligen Petrus, unübersehbar in der Mitte des Kirchenraumes unter dem riesigen Baldachin von Bernini. Staunen über die Kunst, die Kostbarkeiten und die riesige Anzahl von Besuchern. „Gott hat die Welt erschaffen, damit wir sie uns ansehen“, meint in einem philosophisch-gläubigen Ausbruch Reinhold Egger aus Ebene Reichenau. Die päpstliche Schweizergarde in ihren blau-orange-gestreiften Uniformen und den schwarzen Mützen vor dem Petersdom war für viele noch ein beliebtes Fotomotiv, bevor es schon wieder weiterging. Neben dem Petersdom besuchten die Kärntner zahlreiche Kirchen, die auf die Ursprünge des Christentums in Rom verweisen oder berühmte Kunstwerke bergen. Lateran, Maria Maggiore, St. Paul vor den Mauern, um nur einige zu nennen.

Bürgermeisterin im Amt

Die Sicherheitsvorkehrungen in allen großen Kirchen in Rom sind unübersehbar. Carabinieri, Polizei, Heer und Volontarios, alle helfen mit, die Sicherheit zu gewährleisten. Ohne Scanner, wie sie an allen Flughäfen der Welt anzutreffen sind, geht auch in Rom gar nichts mehr.
Positiver Nebeneffekt: Die zuweilen lästigen Straßenhändler früherer Zeiten sind aus der Innenstadt fast verschwunden. Ebenso wie die unübersehbaren Bettlertrupps. Virginia Raggi, Bürgermeisterin von Rom und seit Juni des Jahres im Amt, scheint sich auch dem sonst überbordenden Müllproblem erfolgreich angenommen zu haben. Roms Innenstadtstraßen sind sauberer geworden!
Rom wurde zwar auch nicht an einem Tag erbaut – um den Flair der italienischen Hauptstadt erfahren zu können, reichen auch für die Pilgergruppe aus Kärnten drei Tage bei Weitem nicht aus. Trotzdem ist es Siegfried Muhrer zu verdanken, dass neben dem christlichen Rom mit seinen prächtigen Kirchen auch die weltlichen Baudenkmäler nicht zu kurz kamen.
Wer hier gewesen ist, nimmt wunderbare Erinnerungen für den Rest seines Lebens mit nach Hause. Dazu zählen besonders die gemeinsam gefeierten Andachten und Gottesdienste mit Kanzler Jakob Ibounig und Pfarrer Jacek Wesoly aus Klein St. Paul. Vor allem in Erinnerung geblieben ist der Gottesdienst in der Domitilla Katakombe. „Die Zeit des frühen Christentums ist uns noch nie so nahe gerückt, wie hier in Rom an diesem besonderen Ort“, sagte Ibounig. Der Ort strahle Zuversicht aus, auch oder „weil wir die Fürsprache der hier begrabenen Märtyrer erfahren dürfen“.

Das weltliche Rom

Daneben blieb immer Zeit für einen Cappuccino und ein Cornetto. Nein, das ist kein Eis, sondern eine Art römisches Croissant. Muhrer weiß stets, wo die besten zu bekommen sind.
Auch blieb Zeit für die drei schönsten öffentlichen Plätze in Rom, trotz engem Zeitplan. Piazza Navona, Campo de’ Fiori und Pantheon, gerade einmal knapp fünf Minuten Fußweg liegen zwischen diesen großartigen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wer noch ein Viertelstündchen Zeit hatte, bestaunte in der Kirche San Luigi dei Frances drei von Caravaggios biblischen Malereien – ein Highlight für Kunstliebhaber.
„Täglich lernen wir so viel Neues kennen. Ich bin froh, dass ich dabei gewesen bin“, resümiert Margarethe Kramer aus Lavamünd. Ihre erste Rombegegnung war vor Jahrzehnten, „ich wollte unbedingt im Heiligen Jahr noch einmal nach Rom zurückkommen“. Es war sicher nicht das letzte Mal, denn eine Münze im Trevibrunnen verspricht ein Wiedersehen in der Ewigen Stadt.

Bei einem Ausflug nach Castel Gandolfo konnten die Pilger noch einen Blick auf die Sommerresidenz des Papstes und die Kirche San Tommaso da Villanova werfen, bevor es „Arrive-derci Roma“ hieß. Die Rückfahrt führte nach Assisi, der letzten Pilgerstation der Reise.
Dass diese Fahrt so eindrucksvoll im Gedächtnis der Pilger bleibt, hat auch mit der pastoralen und unmittelbaren Begleitung durch Diakon Siegfried Muhrer, „Sonntag“-Herausgeber Jakob Ibounig und der umsichtigen Planung und Koordination von Bernhard Wastian zu tun. Ihnen allen gebührt ein großes Dankeschön!


Dr. Ingeborg Jakl