Organisation

Referat für Tourismusseelsorge

„In stiller Betrachtung auf Ostern zugehen…“

Fastentuchfahrt Mittelkärnten am 15. und 22. März 2024

Die erste Kulturfahrt im neuen Jahr 2024 zum Thema „Fastentücher in Mittelkärnten“ führte 47 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das Metnitz- und Gurktal. Fastentücher laden den Betrachter ein, dem Leiden und Sterben Jesu Raum zu geben und begleiten uns Menschen hin zum bedeutendsten Fest der Christenheit – der Auferstehung Jesu.

Kärnten ist reich gesegnet an historischen und zeitgenössischen Fastentüchern, welche noch in liturgischer Verwendung sind. Besonders reich gesegnet an diesen „Zeugnissen des Glaubens“ ist das Metnitz- und Gurktal. Ein Grund mehr, einigen der dort vorhandenen Fastentücher wieder einen Besuch abzustatten. Unter fachkundiger Begleitung des Fastentuchexperten Roland Stadler und der Historikerin Manuela Maier führte die Fahrt zunächst nach Oberhof im Metnitztal. Vor der Kirche wurde unsere große Besuchergruppe herzlich von Provisor Ante Duvnjak, Diakon Klaus Polligger, Frau Herta Leitner, Obfrau des Pfarrgemeinderates und von den Mitarbeiterinnen des Pfarrgemeinderats empfangen.

In der kleinen Kirche, welche dem hl. Nikolaus geweiht ist, hängen zwei Fastentücher, darunter eines des sogenannten „Zentraltyps“. Diesem besonderen Gestaltungstyp begegnet man ausschließlich in Kärnten. Rund um eine zentrale Kreuzigungsgruppe finden sich medaillonförmig angelegt sieben Szenen der Passion Christi. Das zweite, volkstümlich gestaltete Tuch am rechten Seitenaltar trägt die Jahreszahl 1838 zeigt als zentrale Darstellung eine Pieta unter dem Kreuz, flankiert von den Heiligen Nikolaus und Wolfgang sowie zwei Engeln, welche die Dornenkrone tragen.

In der Vorhalle der Kirche befindet sich zudem ein Arma Christi – Kreuz, eine Darstellung des Gekreuzigten, umgeben von Leidenswerkzeugen. Auf den ersten Blick erscheint es angesichts der zahlreichen Marterwerkzeuge erschreckend, doch hat es auch einen tröstlichen und belehrenden Aspekt, denn Christi Leid gipfelt in der Heilsbotschaft an uns Menschen.

Im Anschluss an die Ausführungen in Doppelconference luden die Damen des Pfarrgemeinderates zu einem reichhaltigen Frühstück in den Pfarrhof ein. Auf den Tellern lachten uns Kuchen und belegte Brote an, der Kaffee duftete und da wir uns auf einer Reise befanden – so Roland Stadler – durften wir nach Herzenslust zugreifen, denn Pilger und Reisende waren vom Fastengebot ausgenommen!

Nach diesem köstlichen zweiten Frühstück begab sich die Gruppe nach Metnitz. Neben der Pfarrkirche hl. Leonhard mit drei Fastentüchern bildet hier der polygonale gotische Karner mit den berühmten Totentanzfresken ein herausragendes kunstgeschichtliches Ensemble. Von der ursprünglich dreiteiligen Fastentuchfolge blieben nur mehr die Szenen der Geißelung und Dornenkrönung aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten. In ihrer Darstellung sind sie stark vom barocken Passionsspiel beeinflusst. Das dritte einszenige Tuch datiert Ende des 19. Jahrhunderts und stellt Christi am Ölberg dar.
Betritt man das Kirchenschiff werden die Blicke unweigerlich auf die 13 großen Apostelstatuen der Judenburger Werkstätte (Bildhauer Balthasar Prandstätter und Johann Nischlwitzer) gelenkt. Eine lokale Eigenheit stellt der sogenannte „Engel- oder Apostelluster“ dar, denen man im Metnitztal sowie im oberen Murtal häufig begegnet. Als beachtenswert gelten in der Pfarrkirche die gotischen Fresken im Chorgewölbe sowie in der nördlichen Taufkapelle. Auch die südliche Seitenkapelle mit dem Armeseelenaltar des Johann Pacher (St. Veiter Werkstätte), einer beeindruckenden Darstellung von Schuld und Erlösung, wurde genauer unter die Lupe genommen.

Die Frühlingssonne schickte ihre wärmenden Strahlen, während die Gruppe den Karner mit seinen Totentanzfresken bestaunte. Der „Memento Mori – Gedanke“ führte uns allen unsere eigene Endlichkeit wieder eindringlich vor Augen.
Doch gestärkt durch den christlichen Heilsgedanken brachen wir fröhlich nach Straßburg auf, um uns im Gasthof Seiser bei einem guten Mittagsmahl zu stärken.

Am Nachmittag empfing Dechant Johann Rossmann unsere Gruppe gemeinsam mit einer Besuchergruppe aus Althofen in seiner Pfarrkirche hl. Nikolaus. In gewohnt ausführlicher „Rossmann’scher Manier“ brachte er den Besuchern die Entstehungsgeschichte und Deutungsmöglichkeit des imposanten Fastentuches der Stadtpfarrkirche näher. Das zwölf mal sechs Meter messende zeitgenössische Tuch des Klagenfurter Künstlers Ferdinand Penker lädt in ganz besonderer Weise zur Meditation ein, indem es einen Weg zur individuellen Suche nach Jesus Christus offenbart.

In Gurk erhielten wir freundlicherweise die Gelegenheit, das in der Schatzkammer aufbewahrte und ausgestellte Fastentuch von Steuerberg zu besichtigen. Das Tuch im Feldertyp datiert um 1530 und präsentiert sich in 25 Bildfeldern, von denen bereits 21 Felder sich mit dem Neuen Testament befassen. Das Einmalige an diesem Tuch ist wohl auch die ungebrochene Leuchtkraft der Farben, allem voran das Zinnoberrot der Gewänder der dargestellten Personen.

Den erbaulichen Abschluss des Tages stellte das älteste, größte und szenenreichste erhaltene Fastentuch Österreichs bzw. Europas des Meisters Konrad von Friesach aus dem Jahr 1458 dar. Nach dreijähriger akribischer Textilrestauration wurde es 2022 wieder im Dom aufgehängt und befindet sich wieder in liturgischer Verwendung.

An Geist und Körper gelabt traten wir am frühen Abend von Gurk die Heimreise an, wohl so mancher mit dem Versprechen im Herzen, im nächsten Jahr erneut in stiller Betrachtung auf Ostern zuzugehen.

(Manuela Maier)