Vom Geheimprotestantismus und der Glasproduktion am Weißensee
Zwei spannende Themen begleiteten uns bei diesem GEH.rede inmitten der Gailtaler Alpen im ehemaligen Bergbau-Revier Kreuzen-Stockenboi. Zum einen die Geschichte des Geheimprotestantismus in der Gemeinde Paternion, zu welcher das Gebiet gehört, und zum anderen die alte Tradition der Glasproduktion, die im Tal rund um Tscherniheim von 1621 die Lebensgrundlage vieler Menschen bildete.
Angereist über die Kreuzener Landesstraße - vorbei an Schloss Kreuzen mit der Kapelle hl. Johannes d. Täufer und der sogenannten Hundskirche, einem Felsen mit Ritzzeichnungen, der als Versammlungsort der Geheimprotestanten galt, hieß es in der Ortschaft Boden aus dem Bus aussteigen. Ziel war das im Sommer stets bewirtschaftete Gehöft „Bauer in Boden“, das von den Protestanten einst ebenfalls als Versammlungsort genutzt worden ist. Gleich mehrere Zeugnisse erinnern in dem versteckt gelegenen Weiler noch heute an diese Zeit. So ragt unter anderem beim „Bauer in Boden“ zwischen Haupthaus und Nebengebäude am Anfang einer steinernen Treppe ein runder Stein aus der Erde, auf welchem eine eherne Schlange dargestellt ist. Dieses Symbol kommt auch auf den evangelischen Gesetz-und-Gnade-Bildern vor und ist typisch für die Reformationszeit. Die erhöhte Schlange steht typologisch für den gekreuzigten Christus. Das Bild einer Schlange mit Krone ist auch auf der südlichen Fassade des Bauernhauses zu sehen und dürfte in Anlehnung an die gekrönte Schlange auf der Hundskirche entstanden sein. Nur wenige Meter oberhalb vom Gehöft Bauer in Boden und beim Nachbarhof vulgo Ruehs lassen sich noch weitere Steindenkmäler finden.
Weniger bekannt ist der Umstand, dass in der Verbotszeit der NSDAP von 1933 bis 1938 der „Bauer in Boden“ ein Stützpunkt der Nationalsozialisten und im Mai 1945 erste Anlaufstelle für flüchtige NS-Kriegsverbrecher wie Odilo Globočnik und Friedrich Rainer war.
Von hier führte das GEH.rede entlang einer Forststraße oberhalb des Farchtensees nach Weißenbach, wo Jakob Kircher, Kurator der evangelischen Pfarre Zlan, uns nicht nur den Schlüssel für die Kapelle in Tscherniheim mit auf den Weg gab, sondern auch viel Interessantes über die Geschichte der Region zu erzählen wusste.
In Weißenbach bogen wir ins Bodental ab und setzten den Weg über die Fischeralm nach Tscherniheim fort, wo insgesamt sechs Haltepunkte mit Schautafeln über die geschichtlichen, kulturhistorischen und sozialen Hintergründe der einstigen Glaserzeugung in dem von 1621 bis 1879 bestehenden Waldglashüttendorf informieren. Ursula Deinhammer, die unsere Gruppe bei dieser Tour erstmals begleitete, wusste ergänzend dazu noch viele Geschichten aus den längst vergangenen Tagen der Glasproduktion zu erzählen und gestaltete eine besinnliche Andacht in der katholische Kapelle am Rande des ehemaligen Glashüttendorfes, von dessen ehemals rund vierzig Gebäuden nur die Ausgrabung eines Glasbläserofens und die erwähnte Kapelle zeugen.
Einsetzender Regen begleitete die Gruppe bis zum Almgasthaus auf der Hermagorer Bodenalm, wo sich alle dankbar in der warmen Wirtsstube zu einem gemeinsamen Essen zusammenfanden. Schön war es, die unterwegs begonnenen Gespräche hier in Ruhe fortsetzen zu können, ehe es wieder hinaus in den Regen ging, der kurz vor der Ankunft am Weißensee sanfter wurde und schließlich ganz aufhörte. Mit einer kurzen Schifffahrt vom Paterzipf zum Ostufer des Weißensees fand das GEH.rede, das eine thematische Reise in die Vergangenheit ermöglichte und zum Wissensaustausch und spannenden Gesprächen anregte, seinen Abschluss.
(Monika Gschwandner)