Organisation

Referat für Tourismusseelsorge

Ein friedvolles und herbstliches GEH.rede in Osttirol

Am Friedensweg bei Lienz

Noch lag Morgennebel über dem Klagenfurter Becken, als sich zu früher Stunde mehr als 45 Pilgerinnen und Pilger auf den langen Weg nach Osttirol machten. Ziel des GEH.redes am Freitag, dem 7. Oktober war der sogenannte „Friedensweg“ von der Prappernitze (Ortsteil der Gemeinde Thurn) bis hinauf zur Kirche St. Helena.

Nach einem stärkenden Frühstück in Lienz begaben wir uns nach Oberdrum, einer Rotte der Gemeinde Oberlienz. Das kirchliche Herzstück stellt hier die Filialkirche dar, welche dem hl. Georg und dem hl. Chrysanth geweiht ist. Die erste urkundliche Nennung der Kirche erfolgte 1308 im Zuge von mehreren Stiftungen in der Umgebung. Eine Besonderheit stellt ohne Zweifel die barocke Altarausstattung aus dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts dar, welche durch ihre Farbigkeit in weiß/golden besonders hervorzuheben ist. Von kunstgeschichtlichem Interesse ist zudem ein Fresko um 1300 oberhalb des Eingangsportals, ein Kruzifix mit Maria und Johannes darstellend.
Nach einigen historischen und kunsthistorischen Erläuterungen hatten wir Gelegenheit, mit der Mesnerin, Frau Elisabeth Forcher über das Pfarrleben in „ihrer“ Kirche zu plaudern. Dabei wurde uns allen wieder einmal bewusst, dass eine schöne bauliche Architektur und Einrichtung, eben nur eine Hülle ist, wenn sie nicht mit den Herzen der Gläubigen belebt und beseelt wird.
Pfarrer Mag. Josef Allmaier umrahmte die Erläuterungen und den gedanklichen Austausch mit geistlichen Liedern und einem erbaulichen Einblick in das Leben des Pfarrpatrons.

Von der Kirche hl. Georg führte uns der gemeinsame Weg zunächst durch die Ortschaft hinauf zu den Gehöften nach Prappernitzen, wo Pfarrer Allmaier bei der Erasmuskapelle viel Staunenswertes über den hl. Erasmus mit seinen Attributen Darmspindel und Eisenketten erzählte. Der kleine Kapellenbau über einem rechteckigen Grundriss und einer Apsis nach Norden gehört zum Oberthaler-Anwesen und stellt seit seiner Erbauung im 19. Jahrhundert für die umliegenden Bewohner und so manchen Besucher ein Refugium der Stille und Andacht dar. Hier beginnt auch der sogenannte „Friedensweg“ mit seinen zehn Stationen.

Die Helenenkirche – „das Denkmal einer großen Schuld und einer großen Sühne“ – wie im Text am Eingangstor der Kirche zu lesen ist, grüßte von seiner erhaben gelegenen Anhöhe herab. Der Weg schlängelte sich gemächlich in Serpentinen bis hinauf zur Kirche St. Helena und unterwegs wurden die Stationen durch die lebensnahen und lebendigen Ausführungen von Pfarrer Allmaier miteinbezogen.

  • Die erste Station bei der Erasmuskapelle wird betitelt mit „Der Sämann“. Hier kann jeder für sich selbst die Frage beantworten, wie viel ich persönlich zum Frieden beitrage oder auch manchmal die Saat für Unfriede säe.
  • Bei der zweiten Station „Der Wegweiser“ wurde uns allen wieder einmal bewusst, dass Krieg nicht nur in unserer Geschichte eine Rolle spielte, sondern sehr zum Leidwesen aller immer noch gegenwärtig ist.
  • Die dritte Station „Verwurzelung“, symbolisiert in einer Holzskulptur mit einer Baumscheibe, lädt zur Betrachtung darüber ein, wie sehr und wodurch ich in meinem Leben verwurzelt bin.
  • Bei der vierten Station „Der Friedensengel“ wird Bezug auf das Lukas-Evangelium genommen, wo uns die Geburt des Heilands mit großer Freude verkündet wird. „Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt.“ (Jes.52,7)
  • Die fünfte Station „Das Kreuz“ verfügt über eine sehr aussagekräftige Installation mit zwei Kreuzen und sie eröffnet gleichzeitig auch den Blick auf das Turmkreuz der Helenenkirche.
  • Bereits beim Näherkommen spürten wir das kräftige Rauschen des Wassers bei der sechsten Station mit dem Titel „Die Quelle des Lebens“. Wir alle waren begeistert von der meisterhaften Gestaltung, fängt doch eine geschnitzte hölzerne Hand das Wasser aus der Quelle auf, die nicht nur den Durst stillt, sondern im übertragenen Sinne auch zu einer Quelle wird, aus der wir Vertrauen auf Gott und Zuversicht schöpfen können.
  • Die siebente Station „Versöhnung“ soll uns bewusst machen, wie hoffnungsvoll es ist, wenn wir uns trotz aller Unterschiedlichkeiten die Hand zur Versöhnung reichen.
  • Bei der achten Station „Schwerter und Pflugscharen“ steht das Schwert als offensichtliches Symbol für die Wunden des Krieges, während der Pflug ein Symbol „für die vom Menschen gedachte Verbindung von Himmel und Erde“ darstellt, wie es auf der Begleittafel an der Station zu lesen ist.
  • Im Mittelpunkt der neunten Station steht das „Friedensgebet des Franziskus“, eingebrannt in einen Baumstamm und die Bitte aussendet „Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens!“
  • Beglückt durch die vielen neuen Eindrücke erreichten wir die zehnte und letzte Station des Friedensweges „Regenbogen und Friedenstaube“, welche wohl zu den Symbolen des Friedens schlechthin geworden sind.

Nach solch geistiger Erbauung ging ein großes „Oh“ und „Ah“ durch unsere Gruppe, als sich vor uns ein wohl einzigartiger Blick über den Lienzer Talboden auftat. Zur späten Mittagsstunde hatten wir unser Ziel – die Helenenkirche auf einer Felsnase unterhalb der Schleinitz – erreicht. Ein solch erhabener Platz bietet natürlich mannigfaltigen Stoff für die Bildung von Legenden über ihren Ursprung, welcher noch im Dunkel der Geschichte liegt. Als gesichert ist anzunehmen, dass die Kirche im 13. Jahrhundert erbaut wurde und im Laufe der Zeit zahlreiche bauliche Veränderungen erfuhr. Hauptpatronin ist die Hl. Helena, im Nebenpatrozinium sind aber auch die Hll. Magdalena und Veit zu nennen. Nach einigen historischen Ausführungen über die Kirche, in der uns auch ein selten genannter Heiliger, nämlich der Einsiedler Onuphrius begegnete, lud Pfarrer Allmaier zum Gottesdienst, begleitet von Gitarrenklängen im Angesicht fröhlicher und begeisterter Gesichter.

Wärmend beleuchtete die Herbstsonne unsere Gruppe, als wir nach dem Gottesdienst aus der Kirche traten und unter der Linde unsere Mittagsrast einnahmen. Es war wahrlich ein besonderer Platz, denn die Winterlinde vor der Kirche gilt als die höchstgelegene Linde im Land Tirol und hat längst die Ehre ein Naturdenkmal zu sein.
Die Uhr mahnte zum Aufbruch und es fiel allen sichtlich schwer, sich von diesem „Kraftplatz“ loszureißen und zurück nach Oberdrum zu wandern, wo der Bus wieder auf uns wartete und wir zurück nach Lienz fuhren. Der goldene Herbsttag fand seinen ausgezeichneten kulinarischen Abschluss im Gösser Bräu im Alten Rathaus in Lienz.

Ein herzliches Vergelt’s Gott unserem Pfarrer Mag. Josef Allmaier für diesen mehr als wundervollen Tag in der Osttiroler Bergwelt!

Manuela Maier