Organisation

Katholischer Akademikerverband

Katholischer Akademikerverband Kärnten feierte Doppeljubiläum

em.Bischof Kapellari bei Festgottesdienst: KAV leistet wichtigen Beitrag im Ringen um Deutung der "Zeichen der Zeit" - Bischof Marketz bei Festakt: KAV bietet Heimat und ist Ort produktiver Debatten

Klagenfurt, 24.09.2021 (KAP) - Mit einem Festgottesdienst in der Klagenfurter Elisabethinenkirche und einem anschließendem Festakt im Bischofshaus hat der Katholische Akademikerverband Kärnten (KAV) am Freitag, 24. September, sein 60-jähriges Bestehen und zugleich das 20-Jahr-Jubiläum seiner Reihe "Literatour.at" gefeiert. Höhepunkte der Feier waren neben dem Gottesdienst mit Diözesanbischof Josef Marketz und dem ehemaligen Kärntner und nunmehrigen emeritierten Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari ein Festvortrag des Wiener Dogmatikers und Literatur-Experten, Prof. Jan-Heiner Tück, sowie ein anschließendes moderiertes Gespräch zwischen Tück und dem Klagenfurter Schriftsteller und Germanisten Alois Brandstetter zum Verhältnis von Religion und Literatur.

In seiner Predigt verwies Kapellari - sich selbst augenzwinkernd als "elder churchman" bezeichnend - auf das anhaltende Ringen um eine angemessene Deutung der "Zeichen der Zeit". Dem KAV komme in diesem Ringen auch nach 60 Jahren eine bleibende Aufgabe zu, insofern sich auch heute die klassischen Fragen "Was war? Was ist? Was gilt? Was bleibt? Und was kommt?" mit großer Dringlichkeit stellen würden. Die kirchliche Rede von Gott müsse sich angesichts der Zeitläufte immer wieder und in jeder Epoche neu "dem Fegefeuer der Religionskritik und zumal der Kirchenkritik aussetzen" und darauf zeitgemäße Antworten finden. Antworten, um die sich auch der Akademikerverband mit seinen Veranstaltungen zu Kunst, Literatur und Kultur immer wieder bemühe.

Bei aller Kritik an Religion und vor allem an der Katholischen Kirche, die zugleich "sündig, oft skandalös sündig, und auch heilig" sei, so bleibe er unbeirrt zuversichtlich, so Kapellari abschließend: Die Zusage des liturgischen Rufes "Christus gestern, Christus heute, Christus in Ewigkeit" schenke Mut gegen alle "Kleinmütigkeit und Verdrossenheit", gegen Konflikte und "empörte Enttäuschung", die an die Kirche herangetragen würden.

Marketz: KAV bietet Heimat und ist Ort produktiver Debatten

Beim anschließenden Festakt im Bischofshaus würdigte Diözesanbischof Josef Marketz in seiner Begrüßung u.a. den verstorbenen Prälaten Olaf Colerus-Geldern als jahrzehntelang bedeutende und prägende Gestalt und Geistlichen Assistenten des KAV. Den Katholischen Akademikerverband bezeichnete Marketz als Ort, der bis heute "intellektuell, spirituell und künstlerisch interessierte Menschen zusammenbringt". Mit seinen Veranstaltungen biete der Akademikerverband nicht nur eine geistige Heimat, er stelle auch einen Ort dar, das je Eigene "mutig zu hinterfragen und sich auf diese Weise gegen Politik- und Kirchenverdrossenheit zu stemmen und im kleinen Rahmen einen Beitrag zu leisten zum Aufbau der Gesellschaft", so der Bischof.

Grußworte kamen weiters vom KAV-Vorsitzenden Martin Sattlegger, von KAV-Vorstand Wilfried Hude und von Heimo Strempfl vom Musil-Museum. Sattlegger verwies in seinen Grußworten auf das bleibend aktuelle Motto des KAV: "Miteinander reden, denken und gestalten". Gerade angesichts der Zunahme medialer Kommunikation gelte es daran zu erinnern, dass dieser intensive persönliche Austausch digital nur bedingt gelingen könne - es brauche die persönliche Begegnung, für die der KAV mit seinen vielfältigen Veranstaltungen in Kärnten ebenso wie auf Österreich-Ebene oder in Form von Bildungs- und Kulturreisen stehe, so Sattlegger.

Als ein "mutiges über den Zaun-Schauen" bezeichnete KAV-Vorstandsmitglied Wilfried Hude die Veranstaltungsreihe "Literatour.at", die heuer seit 20 Jahren existiert. In dieser Zeit konnte man rund 80 Schriftstellerinnen und Autoren - von jungen, aufstrebenden Autoren bis hin zu ausgewiesenen und ausgezeichneten Literaten - für Veranstaltungen gewinnen; darunter große Namen wie Thomas Lang, Maja Haderlapp, Gert Jonke oder Josef Winkler und Alois Brandstetter. Seitens des Kooperationspartners der Reihe, des Klagenfurter Robert Musil Literatur Museums, sprach dessen Leiter Heimo Strempfl dem KAV seinen Dank für die Kooperation und "20 spannende Jahre" aus. Die Reihe verhandle nicht weniger als "die Dinge des Lebens" - und sie soll auch weiterhin "ein Forum für offene Diskussionen sein", so Strempfl.

Tück: "Brückenschlag zwischen Glaube und Kultur"

Worte der Wertschätzung des KAV kamen auch vom Wiener Theologen, Prof. Jan-Heiner Tück, der immer wieder zu theologischen wie zu Kulturthemen in Kärnten referiert. In seinem Festvortrag, der einer Interpretation des Hans Holbein-Bildes "Der Leichnam Christi im Grabe" gewidmet war, würdigte Tück den Akademikerverband und die Veranstaltungsreihe "Literatour.at" als mutigen "Brückenschlag zwischen Glaube und Kultur". Schließlich seien es gerade Literatur und Kunst, durch die auch jene Menschen mit religiösen Themen und Fragen in Berührung kämen, die ansonsten keinen oder kaum mehr Kontakt mit der Kirche hätten.

Das Holbein-Gemälde, das in diesem Jahr 500 Jahre alt wird und im Kunstmuseum Basel ausgestellt ist, zeigt in verstörender Plastizität und Größe den toten Christus in einer Grabnische liegend. Darin setze Holbein "nicht nur das Menschsein, sondern das Gestorbensein Christi in seiner ganzen Drastik ins Bild", so Tück, und tilge zugleich alle "Glorie" aus den oftmals verklärenden künstlerischen Annäherungen an die Person Jesu. Die Erschütterung, die das Bild bis heute bei Betrachtern auslöse, habe sich etwa literarisch in der Rezeption durch den Schriftsteller Fjodor Dostojewski in dessen Werk "Der Idiot" niedergeschlagen.

Eine eindimensionale Deutung des Bildes als bloße "Anti-Ikone", die durch ihre drastische Darstellung des toten Jesus einer Vorwegnahme des neuzeitlichen Atheismus entspreche, lehnt Tück ab: vielmehr könne sie als Visualisierung der "tiefsten Erniedrigung" verstanden werden und insofern als eine wichtige, kreuzestheologische Ergänzung der Christologie dienen: "denn die österliche Erhöhung kann wirklich erst gefeiert werden, wenn zuvor der totalen Erniedrigung am Kreuz gedacht wird."

Brandstetter: "Ich halte Paulus für einen der größten Schriftsteller"

Im Anschluss an den Vortrag diskutierten der Kärntner Autor Alois Brandstetter und der Theologe und zugleich Initiator der Wiener Poetikdozentur, Jan-Heiner Tück, unter der Leitung des Geistlichen Assistenten des KAV, Richard Pirker, über das Verhältnis von Literatur und Religion. Dabei unterstrich Tück, dass eine wesentliche Triebfeder der Literatur darin bestehe, das Bewusstsein für das Verlorene, dem Vergessen Ausgesetzte zu bewahren. Insofern drücke sich in der Literatur letztlich die "Sehnsucht nach einer Instanz aus, die den Täter nicht über das Opfer triumphieren lässt".

Zeige sich die Literatur in dieser Weise offen für religiöse Aspekte des Lebens, so erweise sich umgekehrt auch die Kirche als durchaus offen für moderne literarische Zugänge zu religiösen Fragen. Die Wurzel dieser Offenheit liege im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) begründet, welches die Kirche dialogisch geöffnet, die Bedeutung der Heiligen Schrift neu entdeckt und mit dem "aggiornamento" die Fenster zur Welt aufgestoßen habe, ohne damit einer billigen Anpassung an den Zeitgeist Vorschub geleistet zu haben, so Tück.

Der Kärntner Autor Brandstetter betonte seine persönlich-biografische Prägung durch die Katholische Kirche: Aufgewachsen in einem "Haus ohne Bücher", sei es letztlich die Kirche gewesen, durch die er "zur Literatur gekommen" sei, so Brandstetter, der u.a. während seiner Studienzeit als Lektor tätig gewesen ist. Die Schönheit biblischer Sprache habe ihn stets fasziniert. "Ich halte im Übrigen den Heiligen Paulus für einen der größten Schriftsteller", schloss Brandstetter.

Moderiert wurde der Festakt durch die KAV-Diözesanreferentin Susanne Schlager. Für die musikalische Gestaltung zeichneten Domorganist Klaus Kuchling (E-Piano) und Hannes Kawrza (Saxofon) verantwortlich.