Organisation

Katholischer Akademikerverband

Ursprungsgetreu und zeitgemäß

Jesus Christus - Retter und Erlöser? KAV-Studientag mit dem Wiener Universitätstheologen Jan-Heiner Tück in Maria Saal

Gastgeber Stiftpfarrer Josef-Klaus Donko, Universitätsprofessor Jan-Heiner Tück, Bischofsvikar Olaf Colerus-Geldern und Moderator Karl-Heinz Kronawetter (v.l.n.r) (© Foto: F. Breitfuss)
Gastgeber Stiftpfarrer Josef-Klaus Donko, Universitätsprofessor Jan-Heiner Tück, Bischofsvikar Olaf Colerus-Geldern und Moderator Karl-Heinz Kronawetter (v.l.n.r) (© Foto: F. Breitfuss)

Während zeitgleich in Villach bei einem großen Innovationskongress über zukünftige Megatends gesprochen wurde, trafen sich am Freitag, dem 13. November 2015, im Pfarrsaal vom Maria Saal Mitglieder des Katholischen Akademikerverbandes und Interessierte, um im Rahmen eines Studien-Halbtages eine Expedition an die Quellen und Wurzeln des christlichen Glaubens zu unternehmen. Es ging um Zugänge zum christologischen Fundament des Glaubens, es ging ganz zentral um Jesus Christus, den Retter und Erlöser.

Dr. Jan-Heiner Tück, renommierter Ordinarius für Dogmatische Theologie an der Universität Wien und Schriftleiter der Internationalen Katholischen Zeitschrift Communio, konnte als Referent gewonnen werden. Und er nahm sein Auditorium mit auf einen Parforceritt durch die Jahrhunderte theologischen Ringens um die rechte und angemessene Sicht auf die wahre Ikone Gottes, Jesus Christus.

Theologie: ursprungsgetreu und zeitgemäß

„Ursprungsgetreu und dennoch zeitgemäß“, müsse eine Theologie sein, die Herz und Hirn ansprechen kann. In seinem spannend dargestellten Ringen um die Gottheit Christi beim ersten Ökumenischen Konzil von Nicäa im Jahr 325 zeigte Tück, dass eine Öffnung zum zeitgenössischen philosophischen Denken auch zu einer Gratwanderung werden kann. Wie der damals „fortschrittliche“ Theologe Arius hinter das biblische Zeugnis des zweifelnden Thomas zurückgefallen ist, der im Anblick Christi ja bezeugte: „Mein Herr und mein Gott!“, wurde anschaulich dargestellt.

Wer kann Genugtuung für die Sünden leisten?

Eine eigene Themeneinheit führte dann ins Mittelalter, genauer ins 11. Jahrhundert, in eine Gesellschaft, die stark vom germanischen Rechtsdenken geprägt war. Der Blick richtete sich auf den großen Theologen Anselm von Canterbury (1033-1109) und sein Spätwerk „Cur Deus Homo“ (Warum wurde Gott Mensch?). Hart am Text erklärte Professor Türk das methodische Vorgehen von Anselm und die Grundlinien seiner wirkmächtigen „Satisfaktionstheorie“. Eine angeregte Diskussion zeigte, dass dieses Erklärungsschema heute vielen unverständlich geworden ist. Anselm wollte aufzeigen, dass die unendliche „Ehrverletzung Gottes“, die die Menschen durch ihre Sünden an Gott begehen, nicht einfach durch einen „Federstrich der Barmherzigkeit“ gleichsam vom Tisch gewischt werden könne. Die Ehre Gottes könne nur durch Bestrafung der Sünder, oder aber durch Leistung von Genugtuung (= satisfactio) geschehen, schreibt Anselm. Da diese Wiedergutmachung von Menschen gefordert ist, aber letztlich nur von Gott geleistet werden kann, wird sie vom „Gott-Menschen“ Jesus Christus durch seinen Kreuzestod für die Menschenheit erwirkt.

Ausschau nach dem „absoluten Heilsbringer“

In der Gegenwart angekommen, stelle Jan-Heiner Tück im dritten Durchgang seiner christologischen Zeitreise zwei große deutsche Theologen des 20. Jahrhunderts in das Zentrum seiner Ausführungen: Karl Rahner und Hans Urs von Balthasar. Rahner dachte radikal vom Menschen her, von der Offenheit der Menschen für den Überstieg (Ekstase) und sein Sensorium für die Selbstoffenbarung Gottes. In einer Spätschrift schrieb Rahner, dass der Mensch implizit Ausschau halte nach dem „absoluten Heilsbringer“, denn er suche nach einem Menschen, der sich rücksichtslos an seine Nächsten verschenkt, der voll Vertrauen in den Tod gegangen ist und dabei nicht enttäuscht wurde und in dem Versöhnung schon real geworden ist, sodass die Hoffnung auf eine versöhnte Zukunft nicht utopisch sei.

Gott will aufrichten, nicht zugrunde richten!

Hans Urs von Bathasar schrieb: „Die Menschwerdung (Gottes) ist nicht die xte Aufführung einer im Archiv der Ewigkeit längst bereitliegenden Tragödie. Sie ist ursprünglichster Vorgang, so einmalig und so unabgegriffen wie die ewige je-jetzt sich vollziehende Geburt des Sohnes aus dem Vater.“ Professor Tück entwickelte in einer Schnellzeichnung die johanneisch inspirierte Sendungschristologie von Hans Urs von Balthasar, kam dann auf das Kreuz als Wendepunkt zu sprechen und betonte, dass für den kurz vor seinem Tode noch zum Kardinal ernannten Theologen das Gericht als Ort der Barmherzigkeit Gottes zu verstehen sei, denn der Richter will aufrichten, nicht zugrunde richten!

Dass die Stunden in Maria Saal im Nu vergangen sind und am Ende dennoch viele Fragen offen blieben, zeigt das große Interesse an zentralen Themen des christlichen Glaubens. Ermutigt und motiviert, die größere Hoffnung der Christen auch in Sprache zu bringen, ging ein von Bischofsvikar Dr. Olaf Colerus-Geldern initiierter und von Dr. Karl-Heinz Kronawetter moderierter theologischer KAV-Studientag gut zu Ende.