Organisation

Katholische Frauenbewegung

Katholische Frauenbewegung: Partizipation vorantreiben

Förderung von Beteiligung und Demokratie Themenschwerpunkt bei Sommerstudientagung der kfbö

[Klosterneuburg, 12.7.2019, PA] Partizipation in Kirche und Gesellschaft sowie die Debatte um Strategien, Beteiligung voranzutreiben, standen im Zentrum der diesjährigen Sommerstudientagung der Katholischen Frauenbewegung Österreichs vom 8. bis 12. Juli im niederösterreichischen Klosterneuburg. Rund 80 ehren- und hauptamtliche Leitungsfrauen aus allen österreichischen Diözesen sowie aus Südtirol waren der Einladung der kfb Wien gefolgt, unter dem Motto „einmischen.mitmischen.aufmischen“ die Bildungsarbeit für das kommende Jahr vorzubereiten. „Die kfb trifft mit ihrem Bildungsschwerpunkt mitten in die Zeit“, so Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs: „Sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft ist es dringend notwendig, Beteiligungsmöglichkeiten – insbesondere von Frauen – voranzutreiben und die Gestaltungsmacht aller zu fördern“.

Ines Stilling, Bundesministerin für Frauen und Gleichstellung, dankte zum Auftakt der Tagung der kfb für deren Einsatz für Frauen, „egal, woher sie kommen“, denn: „Nur mit Frauensolidarität kommen wir weiter“. Die kfb schaffe „Heimat“ für Frauen. Stilling erinnerte an die Worte von Bundespräsident Van der Bellen bei der Angelobung der gegenwärtigen MinisterInnen – zu 50 Prozent Frauen - sowie der Bundeskanzlerin: „Es kann niemand mehr sagen, es geht nicht“. Gemeinsam gelte es, Themen anzupacken und Mut zu zeigen, in der Gesellschaft genauso wie in der Kirche: „Wir schrecken nicht zurück, auch nicht vor Exzellenzen“. Die Ministerin an die kfb-Frauen: „Ich bin eine von Ihnen.“

kfbö-Vorsitzende Pernsteiner verwies auf Beispiele aktuellen Engagements von kfb-Frauen, Partizipation voranzutreiben - so etwa mittels der Initiative „bleiben-erheben-wandeln“, die für die volle Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche eintritt, im Bündnis „christlich geht anders“, das sich für „solidarische Antworten auf die soziale Frage“ engagiert, oder in der Aktion Familienfasttag der kfbö, die die Teilhabe von Frauen im globalen Süden verfolgt.

Kardinal Christoph Schönborn bekräftigte in seinem Grußwort: „Es braucht mutige und engagierte Frauen, die sich aktiv in das Leben der Pfarren und in die Gesellschaft einbringen und die Zukunft der Kirche mitgestalten“. „Mitbestimmung“, so Christoph Kaufmann, Abgeordneter des niederösterreichischen Landtags und stellvertretend für Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner einer der Eröffnungsredner der Sommerstudientagung, werde „das Wort des 21. Jahrhunderts sein, in Politik wie Kirche“.

Der Auftrag, sich für Beteiligung und ein gutes Leben aller einzusetzen, ergebe sich für die kfb aus dem Evangelium, so Vorsitzende Pernsteiner. Damit verbunden sei die Forderung der katholischen Frauen nach einem Systemwandel auf sozialer, ökonomischer und ökologischer Ebene. Sich hier einzumischen, mitzumischen, aufzumischen, verlange vor allem „Zivilcourage“: „Es bedeutet, Strukturen, Gewohnheiten, Gesetz Gewordenes zu hinterfragen, Widerstand zu riskieren, Widerstand zu üben; es verlangt sich auszusetzen und anfechtbar zu machen, ermöglicht aber auch, seine Kraft zu spüren und zu entfalten, Erfolge zu erleben.“

Geschichten davon erzählten bei der Sommerstudientagung Menschen aus unterschiedlichen Wirkungsbereichen in Gesellschaft und Kirche. So die Gründerin des fairen Modelabels FAIRYtale, Ingrid Gumpelmaier-Grandl, Maria Eicher vom Österreichischen Frauenforum feministische Theologie, die Betriebsseelsorgerin und Theaterpädagogin Margit Scherrer, der Mitbegründer und Proponent der Initiative „Zusammenhalt Niederösterreich“ – zugleich geistliche Assistent der Katholischen Frauenbewegung Österreichs - P. Franz Helm, kfb Wien-Leiterin Anni van den Nest, die das Spiel „christlich geht anders“ entwickelt hat, die stellvertretende Vorsitzende der kfbö, Petra Unterberger, die mit Methoden des Forumtheaters arbeitet, die stellvertretende Vorsitzende der kfb Steiermark und vielfach pfarrlich Engagierte Elisabeth Lienhart, die Kommunalpolitikerin und in diversen MigrantInnen- und Integrationsprojekten tätige kfb-Frau Sumeeta Hasenbichler.

Mit Alexandra Strickner, politische Ökonomin, Mitbegründerin u.a. von attac und dem „Solidarpakt Zivilgesellschaft“ (Solidarpakt zum Schutz zivilgesellschaftlicher Handlungsräume, sozialer Sicherheit und Demokratie in Österreich), ergründeten die kfb-Frauen die jüngsten Entwicklungen der Demokratie in Österreich und definierten Rahmenbedingungen, die für eine lebendige Demokratie notwendig sind. Gemeinsam bekennen sie sich zu einem verlässlichen und respektvollen Miteinander als Grundlage demokratischen Zusammenlebens, fordern ausreichend zeitliche und finanzielle Ressourcen aller Menschen als Voraussetzung für Teilhabe und Beteiligung, die Gewährleistung sozialer Sicherheit, eine faire Wirtschaft, demokratische Strukturen in Betrieben, Mitgestaltungsmöglichkeiten für alle in Österreich lebenden Menschen, eine Demokratie, die alle gleichermaßen schützt, Zugang zu unabhängiger Information und Geschlechtergerechtigkeit.

Es gelte, so Strickner, ins Handeln zu kommen, demokratische Grundlagen öffentlich zu diskutieren, sich diverser Beteiligungsinstrumente wie Petitionen, Leserbriefe, Teilnahme an Demonstrationen zu bedienen, sich zu vernetzen, demokratisch wirksame Organisationen zu unterstützen, Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen und ihren Ausbau zu fordern. Oft gehe es darum, „Neues auszuprobieren, ohne noch zu wissen, wie die Sache ausgeht“. Eine Stärke der kfb-Frauen liege in der Pfarrstruktur, über die sie insbesondere in ländlichen Gebieten wirksam werden können. Strickner appellierte, auf Menschen anderer Meinung aktiv zuzugehen, zuzuhören und nachzufragen, um Dialog zu ermöglichen.

Nützliche Instrumente für Partizipation konnten die TagungsteilnehmerInnen der Studientagung in Workshops kennenlernen. Petra Unterberger, stellvertretende Vorsitzende der kfbö, inszenierte die Themen Partizipation und Demokratie mit Methoden des Forumstheaters, Magdalena Schauer vom Medienbüro der Ordensgemeinschaften Österreich führte in die professionelle Videoproduktion ein, Petra Pint, Redakteurin der Sendreihe „Globale Dialoge“ bei Radio Orange, erarbeitete mit den Frauen einen Radiobeitrag.

Gemeinsam feierten die Frauen in der Otto Wagner-Kirche am Steinhof in Wien eine Frauenliturgie. Geleitet wurde die Liturgie von Barbara Kampf, Spirituelle Begleiterin der kfb Wien, und Isabella Ehart. Es war Eharts letzter Einsatz als Spirituelle Begleiterin der kfbö, sie legte ihr Amt Ende Februar zurück. Die versammelten Leitungsfrauen bedankten sich bei ihr für ihr langjähriges Engagement.