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Referat für Spiritualität

Von Jesus beten lernen

Gebet und Gottesbeziehung

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Viele, viele Menschen beten in dieser Zeit. Alleine, in Gruppen, in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen. Menschen fragen aber auch, wie kann ich beten? Gibt es ein „richtiges“ oder ein „falsches“ Beten? Wer, wenn nicht der Blick auf das Gebet Jesu, kann uns eine Antwort darauf geben.

Jesus betete in der jüdischen Tradition seines Volkes. Er ging in die Synagoge, betete die Psalmen. Er betete früh am Morgen, an einem einsamen Ort, auf dem Berg, in der Nacht. In den Evangelien erfahren wir vom Gebet des Lobes, von Dank- und Bittgebeten, vom Gebet um Vergebung, vom fürbittenden Gebet.

Auf die Haltung kommt es an

Entscheidend aber ist: Wer ist dieser Gott, zu dem ich bete? Das Beten Jesu ist getragen vom unbedingten, liebevollen Vertrauen, von der Verbindung mit Gott, den er „Abba“ nennt. Jesus ist bereit, diesem liebevollen Vater sich und all seine Pläne zu überlassen… „nicht mein, sondern dein Wille geschehe“. Jesus setzt beim Beten auf positive Grundhaltungen:

  • Beharrlichkeit (…nicht Furcht haben, ungelegen zu kommen [Lk 11,5-8] und allzeit zu beten und nicht nachzulassen [Lk 18,1])
  • Vergebung (…wenn dir einfällt, dass dein Bruder/deine Schwester etwas gegen dich hat, geh und versöhne dich… [Mt 5,23])
  • Bitten (…wieviel mehr wir euch der Vater geben [Lk 11,9-13])
  • Nähe Gottes führt zum Tun (…wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück [Lk 19,8])
  • Beten in seinem Namen (…um was ihr ihn in meinem Namen bittet… [Joh 15,16])

Wir dürfen unser Beten in inniger Beziehung zu Jesus Christus sehen, er weiß um unser Leben. Er will uns Anteil geben an seiner Freude: „Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen ist.“ (Joh 16,24)

Können wir „falsch“ beten?

Gott der Ewige und Heilige ist liebend mit uns Menschen in Beziehung. Er ist kein „Wünscheerfüller“ und „Lückenbüßer“. Jesus blickt auch kritisch auf Gebetsformen, die ihm begegnen:

  • Das Beten zur Präsentation und zum „religiösen Imagegewinn“ (Sie beten, dass sie von den Leuten gesehen werden [Mt 6,5])
  • Verachtung der Mitbetenden (Ich danke dir, dass ich nicht so bin… [Lk 18,11])
  • Tempelkult, der zu einem „Betrieb“ mit ökonomischen Interessen entartet (…mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein [Mt 21,13])
  • Magisch-erzwingendes Beten (…macht es nicht wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen [Mt 6,7])

Christliches Beten ist die „Abstimmung zwischen göttlichem und menschlichem Wollen“. Gott weiß um mich, mein Beten geschieht im Vertrauen darauf, dass Gott mein Beten hört und so erfüllt, dass mein Leben heil wird.

Vater unser

Das einzige konkrete Gebet, das Jesus den Jüngern – uns somit auch uns – mitgibt, ist das Vater unser. Er lädt uns damit ein, ebenso vertrauensvoll zu Abba, unserem Vater, zu beten, wie er. Wir dürfen uns in diesem Sinne auch als Söhne und Töchter Gottes verstehen. Damit ist aber auch klar, dass wir untereinander unauflösbar verbunden sind, als Brüder und Schwestern.

Waltraud Kraus-Gallob

Literatur:
Lambert/Wolfers (HG.): Dein Angesicht will ich suchen; Herder 2005.
Jürgens, Stefan: Von der Magie zur Mystik; Patmos 2021.