Organisation

Referat für Spiritualität

Entscheidungen - Teil 5 der Reihe Benediktinische Lebensimpulse

Eine Serie von P. Maximilian Krenn OSB, Administrator des Stiftes St. Paul

Fotoarchiv - Stift St. Paul
Fotoarchiv - Stift St. Paul

In Entscheidungsfindungsprozessen glauben wir, heutzutage Weltmeister zu sein. Und nicht selten wird verächtlich auf Antike oder Mittelalter zurückgeblickt, in der Meinung, in der Vergangenheit wäre es despotisch zugegangen. Dass aber gerade dort die Grundlagen für eine gute Entscheidungskultur gelegt wurde, bezeugt das 3. Kapitel der Regel des Hl. Benedikt.

Dort empfiehlt der Schreiber dem Abt des Klosters dringend, alles mit Rat zu tun, damit er nachher nichts bereuen müsse. Ausserdem gibt er ihm zu bedenken, dass auch einem Jüngeren das Bessere offenbart werden könne. Und er trägt ihm auf, alle anzuhören, um so von der ganzen Gemeinschaft das Mitdenken einzufordern und die Gelegenheit zur Stellungnahme zu ermöglichen. Soweit die eine Seite der Medaille, die von Klugheit und erstaunlicher Weite im Umgang miteinander zeugt.

Auf der anderen Seite zielt Benedikt mit seinem Kapitel ganz auf die Entscheidungsverantwortung des Leiters ab. Denn ohne gelebte Verantwortung wird die heiße Kohle nur im Kreis gereicht und schließlich verbrennen sich alle die Finger. Ziel ist es nämlich, eine kluge Entscheidung zu treffen, für die eingestanden werden muss.

Was braucht es dafür? - Der Entscheidungsträger benötigt ebenso einen respektvollen Umgang mit seiner Person, der ihm helfen soll, sich seiner Verantwortung noch bewusster zu werden. Daher ermahnt Benedikt die Brüder, ihren Rat in aller Demut zu geben und nicht anmaßend zu sein. Denn oft genug lenken falsche Emotionen nur vom Eigentlichen ab.

Und: der Abt muss sich bewusst sein, dass er sich nicht nur vor den Menschen, sondern - und das ist entscheidend - vor allem vor Gott, dem gerechten Richter, verantworten muss. Dieser Aspekt ist uns in unserer säkularen Welt oft abhanden gekommen. Er bedeutet, dass es jemanden gibt, wo täuschen und tarnen nicht funktioniert und ich mit meinen innersten Gedanken und Wünschen erkannt bin. Das hilft, dass Innen und Außen nicht auseinanderfallen und Feigheit oder Heuchelei hintangehalten werden. Und es gibt die Kraft, Entscheidungen mutig zu treffen, weil ich weiß, dass ich damit nicht allein bin, weil es jemanden gibt, der uns alle trägt.

Fragen:

  • Fördere ich eine Gesprächskultur, in der ich den anderen zuhöre?
  • Spreche ich mit Gott über meine innersten Gedanken und Wünsche?
  • Glaube ich daran, dass Gott alles in seinen Händen hält?

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Regeltext

Kapitel 3: Die Einberufung der Brüder zum Rat

Sooft etwas Wichtiges im Kloster zu behandeln ist, soll der Abt die ganze Gemeinschaft zusammenrufen und selbst darlegen, worum es geht. Er soll den Rat der Brüder anhören und dann mit sich selbst zu Rate gehen. Was er für zuträglicher hält, das tue er.
Dass aber alle zur Beratung zu rufen seien, haben wir deshalb gesagt, weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist. Die Brüder sollen jedoch in aller Demut und Unterordnung ihren Rat geben. Sie sollen nicht anmaßend und hartnäckig ihre eigenen Ansichten verteidigen. Vielmehr liegt die Entscheidung im Ermessen des Abtes: Was er für heilsamer hält, darin sollen ihm alle gehorchen. Wie es jedoch den Jüngern zukommt, dem Meister zu gehorchen, muss er seinerseits alles vorausschauend und gerecht ordnen.
Alle sollen in allem der Regel als Lehrmeisterin folgen, und niemand darf leichtfertig von ihrer Weisung abweichen. Keiner darf im Kloster dem Willen seines eigenen Herzens folgen. Niemand masse sich an, mit seinem Abt unverschämt oder gar außerhalb des Klosters zu streiten. Geht aber einer in seiner Anmaßung so weit, dann treffe ihn die von der Regel vorgesehene Strafe.
Der Abt allerdings muss seine Anordnungen immer in Gottesfurcht treffen und sich dabei an die Regel halten. Er muss wissen, dass er sich ohne Zweifel für all seine Entscheidungen vor Gott, dem gerechten Richter, zu verantworten hat.
Wenn weniger wichtige Angelegenheiten des Klosters zu behandeln sind, soll er nur die Älteren um Rat fragen, lesen wir doch in der Schrift: "Tu alles mit Rat, dann brauchst du nach der Tat nichts zu bereuen."