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Internetredaktion der Diözese Gurk

Den Neuanfang wagen

Geistlicher Impuls zum 1. Advent von Pfarrprovisor Richard Pirker

Foto: KH Kronawetter
Detail aus der Kunstintervention "Support Your Local Religion" im Kunstquadrat Maria Saal (Foto: KH Kronawetter)

Der Eröffnungsgesang (Introitus) zum ersten Adventsonntag greift den Psalm 25 auf: „Zu Dir, Gott, erhebe ich meine Seele, Du mein Gott, dem ich vertraue“. Beim Hören dieser gregorianischen Gesänge gewinnt man den Eindruck, als ob die Sänger Anlauf nehmen, um diese große Hürde zu schaffen. Der lateinische Gesang „At Te levavi“ drückt es viel direkter aus: Wir sollten den Versuch wagen, gegen alle Missdeutungen und Gottesverunsicherungen schlicht jenen Neuanfang zu wagen, den auch Rainer Maria Rilke beim Betrachten des Apollo-Torsos genannt hat: „Ich muss mein Leben ändern!“ Ist es nicht längst an der Zeit, dass wir unser Leben als Gläubige neu (auf Gott hin) ausrichten, einmal abseits der verdrängten Kirchenverfallsgeschichten, der selbstinszenierten Diktaturen unserer Meinungsfreiheit, dass wir schlicht beginnen, das Althergebrachte, Eingeschliffene, das alle Gleichgültigkeit in unserer Welt Bemitleidende aufzugeben, um Ihn und Sein Geheimnis für einen Moment zu spüren?

Auf das Zu-Kommen Gottes nicht verzichten, im Inneren lebendig werden

So bringt es auch das Tagesgebet des 1. Adventsonntags zum Ausdruck: „Du, Gott, schenkst das Wollen und das Vollbringen. Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit Christus entgegengehen.“ Dies wäre ein Vorsatz: Neben (zu) vielen augenverderbenden Handyblicken, sich selbst neu ausrichten und versuchen, gerecht zu leben und durch Taten der Liebe die Ankunft Christi vorzubereiten. Zum Beispiel auf Ausreden (kleine Lügen) verzichten und dadurch Land im Persönlichen zu gewinnen, Gott fünf Minuten der eigenen kostbaren Zeit zu geben und dadurch einen Türspalt Licht in die eigene Seelenkammer einfallen zu lassen, dem Nachbarn zuhören, obwohl es umsonst zu sein scheint. Advent heißt, das Herz auf eine Gott-bekannte Weise für eine neue Begegnung vorzubereiten, selbst erwartungsvoll zu werden, inmitten von LED-Beleuchtungen, die uns das Innere nicht ausleuchten können, dafür im Äußeren Freude schenken. Advent heißt, auf das Zu-Kommen Gottes nicht zu verzichten, im Inneren lebendig zu werden.

Dr. Richard Pirker (Foto: Pressestelle)
Dr. Richard Pirker (Foto: Pressestelle)

Der Autor Dr. Richard Pirker ist u. a. Pfarrprovisor der Klagenfurter Pfarren St. Modestus und St. Peter und Geistlicher Assistent der Katholischen Aktion Kärnten.