Bolivien - Schule in Zeiten von Corona

Welches Privileg es ist, zur Schule gehen zu können, wissen wir spätestens seit dem „Homeschooling“ im Frühjahr. Es leidet nicht nur die Qualität des Lernens. Die mindestens ebenso wichtigen sozialen Kontakte, FreundInnen, das gemeinsame Lernen, Lachen, Streiten, Erleben – all das fällt weg und wird oft schmerzlich vermisst.

Auch gehört es noch nicht zur Normalität, dass alle Kinder mit Computer, einem Internetzugang und nicht zuletzt auch mit den notwendigen Kompetenzen für digitales Lernen ausgerüstet sind, wie sich gezeigt hat.

So fällt es nicht schwer sich vorzustellen, zu welcher Schwierigkeit „Homeschooling“ oder „distance learning“ in einem Land werden, in der nicht einmal der regelmäßige Schulbesuch eine Selbstverständlichkeit ist.

„Fundación Pueblo“ hilft

Im März wurden alle Schulen des Landes vom Ministerium geschlossen. In den kleinen, entlegenen Dörfern gibt es weder Schule noch Internet und Computer, so dass die Kinder auch nicht online unterrichtet werden können, wie das in den besser ausgerüsteten Städten zum Teil der Fall ist.

Schockierte Eltern, engagierte Lehrer und unser Projektpartner haben daraufhin einen „schulischen Notdienst“ eingerichtet.

Drei der LehrerInnen der Mittelpunktschule in Tentaguazu stammen von dort und sie sind in ständigem Kontakt mit den Schülern, die ebenfalls im Dorf leben. Ihr „Ersatzunterricht“ findet in den Elternhäusern der Schüler statt. Um deren Aktivitäten zu unterstützen, hat Fundación Pueblo seit August zwei zusätzliche Gemeindemitglieder als Lehrer für den Förderunterricht eingesetzt, der montags bis donnerstags jeweils zwei Stunden am Nachmittag stattfindet. Sie arbeiten mit Unterrichtsmaterialien, die die Lehrerkollegen erstellt haben, die noch nicht wieder an die Schule zurückkehren konnten.

Alle zwei Wochen besuchen die Lehrer die kleineren, sehr verstreut liegenden Gemeinden, aus denen Kinder normalerweise zur Mittelpunktschule nach Tentaguazu kommen, um neue Unterrichtsmaterialien zu übergeben und die bearbeiteten Materialien vom vorausgegangenen Besuch einzusammeln. Dabei werden Fragen der Schüler geklärt und Erläuterungen gegeben.

Damit die Kontakte sicher ablaufen, haben LehrerInnen und SchülerInnen lokal gefertigte Mund-Nasen-Schutzmasken sowie eine Grundausstattung an Hygienematerial (Seife, Desinfektionsmittel) von Fundación Pueblo erhalten. Zudem unterstützt unser Projektpartner die LehrerInnen – wann immer möglich – bei ihren Besuchen in den Streugemeinden und sorgt für den zusätzlichen Nachmittagsunterricht an der Mittelpunktschule.

Sehnsucht nach Schule

Die Kinder fiebern der Wiedereröffnung der Schulen entgegen, für den die derzeitigen Ersatzmaßnahmen nur eine temporäre Lösung sein können.

Auch Carla vermisst die tägliche Betreuung in der Schule, ihre KlassenkameradInnen und ganz besonders ihre Klassenlehrerin Raquel in Tentaguazu:

„Hoffentlich gehen dieses Jahr und der Virus bald vorbei, damit ich wieder mit meiner Lehrerin und meinen Freunden in der Schule sein kann!“