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Psalm 121: Der Herr ist dein Hüter 

Psalm des Monats Juni

Pilger, die vom See Gennesaret zur Wallfahrt nach Jerusalem aufbrachen, hatten den Berg Arbel vor sich. Manche werden sich im Blick auf diesen markanten Gipfel wohl gefragt haben: »Woher kommt mir Hilfe?« (Foto: K. Einspieler)
Pilger, die vom See Gennesaret zur Wallfahrt nach Jerusalem aufbrachen, hatten den Berg Arbel vor sich. Manche werden sich im Blick auf diesen markanten Gipfel wohl gefragt haben: »Woher kommt mir Hilfe?« (Foto: K. Einspieler)

In den Sommermonaten sind viele Menschen auf dem Weg – durch die Natur oder gar in ein anderes Land, um sich zu erholen. Letztlich ist das Unterwegssein ein Sinnbild für unser Leben. Das Buch der Psalmen spricht uns dafür mit dem Psalm 121 Mut zu. Es ist der Psalm des Monats Juni.

DER TEXT

Psalm 121: Unter Gottes Schutz

Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: *
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn, *
der Himmel und Erde erschaffen hat.
Er lässt deinen Fuß nicht wanken; *
dein Hüter schlummert nicht ein.
Siehe, er schlummert nicht ein und schläft nicht, *
der Hüter Israels.
Der Herr ist dein Hüter, *
der Herr gibt dir Schatten zu deiner Rechten.
Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden *
noch der Mond in der Nacht.
Der Herr behütet dich vor allem Bösen, *
er behütet dein Leben.
Der Herr behütet dein Gehen und dein Kommen *
von nun an bis in Ewigkeit.

Psalm 121: Pod Božjim varstvom

Svoje oči vzdigujem h goram: *
od kod bo prišla moja pomoč?
Moja pomoč je od Gospoda, *
ki je naredil nebo in zemljo.
Naj ne da, da bi tvoja noga omahovala, *
tvoj varuh naj ne dremlje.
Glej, ne dremlje, ne spi, *
Izraelov varuh.
Gospod je tvoj varuh, /
Gospod je tvoja senca, *
nad tvojo desno roko.
Podnevi te ne bo udarilo sonce, *
ne luna ponoči.
Gospod te bo varoval vsega hudega, *
varoval bo tvoje življenje.
Gospod bo varoval tvoje odhajanje in prihajanje, *
od zdaj in do večnosti.


Hier finden Sie den Text des Psalms im Postkartenformat, damit Sie ihn mittels Smartphone immer bei sich haben und wenn Sie möchten auch gemeinsam beten können.

DIE AUSLEGUNG

Hier finden Sie einige Gedanken zum Psalm von Klaus Einspieler, Bibelreferent der Diözese Gurk.

In Bergnot

Jedes Jahr überschätzen Menschen im Gebirge ihre Kräfte oder machen sich zu leichtfertig auf den Weg. Vielleicht fragen sie sich in solch bangen Stunden verzweifelt: Woher kommt mir Hilfe? Zwar hat der Psalm 121 mit großer Sicherheit keinen alpinistischen Hintergrund. Dennoch können auch Menschen unserer Zeit ohne Mühe seiner anschaulichen Sprache folgen. Dabei ist das Bild der Berge schon in biblischen Zeiten mehrdeutig. Was also möchte die Beterin, der Beter damit ausdrücken, wenn sich die Augen zu den Bergen erheben? Ist es eine Pilgergruppe, die so spricht, weil sie den gefahrvollen und beschwerlichen Weg nach Jerusalem im Blick hat? Oder stehen die Berge für die Kulthöhen, auf denen die Israeliten vom Glauben abgefallen und anderen Gottheiten nachgelaufen sind? In diesem Fall versinnbildlichen die Berge die Vielzahl religiöser und weltanschaulicher Heilsversprechen. Wo nur soll man wirklichen Halt finden? Es könnte aber auch sein, dass die Berge auf Jerusalem verweisen, wo der Gott Israels im Heiligtum verehrt wird. Er ist Zuflucht und Fels, auf ihn lohnt es sich, zu bauen (Ps 18,3). Oder werden diese Worte von Menschen in der Fremde, dem babylonischen Exil, gesprochen? An klaren Tagen können sie am Horizont Berge erkennen und ahnen, dass sich dahinter ihre Heimat befindet. Werden sie jemals wieder dorthin zurückkehren können?

Ein Gott, viele Lebensgeschichten

Was also ist mit der Eingangsfrage des Psalms wirklich gemeint? Wir wissen es nicht so genau. Gerade dieser Umstand aber öffnet den Text für viele unterschiedliche Lebensgeschichten: für Vertriebene, die sich nach der Heimat sehnen, Sinnsucher, unbeirrbar Glaubende oder Menschen im Aufbruch. Die jüdische Überlieferung legt diese Worte Abraham in den Mund. Als er auf dem Berg Morija steht und sich anschickt, seinen Sohn Isaak zu opfern, blickt er bangend um sich und fragt: „Woher kommt mir Hilfe?“ In diesem Moment tröstet ihn ein Engel vom Himmel her und antwortet, die Hilfe käme „vom HERRN, der Himmel und Erde erschaffen hat“ (Ps 121,2). Doch auch die Glaubenserfahrung Jakobs, des Enkels Abrahams und Stammvaters Israels, zeigt sich in diesem Gebet. Als er sich allein auf einen weiten, unsicheren Weg begeben musste, hat Gott ihm zugesagt: „Siehe, ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst und bringe dich zurück in dieses Land“ (Gen 28,15).

Vertrauen lässt das Leben gelingen

Das Bild von Gott als Hüter steht im Zentrum dieses Psalms. Seit den Tagen der Urzeit ist er ein mitgehender, bergender und schützender Gott. Er hat das Gehen und Kommen Jakobs – Israels – und vieler auf ihn folgender Generationen gesegnet und sie behütet (Num 6,24). Obwohl er jener ist, der Himmel und Erde erschaffen hat (Ps 121,2), war er sich nicht wie die Gottheiten anderer Völker zu schade, einfache Menschen auf ihrem Lebensweg zu behüten und zu begleiten. Er zieht sich nicht wie die altorientalischen Götter zurück, um die himmlische Ruhe zu genießen. – Nein, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht (Ps 121,4). Seine Nähe gleicht dem kühlenden Schatten in der Glut des Sommers. Hier findet man Ruhe und Kraft für den Weg. Gott ist da, wenn der Beter, die Beterin den Fuß auf unsicheren Untergrund setzt und festigt die Schritte, damit man auf der Erde Halt findet. Er behütet die Wanderer aber auch vor der unheilvoll magischen Kraft des Mondes. Wer glaubt, muss sich nicht in Lebensangst verlieren, denn auch die kosmischen Kräfte sind Gottes Allmacht unterworfen. So sind Himmel und Erde in diesem Psalm zum Programm Gottes geworden. Unten und oben gibt es nichts, wovor man verzagen müsste. Dies kommt am Ende des Psalms noch einmal verdichtet zur Sprache. Dreimal, als wolle er diese Botschaft tief in unserem Gedächtnis verankern, betont der Psalm, dass Gott den Beter, die Beterin behütet. Heute und weit über die irdisch messbare Lebenszeit hinaus, beim Gehen und beim Kommen, also in allen Bereichen des Lebens. Aus diesem Vertrauen heraus kann unser Leben gelingen.

DER VORTRAG AUF VIDEO

Hier finden Sie eine detaillierte Auslegung des Psalms in Gestalt einer Videodatei (Dauer eine Stunde). Vortragender: Klaus Einspieler.

https://youtu.be/DFi1jVPZwio

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DER PSALM ZUM ANHÖREN ODER MITSINGEN

Statt selbst zu beten, können Sie sich den Psalm auch anhören oder ihn mitsingen. Die Aufnahmen entstanden unter der Leitung des diözesanen Kirchenmusikreferenten Christoph Mühlthaler.

Psalm 121 – Psalmton VI (Kehrvers Gl 67,1), Schola: Gerda Heger, Christina Hardt-Stremayr, Peter Dolschak, Pavel Zablatnik, Christoph Mühlthaler, Orgel: Klaus Waltritsch
Psalm 121 – Psalmton V/slowenisch (Kehrvers GLORIA 523), Kantorin: Veronika Stern, Schola: Milena Kernjak, Martin Kuchling, Pavel Zablatnik, Christian Koren
Psalm 121 – Gurker Psalter, Gesang: Peter Dolschak, Orgel: Klaus Waltritsch
Psalm 121 – Gurker Psalter, Gitarre: Karl Fellner