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Ostern – ein Fest der Verwandlung

eine österliche Bildbetrachtung von Klaus Einspieler

In der Pfarre Ludmannsdorf/Bilčovs haben sich im vergangenen Jahr Künstlerinnnen und Künstler zusammengetan, um ein Osterbild zu schaffen. Am Anfang stand der Gedanke, ein Ostertuch zu gestalten. Gleich einem Fastentuch sollte es Ostergeschichten ins Bild bringen.

Nach ersten Gesprächen aber stellte sich sogleich eine entscheidende Frage – kann man die Ostererfahrungen der Zeitgenossen Jesu auf die gleiche Art darstellen wie die Passion? Diese konnte man sehen wie auch heute viele Leidensgeschichten über die Medien ins Haus geliefert werden. Bei genauem Hinschauen aber merkt man, dass es mit den Osterereignissen anders zu sein scheint. Maria Magdalena erkennt Jesus nicht, sie meint er sei ein Gärtner, die Emmausjünger glauben mit einem Fremden unterwegs zu sein und den Aposteln gibt er sich durch seine Hände und seine Seite zu erkennen, nicht etwa durch sein Gesicht. Offensichtlich sieht man also den Auferstandenen anders als einen guten Bekannten, der nach einigen Tagen wieder zu Besuch kommt. Daher muss auch ein Osterbild mehr sein als eine Illustration von Texten, merkt man diesen doch das Ringen nach Worten förmlich an. Ostern ist eine Erfahrung, die anders als alles ist, was Menschen vorher erlebt haben. Sie mussten also erst eine Sprache finden, um von ihr zu erzählen.

Vom Unheil ins Heil, aus dem Dunkel ins Licht

Was aber ist Ostern eigentlich? In der Bibel wird es Pascha genannt. Dieses Wort ist schwer zu übersetzen. Schon im Altertum fand man dafür zwei Deutungen. Pascha, sagte man vor allem in Kleinasien, käme vom griechischen Wort pathein, leiden. Tatsächlich wird das alttestamentliche Ritual von Pascha im alttestamentlichen Buch Deuteronomium nicht als Fest bezeichnet. Es ist eine Leidensgedächtnisfeier, die mit der Erinnerung an das Sklavenhaus Ägypten beginnt und sich in der Lebensgeschichte Jesu im Gedächtnis seines Leidens fortsetzt. Insofern war rasch klar – aus dem Ostertuch muss ein Kreuz werden. Ostern ist nämlich nicht nur die Feier der Auferstehung Jesu, sondern zugleich auch die Antwort Gottes auf das Leiden des Gerechten. In anderen Gegenden der christlichen Welt wurde das Wort Pascha mit „Übergang“ wiedergegeben. Ostern ist kein statisches Ereignis. Wir feiern den Übergang aus dem Unheil ins Heil. Auch in der jüdischen Paschafeier gibt es Texte, die davon sprechen, dass die Mitfeiernden in dieser Nacht von der Trauer zur Freude, von der Knechtschaft zur Freiheit und vom Dunkel ins Licht geführt werden. Im Grunde genommen ist die ganze Bibel das große Buch der Verwandlung. Sie erzählt von Heimatlosen, die ein Land finden, in dem Milch und Honig fließen, lässt Unterdrückte davon singen, dass sie befreit worden sind und verheißt durch die Propheten, dass die Dunkelheit von Angst und Bedrängnis nicht das letzte Wort hat. Dies verdichtet sich schließlich im Leben Jesu. Sein Tod am Karfreitag ist nicht die Endstation. Wenn auch die Geschichte des irdischen Jesus mit der Grablegung endet – für die Ostergeschichten ist dies der Beginn. Dies war der zweite wichtige Gedanke im Blick auf die Gestaltung des Osterbildes. Es sollte die Dynamik erkennen lassen, die dem Osterfest innewohnt, den Zug nach oben. Daher sind die Farben im unteren Teil eher dunkel und steigern sich, je weiter man nach oben kommt, ins Lichte. Zudem sind die Darstellungen unten sehr konkret, zum Angreifen. Nach oben hin aber wird ihre Sprache immer abstrakter. Das ist ins Bild gebracht die Erfahrung von Ostern – das Fest nimmt uns an der Hand, um uns aus dem Dunkel ins Licht zu führen. Auf der bildlichen Ebene aber führt es uns vom Konkreten zu dem, was sich nicht mehr ins Bild bringen lässt. Denn Ostern mündet in der Himmelfahrt Jesu und der Aussendung des Heiligen Geistes.

Am “Ostertuch“ im Pfarrsaal von Ludmanndorf/Bilčovs haben viele kreative Menschen mitgewirkt. (Foto: Reichmann/Nedelja)
Am "Ostertuch" im Pfarrsaal von Ludmanndorf/Bilčovs haben viele kreative Menschen mitgewirkt. (Foto: Reichmann/Nedelja)

Die Darstellungen des Osterkreuzes bringen ins Bild, wie unterschiedlich Menschen die verwandelnde Kraft der österlichen Botschaft an sich erfahren haben. Maria von Magdala wurde in ihrer Trauer Trost zuteil, Thomas wurde trotz aller Zweifel zum Glaubenden, in der Geschichte des Petrus geht es um Verleugnung und Liebe, die Frauen am Grab kommen, um zu trauern und laufen voll Freude zu den Jüngern …

Aus der Perspektive der Auferstehung, Himmelfahrt und Geistsendung das Leben des irdischen Jesus neu deuten

Ganz oben ist vom Geist die Rede. Die weiße Keramik versucht zu deuten, was nur schwer zu begreifen ist – sein geheimnisvolles Wirken. Weiß ist die Summe aller Farben. Was von oben aus betrachtet weiß beginnt, das Kommen des Geistes, entfaltet sich nach unten hin in einer großen Vielfalt von Farben. Man kann das Bild also auch aus dieser Richtung lesen. Bisher haben wir ja unten angesetzt, das entspricht dem Weg Jesu. Doch haben die Jünger nach Ostern aus der Perspektive der Auferstehung, Himmelfahrt und Geistsendung das Leben des irdischen Jesus neu gedeutet und bewusst durch die österliche Brille betrachtet. Vieles, was sie zu Lebzeiten Jesu nicht verstanden haben, wurde durch Ostern in ein neues Licht gerückt. Ostern lädt uns also ein, das Leben Jesu und unserer Mitmenschen neu zu sehen und zu erkennen, was bisher verborgen blieb. Wir sind eingeladen, alles, was uns umgibt, im Heiligen Geist neu zu erschließen.

Dass der Geist auch heute am Werk ist, beweist nicht zuletzt das Osterkreuz aus Ludmannsdorf/Bilčovs. Menschen haben sich mit ihren Begabungen eingebracht. Sie haben die Ostergeschichten gelesen und ins Bild gesetzt. Keiner war sich zu schade, sein Bild als Teil eines großen Ganzen zu betrachten. So sind in diesem Werk Persönliches und Gemeinsames vereint ohne sich gegenseitig aufzuheben. Auch das ist Ostern – dass Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit im Anderen das Gute sehen und so befähigt werden, gemeinsam etwas zu schaffen, was die Kräfte und das Können des Einzelnen übersteigt.