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Internetredaktion der Diözese Gurk

Herz Jesu - Quelle der Liebe

Geistlicher Impuls zum Palmsonntag von Stadtpfarrer Christoph Kranicki

Matthias Grünewald, Kreuzigung Jesu - Detail aus dem Isenheimer Altar (Foto: Public domain, via Wikimedia Commons)
Matthias Grünewald, Kreuzigung Jesu - Detail aus dem Isenheimer Altar (Foto: Public domain, via Wikimedia Commons)

„Gottessuche“ – ein populärer Begriff. Tatsächlich sind wir alle Suchende. Und als solche suchen wir Menschen die Antwort auf die Gottesfrage. Wo? Meistens bei verschiedenen Religionen, Ideologien, in der Psychologie, in der Kunst, in der Natur oder anderen Energiequellen.

Ich suche nicht mehr. Die Gottessuche verwandelte sich bei mir in die Nachfolge. Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich Gott schon „gefunden“ habe – für mich, ganz persönlich – und er, Jesus Christus, die Antwort auf alle meine Fragen ist. Er, Jesus Christus, gestorben am Kreuz. Das bedeutet nicht, dass ich die Wahrheit besitze. Nein. Sie besitzt mich, weil er die Wahrheit ist. Und hier gibt es keinen Platz für Hochmut – im Gegenteil – der Blick auf das Kreuz hütet vor solchen Irrwegen.

Ich suche also nicht mehr Gott in dem Sinne: Ist er hier? Ist er vielleicht doch eher dort?
Ich suche ihn, um besser zu verstehen, wer er ist und was er von mir verlangt.
Und wenn ich Jesus am Kreuz sehe, wenn ich heute, am Palmsonntag seine Leidensgeschichte betrachte, auf sein Herz schaue, wird mir immer klarer, was es bedeutet, dass Gott Liebe ist.

Er am Kreuz – der Mensch gewordene Gott, das Antlitz des Vaters – ist Liebe.
Und aus ihm – aus Jesus am Kreuz – strömt diese Liebe heraus – er selbst wird ausgegossen – durch das durchbohrte Herz.

Sein Herz ist für mich die Quelle des gesamten Lebens der Kirche.

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Jesus am Kreuz:

  • kein um seine Rechte Schreiender, Rache Verspürender,
  • kein Hochmütiger, Karrieresüchtiger, alles kritisch Betrachtender, von oben herab schauender Moral-Experte, alles besser wissender Kontrolleur der Gnade,
  • kein Mitläufer, Mitschwimmer, sich der Situation Anpassender, allen gut Machender, neutraler, sympathischer, profilloser Diplomat,
  • kein Diktator, der andere, besonders schwache, niederdrückt, demütigt und seine Macht missbraucht.

Nein. Das alles ist er nicht. Aber er nimmt all diese und auch alle andere Schwachheit auf sich und trägt sie. Er trägt die Schuld seiner armen, sündigen Kirche. Er trägt das Kreuz, das am dritten Tag zum Zeichen seiner grenzen- und bedingungslosen Liebe wird.

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Jesus am Kreuz:

Leib Christi = Leib der Kirche.

Leib Jesu gegeißelt: unschuldig verurteilt, allein, wie eine Minderheit ohne Privilegien und Ehrenplätze, wie eine Gemeinschaft, die man gerne verlässt…

Leib Jesu mit Dornen gekrönt: statt Erfolg – Verluste und Verfolgung, statt Zuwachs – gesellschaftliche Ablehnung, statt Reichtum und Triumph – Spott…

Leib Jesu nackt: beraubt jeder Würde, ausgelacht, etwas, wovor man sich schämt, äußerlich arm, dem Hass ausgeliefert…

Leib Jesu gekreuzigt: einsamer Verlierer, kein Show-Man, kein Wunderwuzzi, kein Befreiungs-Trainer, der dem Ego gut tut

Leib Jesu durchbohrt – mit für alle offenem Herzen, aus dem unzählige Gnaden, aus dem reine Liebe ausgegossen wird und alles Dürre und Verwundete neu zum Aufblühen beginnt.

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Jesus am Kreuz:

„Verstehst du meine Liebe? Im Hospiz und im Krankenhaus, in der Notschlafstelle und unter der Bank auf dem Bahnhof, im Bordell und im Menschenhandel, im Kinderheim und Gefängnis, im Familienstreit und beim Tod eines lieben Menschen, in zerbrochener Beziehung und jeder Enttäuschung…? Schau auf meine für dich geöffnete Seite. Im Leiden sind wir einander so nahe. Im Leiden bist du mir ähnlich. Wenn dein Herz zerbricht, schaue auf mein zerbrochenes Gnadenherz.

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Mein Jesus, mein Heiland!
Aus deiner geöffneten Seite strömen Blut und Wasser…
Aus deinem geöffneten Herzen entspringen die Sakramente der Kirche…
Ununterbrochen.
Aus deinem Herzen kommt das Leben heraus.

Du bist Quelle.
Quelle der Hoffnung.
Quelle der Liebe.
Unvergleichbar. Unbesiegbar.
Heilig.

Deine Liebe ist heilig. Sie bete ich in tiefster Demut an.