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Internetredaktion der Diözese Gurk

Den Grundwasserspiegel an Solidarität auch nach Pandemie aufrecht erhalten

Bischof Josef Marketz hofft in einem Interview für die Unterkärntner Nachrichten, dass wir aus der Krise die richtigen Lehren ziehen

(www.kathpress.at, 29.04.2020) Der Kärntner Bischof Josef Marketz hofft darauf, dass die Gesellschaft gestärkt aus der Corona-Krise hervorgeht "und daraus auch einige nachhaltige Lehren für das Zusammenleben zieht". Eine davon sollte sein anzuerkennen, wie wichtig bisher wenig beachtete Berufstätige etwa im Lebensmittelhandel oder in der Pflege, "über die man bisher kaum einmal als 'Heldinnen und Helden' gesprochen hat", für das Funktionieren der Gesellschaft sind, sagte Marketz in einem Interview des Wochenblatts "Unterkärntner Nachrichten" (29. April).

Die Pandemie halte in besonderer Weise dazu an, aufmerksam für andere Menschen zu sein. Es zeige sich, dass es in Krisensituationen einen beachtlichen Grundwasserspiegel an Solidarität in der Kärntner Bevölkerung gibt, "den es dann auch nach der Krise aufrecht zu erhalten gilt", so der Bischof im Blick auf jetzt Verarmte, die Hilfe beim Neustart bräuchten. Es sei viel Ausdauer erforderlich, um die Armut zu bekämpfen, die sich nach Corona ausbreiten werde. "Es wird darauf ankommen, dass wir uns alle auf das Wesentliche beschränken", sagte der bis zu seiner Bischofsweihe im Februar als Caritas-Direktor tätige Marketz. "Es führt zu einem veränderten Lebensstil."

Bischof Josef Marketz (Pressestelle/Daniel Gollner)
Bischof Josef Marketz (Pressestelle/Daniel Gollner)

Die Corona-Krise verlangt allen sehr viel ab. Viele wenden sich nach den Worten des Bischofs derzeit mit ihren Sorgen und Nöten an die Kirche: "Die einen fürchten sich vor Covid-19, andere haben existenzielle Ängste angesichts der ungewissen wirtschaftlichen Zukunft und erhoffen sich materielle Unterstützung oder bitten darum, sie ins Gebet einzuschließen." Die katholische Kirche versuche auch in Zeiten von "social distancing" Kontakt mit den Menschen zu halten, für sie da zu sein - auch auf neuen Wegen wie zum Beispiel mit Livestreams von Gottesdiensten oder Handreichungen für die Glaubenspraxis zuhause.

Schulterschluss gegen Armut und Not

Aber auch mit den Sozialleistungen der Caritas und vieler Pfarrgemeinden versuche die Kirche, gerade in diesen schweren Zeiten den Menschen eine Stütze zu sein, berichtete der Kärntner Bischof. Er erwähnte den Fonds, den die Kirchenleitung der Caritas zur Verfügung stellte, um notleidende Menschen zu unterstützen. Um alle Kräfte zu vereinen, sei mit Landeshauptmann Peter Kaiser ein Runder Tisch aller karitativen Einrichtungen und der Politik vereinbart worden. Es müsse verhindert werden, dass Menschen zurückbleiben. Dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter aufgeht, "darf nicht sein", betonte Marketz: "Ich hoffe, dass wir uns in Kärnten in einem Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Kultur, religiösen Gemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Initiativen auch weiterhin aktiv um Solidarität, Gerechtigkeit und Nächstenliebe bemühen werden."

Als Bischof sei er auch mit vielen Erwartungen konfrontiert worden, "die ich nicht alle erfüllen kann": Er spüre die Spannung zwischen dem Anspruch der Kirche, in der Verantwortung für die Gesundheit der Menschen vorbildlich alle verordneten Maßnahmen mitzutragen, und der wachsenden Zahl an Gläubigen, die endlich wieder eine heilige Messe in der Kirche feiern möchten. Die zweieinhalb Monate seit seiner Amtseinführung als Bischof von Kärnten seien "ganz anders verlaufen als geplant", teilte Marketz mit. "Ich wollte viel unter die Menschen, mit Priestern und engagierten Laienmitarbeitern Kontakt aufnehmen. Jetzt ist das nur eingeschränkt möglich."

"Kirche soll noch einladender werden"

Angesprochen auf die vielen Kirchenaustritte der vergangenen Jahre in seiner Diözese und eine mögliche Rückkehr durch die Erfahrungen der Pandemie antwortete Marketz, er hoffe, dass die Menschen in der Krise durch die Pfarrgemeinden und die Caritas "Rat und Hilfe, Begleitung und spirituelle Stärke" erfahren haben. "Denn gerade in Notzeiten fühlen wir uns dem Wohl aller Menschen verpflichtet. Ich wäre sehr dankbar, wenn solche Erfahrungen manche zurück in die kirchliche Gemeinschaft führen würden."

Als Gründe dafür, warum Menschen die Kirche verlassen, nannte der Bischof Aussagen wie: "Die Kirche gibt mir in meiner derzeitigen Situation nichts!" Und: "Ich muss sparen, und der Kirche tut es am wenigsten weh, wenn ich den Kirchenbeitrag nicht mehr entrichte!" Gegensteuern könne die Kirche, indem sie "ihr Tor noch weiter öffnet und noch einladender wird". In der Kirche muss nach Überzeugung von Marketz "eine große Weite spürbar sein, in der für jede und jeden Platz ist". Und es gelte den Menschen begreiflich zu machen, dass die vielen Aufgaben und Leistungen der Kirche auch erhebliche finanzielle Ressourcen benötigen, die hauptsächlich aus dem Kirchenbeitrag kommen. Gerade jetzt, wo viele Menschen ihre Arbeit verloren und Unternehmen sich verschuldet haben, müsse bei dessen Berechnung sorgsam nach zumutbaren Lösungen gesucht werden. Zugleich stehe im Bistum Gurk eine wirtschaftliche Sanierung an, "was in diesen Zeiten nicht einfach sein wird".