Adventhirtenbrief 2025 von Bischof Josef Marketz
Gemeinsam auf dem Weg des Friedens
Liebe Schwestern und Brüder!
Mit dem ersten Adventsonntag beginnt eine Zeit, die bei vielen Menschen von der Sehnsucht nach Frieden und einer heilen Welt geprägt ist. Dies verheißt auch der erste Schrifttext, den wir heuer im Advent hören. Der Prophet Jesaja erzählt, dass sich die Völker auf den Weg machen, um zum Haus des Herrn zu ziehen. Sie wollen dort seine Wege kennenlernen, das heißt seine Weisung. Sie gründet nämlich in der Einsicht, dass jeder Mensch nach dem Abbild Gottes geschaffen ist. Daher schützen die göttlichen Gebote das Recht der Armen und Schwachen. Wer ihnen folgt, wählt das Leben und wird in einer Welt, die vor Gewalt und Unrecht stöhnt, zu einem Quell der Hoffnung. Dem Propheten Jesaja folgend, ist dies die Grundlage für ein neues Miteinander. Völkern, gemeint sind wohl die kleinen, die all zu rasch zwischen die Mühlsteine großer Mächte geraten, widerfährt Recht. Eine großartige Vision auch für unsere Zeit, in der in vielen Teilen der Welt das Völkerrecht mit Füßen getreten wird. Es war eine große Errungenschaft, dass sich die Völkerfamilie nach zwei blutigen Weltkriegen im Geist der Heiligen Schrift zu den Menschenrechten bekannt hat. Wir sollten sie nicht hinterfragen oder gar relativieren. Wer nach Frieden strebt, muss jeden Menschen achten.
Die Vision des Friedens – Schwerter zu Pflugscharen
In diesem Licht entwirft der Prophet Jesaja eine großartige Vision: Schwerter werden zu Pflugscharen umgeschmiedet, Lanzen zu Winzermessern und man hört auf, für den Krieg zu üben. Aus Kriegsgerät, das zerstört, werden also Kulturwerkzeuge, die den Hunger stillen und die Freude am Leben fördern. Geschieht in diesen Tagen nicht das Gegenteil? Die Rüstungsausgaben werden weltweit erhöht, während vielen Menschen nach wie vor das Nötigste zum Leben fehlt. Gewiss – der Text, der heute in der katholischen Kirche weltweit verkündet wird, ist eine Vision. Der Frieden, von dem er spricht, ist ein Geschenk, das von Gott kommt, nicht unsere Leistung. Welchen Beitrag aber darf die Welt dennoch von uns Christinnen und Christen erwarten? Jesaja ruft uns zu: „Auf, wir wollen gehen im Licht des HERRN“ (Jes 2,5). Es liegt also an uns, den Weg für diese großartige Vision des Friedens zu bereiten. Das Gute und damit der Friede beginnt dort, wo wir bereit sind, unser Denken und Handeln zu verändern.
Das Gute besiegt das Böse
Der Apostel Paulus ermutigt uns: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute (Röm 12,21)! Wir wissen, wie schwer es ist, Frieden zu schaffen. Viel leichter ist es, Vorurteilen, der Missgunst und dem Drang, Vergeltung zu üben, nachzugeben. Doch inneren Frieden und Freude empfinden wir dabei nicht. Lassen wir uns also auf die Einladung Jesu in der Bergpredigt ein, das Gute, das wir uns von anderen erwarten, zunächst ihnen angedeihen zu lassen (Mt 7,12) und damit zum Licht für diese Welt zu werden.
Synodalität als Weg des Friedens
In diesem Geist wollen wir auch in Zukunft das synodale Miteinander in der Kirche pflegen. Es ist die unverzichtbare Voraussetzung, um Frieden zu schaffen. Papst Leo XIV. hat darauf hingewiesen, dass die Synodalität mit der Haltung des Zuhörens beginnt – auf das Wort Gottes, aufeinander und auch auf die Suchenden außerhalb der Kirche. Sie empfängt ihre Kraft aus dem gemeinsamen Hören auf Gott, der in vielen Stimmen zu uns spricht, weil wir alle nach seinem Abbild geschaffen sind. Sie verzichtet darauf, das Eigene mit aller Kraft durchzusetzen und hört auch auf jene, die sonst kaum zu Wort kommen.
Hoffnung für unsere Gemeinschaften
Liebe Schwestern und Brüder! Im Heiligen Jahr haben wir einander als Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung bestärkt. Mögen diese Erfahrungen auch unsere künftigen Wege prägen und unsere Familien und Pfarren zu Orten des Zuhörens, der Anteilnahme und des Friedens machen. Gott kommt, um uns zu retten. Möge uns diese Zusage Licht und Hoffnung schenken.
+ Josef Marketz
Diözesanbischof
Klagenfurt a. W., am 1. Adventsonntag, 30. November 2025