Organisation

Priesterseminar der Diözese Gurk in Graz

Von der Notwendigkeit des Aufräumens

Ein Impuls zur Fastenzeit

Fastenimpuls 2020 (Priesterseminar / Brunnthaler)
Fastenimpuls 2020 (Priesterseminar / Brunnthaler)

Liebe Besucherin, lieber Besucher!

Manchmal, wenn ich ins Zimmer komme und sehe, welche Unordnung herrscht, bin ich überfordert. Wo fange ich an, wo höre ich auf? Gleichzeitig aber weiß ich, dass es notwendig ist, Ordnung zu halten. Wenn ich mich nämlich überwinde und endlich wieder einmal aufräume, erfüllt mich der Anblick mit Freude und das Gefühl von Schönheit erfüllt mich von innen her. Das zeigt, dass das scheinbar „nur“ Äußere eine wesentliche Rolle für mein Inneres spielt, ja nicht selten ein Spiegel dessen ist, was meine Seele bewegt.

Die Fastenzeit erinnert mich an das notwendige Aufräumen der eigenen vier Wände. Auch wenn sie mich zu überfordern scheint, weiß ich doch, dass sie notwendig ist. Sie will mich ermutigen, wieder einmal anzupacken und innerlich aufzuräumen. Ähnlich wie der Anblick eines der Reinigung bedürftigen Zimmers kann auch ein ehrlicher Blick in die Seele erschrecken. Was, so sieht es in mir aus? So viel Staub des Alltags hat sich da schon angesammelt?

Manchmal denke ich mir dann: Ach was, ich sperre einfach die Tür zu und lasse niemanden hinein, damit dieses Chaos niemand sieht. Dies aber kann nicht die Lösung sein, ganz im Gegenteil! Ganz am Beginn der Fastenzeit und immer wieder in den Lesungen der Stundenliturgie werden wir an die Worte des Propheten Joël erinnert: „Zerreißt eure Herzen!“ (Joël 2,13) Das will wohl heißen: ,Macht sie auf, damit ihr von innen her zu JHWH, eurem Gott, umkehren könnt!‘ Der Tag des HERRN ist nämlich nahe.

Ich kann mich erinnern, dass zu Hause immer wieder die Rede davon war, das Haus nicht unordentlich zu verlassen, weil man ja nicht weiß, ob man wieder zurückkommt. Das mag vielleicht ein wenig abergläubisch klingen. Es zeigt aber auch, worauf wir in der Heiligen Schrift immer und immer wieder hingewiesen werden: Seid stets bereit! Ihr wisst weder den Tag noch die Stunde! Die Umkehr zu Gott ist also nicht später oder morgen, sondern immer jetzt.

Das möchte ich mir besonders in der Fastenzeit, aber auch darüber hinaus in Erinnerung rufen. Es gibt nichts an und in mir, was Gott nicht kennt. Auch wenn Sturheit und Egoismus zu oft die Türen verbarrikadieren, so darf ich mich doch von der unendlichen Barmherzigkeit Gottes anrühren lassen. Mit Gottes Hilfe kann ich auch in meinem Inneren aufräumen. Mag sich auch noch so viel Staub angesammelt haben, ich möchte jetzt, hier und heute von Neuem beginnen. Wenn ich dann zu Ostern zurückblicke, werde ich erst merken, wie schön es ist, sauber und rein gemacht zu haben. Dann sind die Türen wieder offen, der Stein des Egoismus ist weggewälzt und die Freude ist groß.

Lassen wir uns ein, jetzt, hier und heute, und lassen wir uns von Paulus zurufen: „Wir bitten euch an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ (2 Kor 5,20)

Michael Rossian