Organisation

Katholische Jungschar

“Ein Hirtenbrief an die Jungschar”

Kinder- und Jugend-Bischof Turnovszky schreibt an die Leiterinnen und Leiter der Gruppen der Katholischen Jungschar

Kinder- und Jugend-Bischof Stefan Turnovszky (© Foto: www.themakirche.at)
Kinder- und Jugend-Bischof Stefan Turnovszky (© Foto: www.themakirche.at)

"Den Kindern die Liebe Gottes zeigen"

Liebe Jungscharleiter und –leiterinnen!

Die Europäische Union hat für 2011 ein „Jahr der Freiwilligen“ ausgerufen. Das nehme ich zum Anlass, um ein Wort des Dankes und der Ermutigung an euch zu richten.

Ich war selbst als Kind jahrelang in meiner Heimatpfarre in Wien begeistertes Mitglied unserer Bubenjungschargruppe „Wilder Wal“. Einige meiner heutigen Freundschaften gehen auf diese Zeit zurück. Ich habe Wichtiges wie von selbst gelernt: Einfügen in eine Gruppe, Anerkennung von Autorität, christliches Leben aus dem Glauben.

Wie froh bin ich, dass es auch heute in Österreich unzählige Jungschargruppen gibt! Vor meiner Ernennung zum Bischof hatte ich die Freude, als Pfarrer in Baden bei Wien Jungschargruppen „meiner“ Pfarre zu haben. Es ist ein Segen, wenn es die Jungschar in der Pfarre gibt, und jeder Pfarrer kann dafür dankbar sein, wenn sich Kinder wöchentlich unter engagierter und fachkundiger Begleitung im Namen Jesu Christi treffen.

Ich weiß, dass Arbeit mit Kindern Schwerarbeit sein kann. Deshalb habe ich vor euch allen tiefen Respekt und weiß, was es bedeutet, dass ihr einen maßgeblichen Teil eurer Freizeit in die Kinderpädagogik investiert. Ich danke euch im Namen der katholischen Kirche Österreichs für euer christliches Engagement, für eure Selbstlosigkeit, für eure Liebe zu den Kindern und für eure Kirchlichkeit – denn die Jungschar ist eine Organisation der katholischen Kirche.

Die Quintessenz eurer Aufgabe in der Jungschar ist es, den euch anvertrauten Kindern die Liebe Gottes zu zeigen. Ihr tut das – wie mir scheint – in fünffacher Weise. Alle fünf Aspekte sind wichtig. Fehlt auch nur einer, so wird die Liebe Gottes nicht in ihrer umfassenden Weite erfahrbar und die Pädagogik wird defizitär. Ich bitte euch deshalb auf die Ganzheitlichkeit eurer Jungschararbeit zu achten.

 

Was sind nun die fünf wesentlichen Aspekte der Jungschararbeit?

  • Gemeinschaft: In der Jungschar erfahren Kinder Angenommensein in einer Gemeinschaft. Gerade für Kinder aus Kleinfamilien ist es wesentlich, sich als Teil einer größeren Gruppe zu erfahren. Im gemeinsamen Spielen übt man Fairness, das Einhalten von Regeln, mit Konflikten umzugehen. All das offenbart etwas von Gottes bedingungsloser „mütterlicher“ Liebe, die allen Menschen gilt, auch denjenigen, mit denen ich mich schwer tue, auch den Fremden.
  • Interesse an den Kindern: Für Kinder – wie für alle Menschen – ist es eine Wohltat, wenn sie ernsthaft und aufrichtig gefragt werden „Wie geht es dir?“ und mit Anteilnahme oder Hilfe rechnen dürfen. Dieses uneigennützige Interesse, das nur das Wohl des Kindes im Blick hat, ist das Gegenteil vom Missbrauch der Leitungsautorität, der leider auch in der Kirche vorkommt. Wo Kinder gute, selbstlose Leitung erfahren, können sie Gott als guten Vater im Himmel erahnen.
  • Glaubensthemen: In unserer medialen Welt ist der Glaube so gut wie nicht präsent: Weder Fernsehen noch Tageszeitungen erzählen von der Realität Gottes – und auch in vielen Familien wird nicht von Gott geredet. In der Jungschar „kommt Gott ins Spiel“ (Vgl. Schwerpunktthema); für manche Kinder der einzige Ort, wo sie von Ihm hören.
  • Gebet: Wo lernen Kinder heute beten? Viele Eltern haben selbst das Beten verlernt und können es den Kindern nicht weitergeben. Ich bitte euch ausdrücklich darum, den Kindern die Möglichkeit zum Gebet zu eröffnen. Ich mache immer wieder die Erfahrung, wie gerne und selbstverständlich Kinder eine kurze Zeit in der Kirche vor Jesus Christus still werden und Ihm ihr Herz ausschütten. Es gibt unzählige „Methoden“ dafür – sie sind von untergeordneter Bedeutung. Das Wichtigste dabei ist, dass der anwesende Leiter, die Leiterin das Gebet und die Gegenwart des Herrn ernst nimmt.
  • Beschäftigung mit sozialen Themen: Kinder sollen die Erfahrung machen, dass Christen solidarisch sind. Ein guter Lernort dafür ist die Jungschar: Sie blickt traditionell über den „Tellerrand“ der Pfarre, ja Österreichs hinaus und thematisiert Benachteiligungen von Kindern in aller Welt. Gerade die von der Jungschar getragene Dreikönigsaktion rückt diesen wesentlichen Aspekt von Jungschararbeit ins Rampenlicht.

 

Wenn Jungschar all diese fünf Aspekte abdeckt, ist sie tatsächlich ein zentraler Bestandteil der Kinderpastoral einer Pfarre, ein Ort, an dem Kinder groß und stark werden können. All dies geschieht in Zusammenarbeit mit vielen anderen pastoralen Mitarbeitern/innen, ehren- sowie hauptamtlichen. Besonders naheliegend ist die Kooperation mit den Leitern und Leiterinnen von Ministrantengruppen, da ja auch viele Buben und Mädchen in Jungschar und Altardienst präsent sind.

Ich danke euch allen für euren großen Einsatz und erbitte euch Gottes Segen, damit ihr Freude an der Jungschararbeit habt und den Kindern etwas von der Liebe Gottes zeigt!

Euer Jugendbischof
+ Stephan Turnovszky