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Was uns frei macht

Matthias Beck plädierte beim diesjährigen Modestusfest in Maria Saal für eine christliche Spiritualität der Entfaltung

"Wir sollen blühen! Und es soll bunt sein, denn jeder einzelne soll der sein, der er ist. Jeder soll zum Blühen kommen." So leidenschaftlich begann der Wiener Universitätstheologe Prof. DDr. Matthias Beck seinen Festvortrag anlässlich des 13. Modestusfestes, das am vergangenen Wochenende in Maria Saal feierlich begangen wurde.

Univ.-Prof. DDr. Matthias Beck referierte beim Modestusfest in Maria Saal (Internetredaktion / KH Kronawetter)
Univ.-Prof. DDr. Matthias Beck referierte beim Modestusfest in Maria Saal (Internetredaktion / KH Kronawetter)

Schon in der griechischen Antike war die Suche nach dem menschlichen Gück zentral. Keiner will unglücklich sein. Die Tugendlehre der Nikomachischen Ethik von Aristoteles gibt den Menschen das Rüstzeug zur Hand, damit dieser dem „guten Geist folgend“ sein eigenes Gück, die sog. Eudaimonie, erlangen kann.

Jesus Christus macht uns vor, wie leben geht

Die Gotteserfahrung in der jüdisch-christlichen Tradition beruht auf der Selbstmitteilung Gottes in seiner Schöpfung und in der wechselvollen Geschichte mit seinem Volk Israel. Gott zeigt sich den Menschen zuerst nur von fern und wird als verlässlicher Retter und Befreier in der Not erfahren. Der befreiende Gott wird in christlicher Perspektive dann vollends sichtbar und anfassbar in Jesus Christus. Gott schickt seinen Sohn, „damit er vormachen kann, wie leben (das Leben) geht“, sagt Beck und ermutigt dabei das Auditorium, viel in der Bibel zu lesen und besonders die großen Ich-Worte Jesu zu meditieren und zu bedenken.

Jesus sagt im Johannesevangelium (14,6): „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Die Wahrheit ist kein Abstraktum, sie ist etwas Lebendiges, ja eine lebendige Person, die wir nicht einfach haben und fixieren können. Das Lebendige ist einem steten Wandel unterworfen, es verändert sich. Wer also wissen will, „wie leben geht“, soll auf Jesus Christus schauen. Da nun Jesus Christus - wie die Kirche lehrt - „wahrer Mensch und wahrer Gott“ zugleich ist, können wir in ihm auch die Ikone Gottes, das Bild Gottes, sehen. Gott ist der Ursprung von allem, er wird Mensch. „Die göttliche Vernunft, die Logos Gottes, zeigt sich als Mensch - ist den Menschen nahe“, so Beck wörtlich.

Und noch ein weiteres christliches Grunddogma - die Dreifaltigkeit Gottes - wird vom Referenten in der Manier eines Schnellzeichners skizziert: „Der Urgrund des Seins ist GOTT VATER als der Schöpfer, derselbe Grund in mir ist der HEILIGE GEIST und derselbe Grund zwischen uns ist JESUS CHRISTUS.“ Gott ist bereits entfaltet. Der Mensch soll sich (noch) entfalten, stellt Beck thesenhaft fest.

Liebe ist verbindlich

Im zweiten Teil seiner Ausführungen entwarf Matthias Beck Grundlinien einer christlichen Spiritualität. Das Christentum sei trotz aller diesbezüglichen Zuschreibungen keine Moralreligion, sondern vielmehr eine Beziehungsreligion, eine sehr spirituelle Religion der Liebe. Wenn Augustinus schrieb: „Liebe, und dann tu, was du willst“, ist damit nicht einer großen Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Liebe bindet und hat mit Verbindlichkeit zu tun! Beck betonte, dass jeder (!) Mensch einen spirituellen Auftrag habe. Der Mensch müsse hinhören auf den göttlichen Anspruch in ihm selbst, dann kann ihm die so notwendige „Unterscheidung der Geister“ gelingen. „Der ganze Weg des Christentums sei eigentlich ein Heilungsweg“, sagte Beck, und der Heilige Geist treibe die Menschen an, ihren Weg entschieden zu gehen.

Du bist ein Tempel des Heiligen Geistes

Es gibt keine Religion, in der vom einzelnen Menschen so groß gesprochen wird, wie im Christentum. Jeder einzelne ist - wie Paulus im 1. Korintherbrief schreibt - ein „Tempel des Heiligen Geistes“. Die eigentliche Kathedrale sei nicht aus Stein gebaut, sagte Beck, „die eigentliche Kathedrale Gottes ist jeder Mensch“. Du bist alles! - Die Kirchen und Pfarrgemeinden sollen dem einzelnen Menschen helfen, dass er er selbst werden kann. Der einzelne muss gut in Gott verankert sein, damit er letztlich nichts Innerweltliches verabsolutiert.

Matthias Beck: "Das Andocken an Gott führt mich in meine Freiheit"

Das Andocken an Gott führe in die Freiheit, betonte Beck, und formulierte den paradoxen Satz: „Die Abhängigkeit von Gott lässt mich zu mir selber kommen, lässt mich zu meinem Wesen finden.“ Die Anbindung an Gott mache frei, weil diese göttliche Kraft den Menschen von innen durch das Leben führt. Den zahlreich erschienenen Zuhörern gab der Referent abschließend einen Appell mit auf den Weg: „Geht in die Stille, lest die Bibel, lernt Jesus kennen und diese leise und präzise Stimme in euch, die euch frei macht. Dann macht das Leben Freude, es erblüht und wird bunt!“