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Vatikan: Parolin und Benigni von Papstbuch begeistert

Buch von Papst Franziskus über die Barmherzigkeit wurde im Vatikan vorgestellt.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und der italienische Schauspieler, Komiker und Oscar-Preisträger Roberto Benigni bei der Buchpräsentation (© Foto: Screenshot / Euronews (Youtube))
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und der italienische Schauspieler, Komiker und Oscar-Preisträger Roberto Benigni bei der Buchpräsentation (© Foto: Screenshot / Euronews (Youtube))

Vatikanstadt, 12.01.2016 (Kathpress) - In Rom ist am Dienstag das neue Interviewbuch von Papst Franziskus vorgestellt worden. Es trägt den Titel "Der Name Gottes ist Barmherzigkeit" und beinhaltet ein Gespräch zwischen dem Papst und dem italienischen Journalisten Andrea Tornielli. Es ist in deutscher Übersetzung im Münchner Kösel-Verlag erschienen. In dem Buch erläutert Franziskus, warum für ihn die Barmherzigkeit im Mittelpunkt des Christentums steht. In einfacher und direkter Sprache fasst er weitere Gedanken zusammen und wendet sich gegen Selbstgerechtigkeit, Korruption, Anmaßung und Scheinheiligkeit.

Außerdem gewährt Franziskus Einblicke in seine Zeit als Priester in Argentinien. Er erzählt von Priestern, die ihn geprägt und einfachen Menschen, die ihn mit ihrem Glauben beeindruckt haben. Das Buch erscheint in 86 Ländern, neben Italienisch und Deutsch auch in Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch.

Bei der Präsentation in Rom sprach neben Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin auch der italienische Schauspieler, Komiker und Oscar-Preisträger Roberto Benigni. In seiner humoristischen Rede zeigte dieser sich begeistert von Papst Franziskus und seiner Botschaft an die Welt. 

Benigni, der 1997 mit seinem Film "Das Leben ist schön" weltberühmt wurde, sagte, für ihn sei die Freude das Wesensmerkmal des christlichen Glaubens. Dieser habe mit fröhlichen Menschen begonnen.

Parolin führte aus, der Papst liefere in dem Buch keine kuriosen Anekdoten oder konkrete Stellungnahmen zur Reform der Kirche oder zur Weltpolitik. Er mache aber deutlich, dass die Barmherzigkeit gegenüber den Mitmenschen die Leitlinie für den einzelnen wie für den Umgang zwischen Staaten sein müsse.

In der Haft bekehrt 

Eingeladen zu der Buchvorstellung war auch der aus China stammende Häftling Zhang Agostino Jianqing. Der frühere Buddhist, der in Italien eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt und sich im vergangenen Jahr im Gefängnis hat taufen lassen, berichtete über seine Bekehrung zum Christentum. Entscheidend sei dabei für ihn die christliche Lehre von Vergebung und Barmherzigkeit gewesen, so der 30-Jährige. In dem Buch sagte Franziskus unter anderem, er fühle sich Häftlingen besonders verbunden. Jeder Mensch, auch der Papst, sei ein Sünder und auf die göttliche Barmherzigkeit angewiesen. Bei seinen Reisen besucht Franziskus häufiger Gefängnisinsassen und ermutigt sie, den Glauben an die Liebe Gottes nicht zu verlieren.

Papst kam gerade aus Paraguay zurück

Im Juli 2015 wurde das Interview im Gästehaus Santa Marta aufgenommen, das auch Wohnort des Papstes ist. Er war gerade erst von seiner Südamerikareise zurückgekommen. Mit drei Aufnahmegeräten war Tornielli ausgestattet. 

Hauptthema des Gesprächs war die "Barmherzigkeit" mit Blick auf das "Jahr der Barmherzigkeit", welches fünf Monate später eröffnet wurde. Gebete, Reflexionen des vorhergehenden Pontifikats und das Bild der Kirche als Feldlazarett seien die Gründe dafür gewesen, ein Jahr der Barmherzigkeit auszurufen, betonte der Papst. Es sei jetzt der "richtige Zeitpunkt dafür", denn wir würden ein doppeltes Drama erleben: der Sinn der Sünde sei verloren gegangen und daher sei die Menschheit verletzt. Geschwächt von den vielen "sozialen Krankheiten" - der Armut, der Ausgrenzung, Menschenhandel, Gleichgültigkeit.

Sich-Schämen ist Gnade 

Ein zentraler Punkt ist die päpstliche Reflexion zum Thema der "Schande". Dass Sich-Schämen sei eine "Gnade", denn sie rufe dem Sünder die Sünde erst ins Bewusstsein. Hier betonte der Papst die Notwendigkeit des "Zuhörens", das "Apostolat des Ohres". Denn die Menschen hätten heute am notwendigsten, dass ihnen jemand Zeit schenke und ihnen wirklich zuhöre. Daher würden viele einen Wahrsager aufsuchen. Außerdem betonte der Papst, dass jeder Beichtende einen Segen bekomme, auch wenn er das Sakrament der Beichte und der Absolution nicht empfangen könne.

"Seid liebevoll zu diesen Personen" - richtete der Papst sein Wort an die Geistlichen - "und schickt sie nicht weg", denn "die Menschen leiden". Die Verantwortung des Beichtvaters sei genau aus diesem Grund nicht zu unterschätzen. Er erzählte hier die Geschichte seiner Nichte, die standesamtlich mit einem äußerst religiösen Mann verheiratet war, der jedoch noch keine kirchliche Ehe-Annullierung hinter sich hatte. Er bat bei der Beichte daher nicht um Absolution, sondern um einen Segen.

Man gehe nicht zur Beichte, um "verurteilt zu werden", sondern um etwas Größeres als eine Verurteilung zu erleben, nämlich um die Barmherzigkeit Gottes anzutreffen. Daher sei die Beichte, so der Papst, weder eine Wäsche, "wo die Sünde, wie ein Fleck nach einer Trockenwäsche einfach weg sei" - noch ein Foltersaal, wo mancher Beichtvater in einem "etwas krankhaften Exzess von Neugier" das Gespräch in eine Befragung verwandle.

Um die Barmherzigkeit Gottes empfangen zu können, sei es notwendig, sich auch als Sünder zu "erkennen", betonte der Papst. Denn das "Herz in Stücken" sei die größte Gabe für Gott, sagte Franziskus. Damit meine er, dass wir unsere Sünde erkennen, die Schuld selbst sehen, dass sei bereits der große Schritt in die richtige Richtung. Die Barmherzigkeit sei unendlich groß, betonte er, viel größer als jede Sünde.

Papst Franziskus selbst definierte sich als "Mann, der die Barmherzigkeit Gottes brauche". Er rate dem Beichtenden, "nicht hochmütig, sondern ehrlich seine Sünden zu betrachten", und dem Beichtvater, "die Sünden mit Zärtlichkeit zu betrachten und auch die eigenen Sünden nicht zu vergessen". Auch wenn die Kirche die Sünde verurteile, so hätte sie immer offene Arme für den Sünder, betonte der Papst in dem Interview mit Tornielli. In einem Verhältnis von "70 zu 7", also immer, müsse man vergeben, so der Papst. Keine Sünde, so schlimm diese auch sei, sei nicht zu vergeben. Die Kirche sei nicht auf dieser Welt, um zu "verurteilen, aber um ein Treffen von inniger Liebe und der Barmherzigkeit Gottes zu ermöglichen".

Würde auch der Prostituierten sehen

Aufgabe der Kirche sei es "die bedürftigen Menschen aus ihrer Not" abzuholen, dies jedoch mit Achtung ihrer Menschenwürde. Zuhören, Verständnis, Vergebung und Liebe seien die Stichwörter. Aus Buenos Aires erinnere er sich an eine Frau, die ihren Körper verkaufen musste, um ihre Kinder zu erhalten. Sie habe sich bei ihm dafür bedankt, dass er sie immer mit "Frau" ansprach.

Auf die Frage über den Umgang mit Homosexuellen antwortete Franziskus wie bereits bei seiner Rückreise von Rio de Janeiro 2013: "Wenn eine Person homosexuell ist, den Herren sucht und einen guten Willen zeigt, wer bin ich um zu urteilen?" Er bevorzuge die Ausdrucksweise "homosexuelle Personen", denn so würde die Person in ihrer gesamten Würde und Menschheit vorangestellt; im Italienischen steht die Person vor dem Adjektiv: "persone omosessuale".

Die "Doktoren des Rechtes" seien gegen Gott gewesen, so Franzikus. Logik von Jesus sei, das Böse in Gutes zu verwandeln, die weit Entfernten erreichen und sie zu retten und die Ausgegrenzten zu integrieren.

Menschen mit einer kranken Seele brauchten offene Türen, keine Verurteilung, keine verschlossenen Türen, keine Ausgrenzung. Die Christen dürften nicht das auslöschen, was der Heilige Geist im Herzen des Sünders anzünde, so der Papst. 

Er bezog sich in diesem Zusammenhang auf zu strenge Gesetze, die den Menschen nur die Türen vor den Augen zuwerfen würden und auch auf Kleriker, die sich zu sehr an der Glaubenslehre festhalten. Er nannte hierfür auch Beispiele - wie zum Beispiel eine Frau, die 500.000 Dollar für einen Ehe-Annullierungsprozess hätte zahlen sollen, oder die Verweigerung einer Beerdigung eines Kindes, weil es nicht getauft war.

Eine sehr ausführliche Antwort machte Franziskus auf die Frage nach der Korruption. Sie sei "die fortgeschrittene systematische Sünde, die zu einer Lebensart werde". Der Korrupte sündige ohne zu bereuen, fingiere sein christliches Dasein und komme mit seinem Doppelleben von einem Skandal zum nächsten. Er denke, er müsse nicht mehr um Vergebung bitten. Mit seinem "Engelsgesicht" hinterziehe er Steuern, kündige Angestellte, beute Schwarzarbeiter aus und gebe dann mit seiner "Schlauheit" an - vielleicht sogar in der Messe am Sonntag. "Sünder sind also zum Heiligen Jahr eingeladen, Korrupte nicht", so Franziskus.