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Kärntner Schriftstellerin Maja Haderlap setzt Wiener Poetikdozentur fort

Vorlesungsreihe der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät über Religion und Literatur wir am 19. November vorgesetzt

Wien, 15.11.2019 (KAP) - Mit einer Vorlesung der Kärntner Schriftstellerin Maja Haderlap und einer Veranstaltung über den deutschen Philosophen Hans Blumenberg wird im November die "Poetikdozentur Literatur und Religion" der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät fortgesetzt. Die Vorlesungsreihe beschäftigt sich seit 2016 mit religiösen Motiven in der Gegenwartsliteratur, bisher kamen prominente Literaten wie Sibylle Lewitscharoff, Michael Köhlmeier, Nora Gomringer, Alois Brandstetter, Barbara Frischmuth und zuletzt der deutsche Romancier Hanns-Josef Ortheil zu Wort. Bachmannpreisträgerin Haderlap hält am 19. November eine Vorlesung - ihre erste in Wien - unter dem Titel "Das Ich im Wir"; am 30. November folgt die Österreichpremiere eines Films von Christoph Rüter über den 1996 verstorbenen Hans Blumenberg.

Ziel der Wiener Poetikdozentur ist es nach den Worten des Initiators, des Theologen Jan-Heiner Tück, jene Räume auszuleuchten, "in denen sich Literatur und Religion berühren, wenn es um menschliche Grundfragen geht".

Maja Haderlap (Archivfoto: KH Kronawetter / Internetredaktion)
Maja Haderlap (Archivfoto: KH Kronawetter / Internetredaktion)

Seit dem Roman "Der Engel des Vergessens" zählt Maja Haderlap zu den wichtigsten Autorinnen des Landes. 2018 hielt die Kärntner Schriftstellerin und Dramaturgin die Festrede zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik Österreich, in Kürze wird sie mit dem Österreichischen Kunstpreis 2019 ausgezeichnet. Geschichte, Identität, Erinnerung sowie deren politische Bedeutung sind laut Ankündigung Kernthemen des Schaffens Haderlaps. Ihre Vorlesung hält sie am Dienstag, 19. November, um 18.30 Uhr im Hörsaal 1 der Wiener Uni-Hauptgebäudes.

In Haderlaps Debüt-Roman "Der Engel des Vergessens" erkennt Poetikdozentur-Initiator Tück das Grundmotiv rettenden Eingedenkens, das den Verstummten und Stimmlosen eine Stimme gibt, das Vergessenes und Verdrängtes neu in die Gegenwart holt. Zugleich blende der Roman immer wieder Frömmigkeitspraktiken ein. Die Ambivalenz der Riten komme deutlich zum Ausdruck, wenn sie einerseits Halt in haltlosen Situation geben, andererseits nur noch aus Routine beibehalten werden und so den inneren Kontakt zur Lebenswelt verlieren. Der Roman habe klar auch eine politische Dimension, indem er an den Widerstand der Kärntner Slowenen gegen die Nazis erinnere. Die Partisanen und ihre Familien haben die ganze Härte der totalitären Gewalt abbekommen - ein Leid mit Folgen, das in der Nachkriegszeit in Österreich erst spät Würdigung und Anerkennung gefunden hat Überzeugend zeige Haderlap auf, wie durch die Erinnerung an die strukturelle Benachteiligung von Minderheiten die "Sensibilität für Benachteiligungen und Unmenschlichkeiten in der Gegenwart geschärft" werden könne. Insofern sei Haderlaps Buch ein "Appell zur Wachsamkeit, wie mit Menschen umgegangen wird, die keine Sprache und keine Lobby haben".

Film und Podiumsdiskussion über Philosoph Blumenberg

Für Samstag, 30. November, um 12 Uhr ist im Rahmen der Poetikdozentur im Wiener Votivkino eine Vorführung zu einem einflussreicher deutschen Denker angekündigt: "Hans Blumenberg: Der unsichtbare Philosoph" lautet der Titel der erstmals in Wien gezeigten Doku von Christoph Rüter. Darin machen sich drei Weggefährten auf die Suche nach einem Autor, der seine Zurückgezogenheit kultivierte und in den letzten Lebensjahren die "Höhle" seiner Schreibstube kaum noch verließ. Im Zentrum des monumentalen Werks Blumenbergs steht der Mensch, der um seine Selbstbehauptung gegen den "Absolutismus der Wirklichkeit" kämpft. Im Anschluss an den Film gibt es eine Podiumsdiskussion mit dem Regisseur und einigen Blumenberg-Kennern.

Am 21. Jänner 2020 folgt ein weiterer Poetikdozentur-Termin: Barbara Honigmann spricht um 18.30 Uhr im Hörsaal 1 zum Thema "Kafka und Proust: Schriftsteller sein, Jude sein".

Neuer Sammelband zur Poetikdozentur erschienen

Gesammelt finden sich die Vorträge der Wiener Poetikdozentur Literatur & Religion in einer eigenen Publikationsreihe im Herder-Verlag. Inzwischen ist der vierte Band der Reihe unter dem Titel "Die Kunst umspielt das Geheimnis. Literarische Annäherungen" erschienen. Er versammelt u.a. die Poetikvorlesungen von Michael Köhlmeier, Andreas Maier, Marion Poschmann, Hartmut Lange, Ilija Trojanow und Barbara Frischmuth.

O-Töne des Interviews mit Jan-Heiner Tück können unter www.kathpress.at/audio abgerufen werden.