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Internetredaktion der Diözese Gurk

Innere Blindheit

Geistlicher Impuls zum 4. Fastensonntag von Stadtpfarrer Christoph Kranicki

Jesus heilt einen Blinden (Darstellung/Foto: El Greco, Public domain, via Wikimedia Commons)
Jesus heilt einen Blinden (Darstellung/Foto: El Greco, Public domain, via Wikimedia Commons)

Religiöse Funktionen und Ämter können blind machen – das zeigen uns die Pharisäer im heutigen Evangelium (Joh 9,1-41). Sie wissen besser, was erlaubt und was unerlaubt, was richtig und was falsch ist, und von oben herabschauend, überzeugt von eigener Unfehlbarkeit und gesetzlicher Korrektheit, verurteilen und kritisieren sie alles, was zu ihrer Denkweise nicht passt.

  • Meine Position, Funktion, Dienstjahre, Kompetenzen, Erfolge… – Haben sie vielleicht auch mich zu einem den Pharisäern Ähnlichen gemacht, der von der eigenen Wahrheit überzeugt ist und alles andere nur kritisch betrachtet?
  • Gibt es in meinem Leben mehr Moralismus, der verurteilt, oder mehr Barmherzigkeit, die versucht, immer zu heilen?
  • Gibt es in meinem Herzen blinde Flecken? Nehme ich mich als heilungsbedürftig wahr oder sehe ich mich als vollkommen an und verschließe mich den auch an mir sich ereignen könnenden Wundern Jesu?
  • Was engt mich ein? Was verhindert die innere Weite?

Gegenüber dem traurigen Bild der Pharisäer präsentiert uns das heutige Evangelium einen namenlosen blinden Menschen, der das Licht der Welt nie erblickt hat. Seine Krankheit, bezeichnet als Strafe Gottes für die Sünde, wird aber zum Ort der Gottesbegegnung, zu einer Chance, von Jesus berührt und geheilt zu werden, und das auf allen Ebenen:

  • Er wird von seiner Krankheit geheilt, er wird von der Last der Blindheit befreit. Er sieht das Licht und die ganze Welt. Er bekommt nicht nur eine neue Lebensqualität, sondern auch eine neue Lebensperspektive und seine ursprüngliche Würde.
  • Nach dieser äußeren Heilung geschieht aber das zweite Wunder: Die innere Heilung. Bewusst seiner Lebensgeschichte und seiner Identität („Ich bin es“), bekennt er demütig seinen Glauben an Jesus - den Menschensohn. Es geschieht das Wunder des Glaubens: „Ich glaube, Herr!“.

Statt Diener der Strukturen, die blinde Wege voller menschlicher Effizienz und gesellschaftlicher Anerkennung suchen, sind wir eingeladen, demütige Diener Jesu zu bleiben: Konsequent gegen jede Heuchelei aufzutreten und liebevoll, mit Geduld und Milde, die Blindheit unserer Schwestern und Brüder zu berühren, um Lichter der Hoffnung und der Vergebung in der Dunkelheit zu entzünden.

Nicht Titel und Funktionen, nicht Dienstjahre und zahlreiche Erfahrungen, sondern das Achten der Werteskala Jesu behütet uns vor der inneren Blindheit. Überall dort, wo Kriterien des Nutzens, des Gefallens, des Ansehens wichtiger sind als Jesus selbst, muss eine Änderung der Denkart geschehen.

Jesus nimmt jede Blindheit weg und schenkt uns sein Licht.

Mit Papst Franziskus beten wir:
„Jesus, wir glauben, dass dein Licht größer ist als all unsere Dunkelheit; wir glauben, dass du uns heilen kannst, dass du unsere Geschwisterlichkeit erneuern kannst, dass du unsere Freude vermehren kannst; und mit der ganzen Kirche rufen wir zu dir, alle zusammen: Komm, Herr Jesus! Komm, Herr Jesus! Komm, Herr Jesus!“