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Internetredaktion der Diözese Gurk

Flüchtlinge: Kärntner Religionsvertreter appellieren an Bundeskanzler Kurz

Bischof Marketz, Superintendent Sauer u.a. treten für Mut machende, von Menschenrechten geleitete Flüchtlingspolitik ein

Klagenfurt/Wien, 06.03.2020 (KAP) Für eine Mut machende, von den Menschenrechten geleitete Flüchtlingspolitik haben sich Bischof Josef Marketz und andere Kärntner Religionsvertreter bei Bundeskanzler Sebastian Kurz eingesetzt. Die derzeit dramatische Lage der Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze war Anlass für einen am Freitag veröffentlichten Offenen Brief an den Regierungs-Chef, den neben Marketz auch der evangelische Superintendent Manfred Sauer, der Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinde in Kärnten, Adnan Gobeljic, Caritasdirektor Ernst Sandriesser und Diakonie-Rektor Hubert Stotter unterzeichneten.

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Ihr gemeinsamer Appell unter dem Titel "Europa ist mehr!" (mit gleichlautendem Hashtag #europa.ist.mehr): Kanzler Kurz soll sich "für eine Politik einzusetzen, die Mut macht, differenzierte Lösungen findet und zulässt, sowie grundsätzlich von einem Interessensausgleich und der Unteilbarkeit der Menschenrechte geleitet ist". Die aktuelle Situation in der türkisch-griechischen Grenzregion veranschauliche einmal mehr, "wie wichtig es ist, nationale und transnationale Herausforderungen im Themenkomplex Asyl, Migration und Integration aktiv zu bearbeiten, konstruktive Lösungen zu finden und solidarisch umzusetzen", betonen die Religionsvertreter.

Auch nicht zu handeln habe einen Preis, der langfristig in einer "schleichenden Entsolidarisierung" der Gesellschaft liege, warnen die Unterzeichner weiter. "So sollten wir allein schon um unserer selbst willen hinsehen, hinterfragen und helfen, denn die Wahrung der eigenen Rechte hat historisch gesehen schon oftmals mit dem Eintreten für die Rechte anderer begonnen." Mit ihrem Schreiben wollen die Kirchenvertreter gemeinsam "für Solidarität und die Wahrung der Menschenrechte bei uns und in Europa eintreten".

Das Friedens- und Einheitsprojekt Europa sei "mehr, als es die Schlagzeilen vieler Medien und die Aussagen einiger Politiker der letzten Zeit erwarten lassen". Die Religionsvertreter betonen weiter: "Wir begreifen uns als Teil der Gesellschaft, der sich bewusst ist, dass wir unserer humanitären Verantwortung im In- und Ausland mit einem fairen Beitrag gerecht werden müssen, unabhängig von dem, was gerade opportun erscheint."

Evangelische Kirche für Evakuierungen

Einen weiteren Appell richteten am Freitag der evangelische Bischof Michael Chalupka und Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser an die Bundesregierung. Gemeinsam mit anderen europäischen Ländern solle Österreich unbegleitete Minderjährige sowie Familien mit Kindern aus den Lagern auf den griechischen Inseln evakuieren. Schutzsuchende würden dort "unter menschenwürdigen Umständen ausharren". Die evangelische Kirche und ihr Hilfswerk Diakonie erklären sich bereit, vorhandene Kapazitäten zur Unterbringung zu nützen. Allein die Diakonie könne sofort 230 Menschen in ihren Grundversorgungsquartieren unterbringen.

Bischof Chalupka begrüßte die Initiative von Bürgermeistern, die "in dieser humanitären Notlage" ebenfalls Verantwortung übernehmen wollten. Gemeinde, Zivilgesellschaft inklusive Kirchen und Hilfsorganisationen zeigten seit langem, "dass sie sich gemeinsam mit Freude und Gewinn für alle vor Ort für Menschlichkeit stark machen und erfolgreich Schutzsuchende aufnehmen und integrieren können".

Chalupka mahnte europäische Werte ein, die gerade für Menschen in Not gelten würden, und zitierte dazu Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union: "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören."

"Die Menschen, die zum Spielball politischer Mächte geworden sind, benötigen dringend unsere Hilfe und Solidarität", betonte der lutherische Bischof. Gemeinsam mit Diakonie-Direktorin Moser bat er um Spenden für die an der türkisch-griechischen Grenze angelaufene Soforthilfe sowie für Menschen, die in Syrien und den Nachbarländern auf der Flucht vor Krieg sind.

Von "menschenunwürdigen Zuständen an der EU-Außengrenze" sprach am Freitag auch die "AG Globale Verantwortung". Auch dieses Bündnis entwicklungspolitischer Organisationen - darunter viele kirchliche - appellierte an die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene rasch für eine Lösung einzusetzen.