Pfarre

Katholische Hochschulgemeinde

Mehr Kopf als Tuch

Vortrag und Gespräch

Am Freitag, den 8. März 2019 (internationaler Frauentag), fand an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt ein Vortrag zum Thema „Mehr Kopf als Tuch“ statt. Der Veranstaltungstitel bezog sich auf den gleichnamigen Sammelband der Herausgeberin Mag.a Amani Abuzahra. Die Politik- und Rechtswissenschaftlerin Dr.in Kathrin Stainer-Hämmerle und die Professorin für Philosophie und interkulturelle Pädagogik Mag.a Amani Abuzahra sprachen dabei über die Kopftuchdebatte und beantworteten im Anschluss Fragen aus dem Publikum.

 

Dr.in Kathrin Stainer-Hämmerle (© KHG)
Dr.in Kathrin Stainer-Hämmerle (© KHG)

Dr.in Kathrin Stainer-Hämmerle begann ihren Vortrag damit, auf den vollen Saal einzugehen. Sie sah darin ein Zeichen dafür, dass das Thema immer noch sehr polarisierend ist. Außerdem ging sie auf den Weltfrauentag ein und sprach davon, dass es mehr weibliche Vorbilder brauche, um die Rollenbilder weiter verändern zu können.

 

Bei der Kopftuchdebatte kommt es ihres Erachtens zu einem Konflikt zwischen zwei Grundrechten: das Recht auf Religionsfreiheit kollidiert mit dem Gleichheitsrecht. Das Recht auf Religionsfreiheit soll Glaubensfreiheit ermöglichen und die Möglichkeit bieten, die eigene Religion auszuüben. In der Kopftuchdebatte stellt sich die Frage, ob dieses Recht in einem Gegensatz zum Gleichstellungsrecht steht. Durch ein Kopftuchgebot kann die Gleichstellung von Mann und Frau angezweifelt werden.

Zudem erörterte Frau Stainer-Hämmerle, dass es nicht nur in der Kopftuchdebatte zu einer Kollision von Grundrechten kommt. Den Karikaturenstreit und die Beschneidungsdebatte nannte sie als weitere Beispiele, bei denen verschiedene Grundrechte im Widerspruch zueinander stehen. Ihrer Meinung nach soll die Mehrheit (die Politik) entscheiden, welches Grundrecht als wichtiger betrachtet wird.

Erschreckend findet Frau Stainer-Hämmerle, mit welchem Hass Frauen mit Kopftuch im öffentlichen Raum begegnet wird. Sie selbst hat allerdings auch etwas gegen Vereine und Religionen, die Frauen als „minderwertig“ oder ihren Körper als „sündig“ deklarieren. Zudem versteht sie nicht, warum die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich sich gegen ein Kopftuchverbot im Kindergarten ausgesprochen hat, da es dafür ihres Erachtens keine religiöse Begründung gibt.

Frau Stainer-Hämmerle wünscht sich Bildung, besonders auch politische Bildung, um zukünftig besser mit solchen Debatten umgehen zu können.

 

Mag.<sup>a</sup> Amani Abuzahra (© KHG)
Mag.a Amani Abuzahra (© KHG)

Mag.a Amani Abuzahra begann ihren Vortrag ebenfalls mit einer Würdigung des Weltfrauentages und erinnerte die Anwesenden daran, dass Frauen die Triebfeder der Gesellschaft sind. Dabei geht es für sie darum, dass Frauen ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrnehmen.

 

Sie will als Frau dazu beitragen, Klischees über (muslimische) Frauen zu reduzieren. Als Frau mit Kopftuch kann man das ihres Erachtens relativ leicht: indem man gut Deutsch spricht und auch ein wenig Wissen mitbringt. Damit kann man bereits für Erstaunen sorgen. Das zeigt, wie ausgeprägt gewisse Vorurteile in Europa sind.

Des Weiteren ging Frau Abuzahra darauf ein, dass die vorherrschende Emotion in Europa Angst ist. Das lässt sich unter anderem an der an Sicherheit orientierten Politik messen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Angst nicht für polarisierende Zwecke missbraucht wird. So verhindert die Angst, direkt mit muslimischen Frauen ins Gespräch zu kommen, und stattdessen wird über sie gesprochen. Auch medial wird nicht widergespiegelt, dass es eine breite Facette an muslimischen Frauen gibt und nicht alle gleich sind. Medial würde sie sich außerdem wünschen, dass die Öffnung von einigen muslimischen Vereinen usw. mehr Anklang finden könnte.

Zudem fällt ihr in Diskussionen des Öfteren auf, dass Kategorien miteinander vermischt werden. So scheint es ein Widerspruch zu sein, wenn man Muslimin und Österreicherin ist. Dabei handelt es sich einerseits um das persönliche Religionsbekenntnis und andererseits um die Nationalität.

Frau Abuzahra ging auch auf einen Kommentar von Frau Stainer-Hämmerle ein, demnach Religionen den weiblichen Körper zeitweise als „minderwertig“ beschreiben. Sie sagte dazu, dass der Mensch aus islamischer Perspektive nie unrein oder minderwertig ist. Das gilt auch für die Frau während der Menstruation.

Für die Zukunft wünscht Mag.a Amani Abuzahra sich, dass die Menschen weiter aufeinander zugehen und dass alle Menschen die Chance auf eine bessere Bildung bekommen und diese auch wahrnehmen. Unter Bildung versteht sie dabei besonders auch die Bildung des Herzens. Für sie ist es wichtig zu erkennen, dass einem der andere nichts wegnimmt, nur weil dieser anders lebt, liebt oder ausschaut.

© Katja Salzer