Pfarre

Katholische Hochschulgemeinde

Kreuz gegen Halbmond

Woher kommt der Hass auf Muslim:innen? Warum prägt feindliches Denken gegenüber dem Islam unsere Gesellschaft, obwohl der Mittelmeerraum seit Jahrhunderten ein geteilter Kulturraum ist?

Die Erziehungswissenschaftlerin und Professorin für Critical Diversity Studies Iman Attia sieht die Ursprünge für den Hass auf Muslim:innen vor allem in der 1492 stattfindenden „Reconquista“, der Rückeroberung der Iberischen Halbinsel durch die Christ:innen. Iman Attia interpretiert diese nicht als Rückeroberung, sondern als erstmalige Eroberung.

Seit 711 lebten Jüd:innen, Christ:innen und Muslim:innen unter arabischer Herrschaft friedlich miteinander. Der Islam machte aus Europa ein interkulturelles und interreligiöses Zentrum in dem die Wissenschaft erblühte. Die Loyalität zu einem Herrscher hing zu dieser Zeit noch nicht so stark mit der Religionszugehörigkeit zusammen. Dies änderte sich im Zuge der Reconquista. Jüd:innen und Muslim:innen standen ab diesem Zeitpunkt unter dem Generalverdacht, einem christlichen Oberhaupt gegenüber nicht treu sein zu können. So kam es zu Zwangskonversionen, Vertreibungen und Deportationen. Zu dieser Zeit wurde ein extrem negatives Bild von Jüd:innen und Muslim:innen propagiert, das sich heute in vielen Köpfen festgesetzt hat. [1]

Obwohl aktuell in etwa eine Million Muslim:innen in Österreich leben und der Islam seit 1912 als Religionsgesellschaft anerkannt ist, werden Muslim:innen nicht als natürlicher Teil der Gesellschaft angenommen. Stattdessen erfahren sie täglich verbale und körperliche Angriffe. Besonders seit den Terroranschlägen auf das World Trade Center wird der Islam verstärkt mit kriegerischen Handlungen in Verbindung gebracht. Dabei bedeutet das Wort „Islam“ nichts anderes als „Friede“. Friede ist ein Ziel, das den Islam mit dem Christentum und allen Weltreligionen verbindet. Kommt es zu Religionskriegen, geht es dabei nicht um den Glauben, sondern um Geld und Macht.

In der Öffentlichkeit stößt man auch bei uns in Kärnten immer wieder auf Darstellungen, die eine weniger friedvolle Botschaft der Religionen nahe legen. Ein Beispiel dafür ist die Dreifaltigkeitssäule am Alten Platz in Klagenfurt. Anlass für ihre Errichtung im Jahr 1681 bot die Verschonung des Landes vor der Pest. Nach der Belagerung und der anschließenden sogenannten Befreiung Wiens von den Türken wurde sie durch eine steinerne Ausführung ersetzt, die den Charakter einer Siegessäule erhielt. An ihrer Basis erinnert sie an die Pestzeit, bekrönt wird sie vom besiegten Halbmond, über dem das christliche Kreuz steht.

Gerade am heutigen 11. September möchte ich dazu aufrufen, sich bewusst mit solchen Denkmälern und ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Eine weitere Möglichkeit bietet der persönliche Austausch mit Gläubigen, die man beispielsweise in Moscheevereinen antreffen kann. So sind Interessierte, laut Suvad Emric, dem Obmann des bosnischen Kulturvereines, herzlich eingeladen, in der neu eröffneten Srebrenica Blume Moschee, in der Klagenfurter Ebenhofstraße, mit Gläubigen ins Gespräch zu kommen. Denn nur vermehrtes Wissen über die Kultur und Religion von anderen können die Vorurteile und Ängste langfristig ausräumen.

[1] Ley, Julia: Woher kommt der Hass auf Muslime? In: Fluter. URL: https://www.fluter.de/woher-kommt-der-hass-auf-muslime-interview-iman-attia (abgerufen am 30.August 2022).