Pfarre

Villach-St. Nikolai

Franziskanische Selige und Heilige

Franz von Assisi

Fresko in Subiaco<br />Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Fresko in Subiaco
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

„Der Herr segne dich und behüte dich.
Er zeige dir sein Angesicht und erbarme sich deiner.
Er wende dir sein Antlitz zu und schenke dir Frieden.“

Giovanni Battista Bernardone, der Kaufmannssohn des Tuchhändlers Pietro di Bernardone und seiner Frau Pica, wurde 1181/82 in Assisi geboren. Von seinem Vater erhielt er den Rufnamen Francesco. Die Familie gehörte der Gruppe der Minores an, errang aber durch das aufstrebende Geschäft des Tuchhandels und dem Aufkommen der Geldwirtschaft an Wohlstand.

Darstellung der Eltern des Franziskus in Assisi<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Darstellung der Eltern des Franziskus in Assisi
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Gefangenschaft und Bekehrung

1197/98 kam es zu einem Aufstand der Bürgerinnen und Bürger von Assisi, sodass der Adel nach Perugia floh. Darunter befanden sich Favarone di Offreduccio di Bernadino und Ortolana mit ihrer Tochter Klara (1193/94-1253), die später den Klarissenorden gründete. Bei der Schlacht von Colestrada 1203 gelang es den Maiores, Assisi zurückzugewinnen. Franziskus, der beim Kriegszug gegen Perugia teilgenommen hatte, geriet dabei in Gefangenschaft. Der Arrest, der mehrere Monate dauerte, schwächte ihn und er erkrankte. Gleichzeitig war es aber eine Zeit, in der er begann über sein Leben nachzudenken und dieses eine neue Ausrichtung bekommen sollte.

Nachdem Franziskus von seiner Familie freigekauft wurde, kehrte er nach Assisi zurück, wo ein langsamer geistlicher Bekehrungsprozess begann und er schrittweise seinen aufwendigen Lebensstil, den er bis dahin gepflegt hatte, aufgab. Franziskus suchte beständig nach dem tieferen Sinn des Lebens. Er zog sich fortwährend in die Stille zurück, um eine Antwort auf die Frage, was der Herr von ihm wolle, das er tun soll, zu finden.

Die erste Beantwortung erhielt er 1206 in der kleinen Kapelle von San Damiano vor einer byzantinischen Kreuzesikone. Franziskus vernahm eine Stimme des Gekreuzigten, die zu ihm sagte, er solle seine Kirche wiederaufbauen, die zu zerfallen drohe. Er nahm das Vernommene wörtlich und begann mit der Renovierung der Kapelle.

Die zur Zeit des Franziskus dem Verfall nahe kleine Kirche San Damiano dürfte ursprünglich eine Begräbnisstätte gewesen sein. Im 7. oder 8. Jh. wurde schließlich die Kirche errichtet, welche ausschließlich dem Märtyrer Damian (ohne seinen Bruder Kosmas) geweiht wurde. Im 9. und 10. Jh. wurde das Kirchlein zu einer romanischen Landkapelle mit einem Hospiz für Pilger und zwischen dem 10. und 12. Jh. mit einem Priesterhaus erweitert. Von 1211 bis 1247 lebten dort die „Armen Herrinnen“, welche später „Klarissen“ genannt werden und die von Klara von Assisi gegründet wurden. 1225 komponierte der Poverello an diesem Ort den berühmten Sonnengesang und 1226 wurde sein Leichnam hierher hergebracht.<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Die zur Zeit des Franziskus dem Verfall nahe kleine Kirche San Damiano dürfte ursprünglich eine Begräbnisstätte gewesen sein. Im 7. oder 8. Jh. wurde schließlich die Kirche errichtet, welche ausschließlich dem Märtyrer Damian (ohne seinen Bruder Kosmas) geweiht wurde. Im 9. und 10. Jh. wurde das Kirchlein zu einer romanischen Landkapelle mit einem Hospiz für Pilger und zwischen dem 10. und 12. Jh. mit einem Priesterhaus erweitert. Von 1211 bis 1247 lebten dort die „Armen Herrinnen“, welche später „Klarissen“ genannt werden und die von Klara von Assisi gegründet wurden. 1225 komponierte der Poverello an diesem Ort den berühmten Sonnengesang und 1226 wurde sein Leichnam hierher hergebracht.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Um das Material für den Wiederaufbau der Kirche zu erhalten, bettelte Franziskus in seiner Heimatstadt und verkaufte Stoffe aus dem Geschäft seines Vaters, der ihn daraufhin im Hauskeller einsperrte, um ihn später durch den Stadtkonsul verurteilen zu lassen. Franziskus sah sich jedoch nach dem Ereignis bei San Damiano als gottgeweihter Mann. Er bestand darauf, sich ausschließlich Bischof Guido I. von Assisi (1195-1210), der die Gerichtsbarkeit über die Kleriker seiner Diözese und über alle, „die ein gottgeweihtes Leben führen wollten“, innehatte, unterstellen zu lassen. Franziskus entkleidete sich vor dem Ordinarius und bekundete damit den Verzicht auf das väterliche Erbe. Nun besaß er nichts mehr außer dem Leben, das ihm Gott geschenkt hatte und in dessen Hände er sich überließ.

Franziskus lebte darauf hin als Eremit und baute zwei weitere Kapellen in der Umgebung von Assisi auf. Erst später erkannte der Heilige, dass die Worte, die er beim Kreuz von San Damiano entnommen hatte, vor allem den Aufbau einer Kirche mit lebendigen Steinen, einer Gemeinschaft, gemeint ist.

Berufung

Im Jahr 1208 nahm Franziskus höchstwahrscheinlich am Fest des hl. Apostels Matthias an einem Gottesdienst in der Portiunkula-Kapelle teil, wo er das Evangelium der Aussendungsrede der Jünger Jesu (Mt 10,7-9) hörte. Franziskus fühlte sich davon persönlich angesprochen und dazu berufen, in Armut zu leben und sich der Verkündigung zu widmen. Der ehemalige Kaufmannsjüngling tauschte daraufhin seinen Eremitenrock mit einem Kapuzenkleid aus, verwendete statt eines Gürtels nur mehr einen Strick, verschenkte seine Schuhe und begann zur Umkehr zur Botschaft des Evangeliums aufzurufen.

Portiunkula-Kapelle<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Portiunkula-Kapelle
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Die Portiunkula-Kapelle aus dem 9. bis 11. Jh., welche zur Zeit des Franziskus verwahrlost war und die er mit eigenen Händen renoviert hatte, ist bis heute neben Assisi für den Franziskanerorden der zentrale Ort schlechthin. Hier erkannte der Poverello nicht nur seine eigene Berufung gemäß der Aussendungsrede der Jünger im Matthäusevangelium, sondern traf auch seine ersten Gefährten, die tief von seinem neuen Lebensstil beeindruckt waren. Sie schlossen sich Franziskus an und die erste Wandergemeinschaft der Minderen Brüder in spe entstand. Im Jahr 1209 übergaben die Besitzer des Ortes, die Benediktinermönche von Monte Subasio, die Kapelle und den umliegenden Wald an den ehemaligen Kaufmannssohn zum Gebrauch. Des Weiteren ist es jene Kapelle, bei der Klara von Assisi eingekleidet und der Grundstein der Gründung des Klarissenordens gelegt wurde. Auch die erste Generalversammlung und die späteren Kapitel des jungen Ordens wurden hier agehalten. Im Jahr 1216 wurde Franziskus von Papst Honorius III. (1216-1227) der sogenannte Portiunkula-Ablass (Il Perdono di Assisi) bewilligt. Voraussetzung für den vollkommenen Ablass war eine ehrliche Reue der Sünden, der Empfang des Beichtsakramentes und das Verrichten der vorgegebenen Gebete (Vater unser, Glaubensbekenntnis und Gebet auf die Meinung des Papstes), sowie die Teilnahme an der Eucharistiefeier. Am 3. Oktober 1226 verstarb der Heilige an seinem Ort der Berufung, wo bis heute die Provinzialminister meist ihre Generalkapitel abhalten.

Mündliche Bestätigung der franziskanischen Bewegung

Franziskus und seine Gefährten waren zur damaligen Zeit nicht die erste Gemeinschaft, die sich
einem Leben dem Armutsideal gemäß Mt 10,1-15 versprochen hatten und danach leben wollten. Unter anderem forderten die Waldenser und Katharer bzw. Albigenser die Kirche und das Papsttum als „abtrünnige“ religiöse Bewegungen heraus. Im Unterschied zu den Katharern bzw. Beginen distanzierte sich Franziskus jedoch nicht von Klerikern, selbst dann, wenn diese in Sünde gefangen waren. Vielmehr hob er den Gehorsam gegenüber ihnen hervor. In seinem Testament hält er diesbezüglich fest:

„Danach gab und gibt mir der Herr einen so großen Glauben zu den Priestern, die nach der Form der heiligen Römischen Kirche leben, auf Grund ihrer Weihe, dass ich, wenn sie mich verfolgen würden, bei ihnen Zuflucht suchen will. Und wenn ich so große Weisheit hätte, [...], und fände armselige Priester dieser Welt – [...] will ich nicht gegen ihren Willen predigen. Und diese und alle anderen will ich achten, lieben und ehren wie meine Herren. Und ich will in ihnen die Sünde nicht beachten, weil ich den Sohn Gottes in ihnen unterscheide und sie meine Herren sind.“

Die junge franziskanische Büßerbewegung, welche sich zunächst als kleine Gruppe ziemlich unabhängig von den kirchlichen Autoritäten entfalten konnte und denen der Schutz von Bischof Guido I. genügte, entwickelte sich in diesen innerkirchlichen Auseinandersetzungen weiter.
Wahrscheinlich durfte Franziskus mit seinen ersten Brüdern das damalige Misstrauen der kirchlichen Amtsträger und der Bevölkerung gegenüber den arm lebenden und religiösen Wanderpredigern, die auf Grund der genannten unterschiedlichen Gruppierungen vorherrschte, wahrgenommen haben. Franziskus, der keine Polemik gegen den Klerus betrieb, beschloss daher vermutlich auf Rat seines Bischofs, 1209 den Benediktinermönch und Kardinal Giovanni von San Paolo († um 1215) aufzusuchen, um mit dessen Hilfe seine Gruppe als kirchliche Gemeinschaft in Rom bestätigen zu lassen. Es kommt zu mehreren Begegnungen zwischen dem Poverello und dem Benediktinerkardinal. Franziskus lässt sich bei diesen Gesprächen trotz Gehorsam gegenüber der kirchlichen Autorität nicht darauf ein, ein Mönchsleben oder das Leben eines Eremiten anzunehmen. Vielmehr ist es dem Heiligen ein Anliegen, ein Leben gemäß dem heiligen Evangelium ohne Abstriche zu führen. Daher wird es ein paar Jahre später in der Bullierten Regel u. a. zu Beginn lauten:

„Regel und Leben der Minderen Brüder ist dieses, nämlich unseres Herrn Jesus Christus heiliges Evangelium zu beobachten durch ein Leben in Gehorsam, ohne Eigentum und in Keuschheit.“

Bullierte Regel des hl. Franziskus<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Bullierte Regel des hl. Franziskus
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Und in seinem Testament wird Franziskus festhalten:„Und nachdem mir der Herr Brüder gegeben hatte, zeigte mir niemand, was ich tun sollte, sondern der Höchste selbst hat mir offenbart, dass ich nach der Form des heiligen Evangeliums leben sollte. Und ich habe es mit wenigen Worten und schlicht aufschreiben lassen, und der Herr Papst hat es mir bestätigt.“

Nach einer Glaubensüberprüfung und Klärung dieser neuen religiösen Lebensform, wie sie Franziskus wünschte, stellte der Kardinal eine positive Bewertung aus und legte dem Papst die Angelegenheit der Büßergruppe aus Umbrien vor, der das Anliegen ebenfalls gründlich überprüfte. Obwohl nicht wirklich eine institutionelle Anerkennung oder Gewährung des propositum vitae erfolgte, erlaubte Innozenz III. der Gruppe zunächst mündlich ad experimentum ein Leben nach dem Evangelium zu führen und gestattete die lebenspraktische Predigt der Brüder innerhalb der Kirche. Die Besonderheit dieser Erlaubnis liegt darin, dass normalerweise das Predigen den Priestern vorbehalten war, Franziskus jedoch war keiner. Diese Anerkennung blieb wohl widerrufbar, bedeutete aber eine Erleichterung für Franziskus und seine Brüderschaft, ihren „Auftrag Christi“ leichter nachkommen zu können. Außerdem sollte sich mit dieser Form der mündlichen Bestätigung des Papstes zeigen, wie sich die Bewegung, welche streng nach den evangelischen Räten der Armut lebte, weiterentwickelt und inwieweit sie wirklich seitens der Kirche unterstützungswürdig ist. Feststeht, dass es zu diesem Zeitpunkt keine wirkliche (schriftliche) Bestätigung seitens des Heiligen Stuhles gab. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass Franziskus gegenüber dem Papst die professio in manus (Gehorsamsgelübde) abgelegt hatte und die Brüder auf Geheiß des Bischofs von Rom zum Gehorsam gegenüber Franziskus aufgefordert wurden. Ob Franziskus bei diesem Treffen eine Art Protoregel, deren Text nicht mehr erhalten ist, mithatte, wird bis heute in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.

Nach diesem ersten Schritt zur Institutionalisierung der Gemeinschaft schlossen sich der neuen charismatischen Bewegung immer mehr Männer an, gleich ob reich oder arm, einfach oder gebildet. Franziskus galt dabei als das „Haupt“, als „das Herz und die zielgebende Mitte der Gemeinschaft“. Selbst Frauen wie Klara von Assisi haben sich von der neuen Lebensweise angezogen gefühlt, sodass mit ihr 1211 der weibliche Zweig der franziskanischen Bewegung seinen Anfang nahm. Inwieweit sich die Brüdergemeinschaft des Franziskus selbst als Ordensgemeinschaft sah oder als einen Orden bezeichnete, ist nicht wirklich geklärt. In der Dreigefährtenlegende wird berichtet, dass sie auf Fragen vieler Menschen, woher sie seien und zu welchem Orden sie gehören würden, einfach „bekannten [...], dass sie Männer der Buße waren, gebürtig aus der Stadt Assisi“, da „ihr Orden [noch] nicht „religio“ genannt“ wurde. Im wahrscheinlich jüngeren Gründungsbericht des Ordens des Johannes von Perugia hingegen heißt es, die Brüder seien zur Matutin, jener Gebetszeit, die in Klöstern in den letzten Nachtstunden verrichtet wurde, aufgestanden.

Die ersten Kleriker baten ab 1210 um Aufnahme in die Gemeinschaft, u. a. Franziskus ́ spätere Sekretär und Beichtvater Bruder Leo. Die Brüder, welche keine stabilitas loci wie die Mönche lebten, hielten sich an einsamen Orten, in Einsiedeleien oder an den Rändern der Stadt auf. Sie arbeiteten unentgeltlich bei Bauern oder waren bei den Aussätzigen zu finden. Zu ihrem Alltag gehörte auch das Betteln um Nahrung für sich selbst oder für die Gemeinschaft Klaras in San Damiano. Die „Pilger und Fremdlinge in dieser Welt“, wie Franziskus die Gemeinschaft nach 1 Petr 2,11 in der regula bullata nennt, predigten über Buße und die Liebe Gottes und ihre Tätigkeit weitete sich über die umbrischen Grenzen aus. Bis 1224 waren sie bereits in Portugal, Spanien, Frankreich, England, Syrien, Marokko, Deutschland und Ungarn aktiv und die ersten Niederlassungen außerhalb Italiens entstanden.

Um sich über die Missionserfahrungen und die damit verbundenen Herausforderungen austauschen zu können, wurden ab dem Jahr 1212 jährlich ein „Generalkapitel“ abgehalten. Im Jahr 1215, indem auf dem Vierten Laterankonzil festgelegt wurde, dass alle neuen Ordensgemeinschaften ausschließlich bereits vorhandene approbierte Ordensregeln übernehmen dürften, haben beim Generalkapitel in Vallingegno bei Gubbio an die 300 Mitbrüder teilgenommen. Dort wurden gemeinsame Beschlüsse (schriftlich) verabschiedet, aus denen sich im Laufe der Zeit die sogenannten Konstitutionen entwickelten. Beim Kapitel im Jahr 1221 bei Portiunkula waren es nach Angaben des Chronisten Jordan von Giano (um 1195-1262) bereits um die 3.000 Brüder.

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Einsetzung eines Vikars und Kardinalprotektors

Der exponentielle Anstieg der Gemeinschaft verlief allerdings nicht reibungslos. Interne Auseinandersetzungen wurden stärker. Vor allem die Gelehrten und Oberen klagten über die fehlenden juridischen Strukturen und über die Unbestimmtheit der Kompetenzen bezüglich der Leitung. Hinzu kam die Forderung, die extreme Form der Armut, wie Franziskus sie dachte und vorlebte, zu mildern, da diese so nicht für alle lebbar sei. Mit diesen Problemen wurde Franziskus, dessen gesundheitliche Gebrechen nach seiner Rückkehr aus dem Orient im Jahr 1220 immer größer wurden, konfrontiert, sodass er sich entschied, nicht mehr die alleinige Verantwortung zu tragen. Zunächst ließ sich Franziskus in der Leitung „seines Ordens“ unterstützen, indem er einen seiner ersten Gefährten, den Juristen Petrus Cathani († 1221) als Vikar einsetzte. Dieser sollte ihm helfen, der Gemeinschaft eine Form und Ordnung zu geben. Am 29. September desselben Jahres bekam Cathani schließlich die Leitung der Gemeinschaft übertragen, nachdem Franziskus freiwillig die Leitung zurückgelegt hatte. Dies führte schlussendlich immer mehr zu einer Ausdifferenzierung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Bewegung. Allerdings verzichtete der Gründer nicht darauf, „als spirituelle Leitgestalt der Bewegung“, „auf den Orden Einfluss zu nehmen und die Richtung in die Zukunft vorzugeben“, wie durch die „Einsetzung“ eines Kardinalprotektors.

Franziskus bat den Papst um die Hilfe eines Kardinalprotektors, der sich in besonderer Weise um die Brüder kümmern möge. Im 12. Kapitel der späteren approbierten Ordensregel wird dazu bestimmt, dass der Orden immer einen Kardinal der Kirche über sich haben möge, der „die Bruderschaft lenke, in Schutz und in Zucht nehme“, damit die Einheit der regeltreuen Observanz gewährt bleibt. Dieser muss durch den Provinzialminister vom Papst erbeten werden, dem der Orden direkt unterstellt ist. Gemäß der Regel besteht somit die Aufgabe des Protektors darin, den Orden zu lenken, zu schützen und bei Bedarf zu korrigieren. In der sog. Legenda Monacensis wird geschildert, der Minister sei dem Protektor wie einem eigenen Bischof unterworfen, aber in der Jurisdiktion exemt, d. h. von einer Verbindlichkeit befreit. Erster Kardinalprotektor der Gemeinschaft war Kardinal Hugolin (1167-1241), der spätere Papst Gregor IX. (1227-1241). Er wurde bereits ab 1217 durch das Schreiben von Papst Honorius III. Litterae tuae nobis als Protektor für den weiblichen Zweig der Armutsbewegung beauftragt. Das angewandte Kirchenamt, welches eine beratende und vermittelnde Funktion hatte, aber letztlich keine jurisdiktionelle Befugnis beinhaltete (vgl. c. 499 § 2 CIC/1917), bestand bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil und spielt in der Leitungsstruktur des Minderbrüderordens heute keine Rolle mehr.

Ordensregel

Nach seinem Rücktritt verfasste Franziskus neben „mehreren Regeln [die er] erprobte“ 1220 die von der Gemeinschaft erwartete und erste schriftlich erhaltene Regel. Diese sollte beim Pfingstkapitel im folgenden Jahr mit seinen Mitbrüdern besprochen, ergänzt und angenommen werden, um sie anschließend der Kurie in Rom zur Approbation zu übergeben. Diese Regel, die als ein Gemeinschaftswerk der gesamten Brüderschaft gesehen werden kann, orientiert sich in 24 Kapiteln mit zahlreichen Ermahnungen, geistlichen Betrachtungen und Verhaltensregeln vornehmlich an Bibelzitaten. Dies spiegelt das Charisma des Poverello, sowie eine klare franziskanische Spiritualität wider. Es kam aber zu keiner Approbation, womit diese Regel als Regula non bullata bezeichnet wird.

Statute des hl. Franziskus mit der Ordensregel in Fonte Colombo<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Statute des hl. Franziskus mit der Ordensregel in Fonte Colombo
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Nach dem schweren Schlag der Nichtanerkennung der Regel von 1221, zog sich Franziskus 1223 gemeinsam mit den Brüdern Leo und Bonitius von Bologna, einem im kanonischen Recht bewanderten Mitbruder, nach Fonte Colombo zurück, um dort die heutige gültige Regel, die Regula bullata, zu verfassen. Nicht unwesentlich dabei war das Mitwirken des Kardinals Hugolin. Im Gegensatz zur regula non bullata befinden sich in der endgültigen Regelfassung nur mehr wenige Bibelzitate und Ermahnungen. Trotz des Verbotes des Vierten Laterankonzils neue Ordensregeln einzuführen, wurde die Regel des Poverello am 11. Juni 1223 zur Zustimmung dem Generalkapitel vorgelegt und am 29. November 1223 von Papst Honorius III. in der Bulle Solet annuere approbiert. Nun war die Gemeinschaft endgültig als Orden anerkannt worden.

Testament und Transitus

Nach der Anerkennung der Fraternitas als Orden, zog sich Franziskus des Öfteren in die Einsamkeit zurück. Immer wieder war er versucht, das Leben eines Eremiten anzunehmen. Er widerstand der Anfechtung, vor der Welt zu fliehen und wurde letztlich bis zu seinem Lebensende nie wirklich sesshaft.

Greccio<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Greccio
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Im Jahr 1223 „initiierte“ er bei der Weihnachtsfeier in Greccio eine Krippenfeier mit lebenden Tieren und Menschen und die crêche vivante („Lebendige Krippe“) war „geboren“. Seine physischen Leiden an Augen und Milz, sowie die immer wiederkehrenden Malariaschübe, mit der er seit seiner Reise in das Heilige Land und nach Ägypten (1219) zu kämpfen hatte, schränkten sein Wanderdasein fortwährend ein. Vor allem die inneren Zweifel, ob er den Orden wirklich hätte gründen sollen und die Frage, wie es mit den Minderen Brüdern weitergehen würde, setzten ihm zu. Am meisten litt er jedoch im geistlich-spirituellen Bereich, bezüglich seiner „Schwächen, Sündhaftigkeit und Kleinheit“ gegenüber seinem Schöpfer. Er zog sich daraufhin auf den Berg La Verna zurück, wo er – der Tradition nach am 17. September 1224 – die Stigmata empfing.

La Verna<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
La Verna
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Am Abend des 3. Oktobers 1226 geht Franziskus Bruder Tod, wie er diesen in seinem Sonnengesang nennt, entgegen. Den Übergang vom irdischen zum himmlischen Leben sah er selbst als Transitus. Bereits zwei Jahre später wurde er von Gregor IX. heiliggesprochen.

Basilika in Assisi<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Basilika in Assisi
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Text aus Br. Emmanuel-Maria (Guido H.) Fitz, Diplomarbeit: Die Leitung der österreichischen Franziskanerprovinz zum hl. Leopold unter besonderer Berücksichtigung des Provinzialministers, Graz 2020. - Darin sind alle Quellenangaben zu diesem Text enthalten.