Die “leisen Engeln” von Taldykorgan
Kasachstan-Blog (Teil 5)

Der neuer Tag begrüßt uns erstmals mit Sonnenstrahlen. Heute begleitet uns der gebürtige Spanier und Priester Georgius. Er lebt seit sechs Jahren in Kasachstan. Ein Jahr vor seiner Ankunft begann er mit dem Erlernen der russischen Sprache, die für ihn bis heute eine Herausforderung geblieben ist. Nichtsdestotrotz liebt er Kasachstan und seine Aufgaben vor Ort.

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Nach einem für uns eher ungewohnten Frühstück (Palatschinken mit Butter und hartgekochtem Ei, eingeweichte Haferflocken in warmer Milch mit süßem Geschmack) fahren wir nach Taldykorgan, um die Franziskaner zu besuchen, deren Projekte von „Franz hilf“ unterstützt werden.
Taldykorgan existierte bis in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts als Nomadenlager, bis landlose Bauern aus Russland ansiedelten. Ab 1940 wurden Produktionsstätten hierher verlagert und der zur Stadt angewachsene Ort erlebte einen Aufschwung, welcher mit dem Niedergang der Sowjetunion spürlich stagnierte. Heute leben hier an die 150.000 Menschen. Der zwischenzeitliche Status als Hauptstadt des Gebietes Almaty durch den damaligen Präsidenten Nazarbajev führte 2001 wohl dazu, dass neue Bürogebäude für die Verwaltung, Geschäfte, Restaurants und Hotels entstanden. Dennoch bleibt die Arbeitslosigkeit eine der größten Herausforderungen. Mit der täglichen Not der Menschen sind die aus Polen stammenden Franziskaner P. Julian und Br. Adam mit der guten Seele Erika und die Ordensschwestern stets verbunden.

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
P. Julian zeigt uns zunächst die Kirche, den Pfarrsaal – wo Walter endlich eine Rede schwingen kann – und die Räumlichkeiten des Pfarrhauses. Hier finden regelmäßig Katechismusunterricht und andere Veranstaltungen statt.

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Foto: Monika Dreger

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Neben der Betreuung von Kindern, kümmern sich die Brüder und Erika, die deutsche Wurzeln hat, um rund 150 Familien in der ganzen Stadt. Dazu zählt neben der Seelsorge die Besorgung von Medikamenten, genauso wie z. B. die Reparatur eines Daches einer alleinstehenden kranken alten Frau, die vor zwei Jahren ihren letzten der drei Söhne verloren hatte.

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Ohne die Hilfe der "leisen Engeln" P. Julian, P. Adam, Erika und anderen, wüsste auch die kranke Mutter von drei Kindern nicht, wie sie für ihre Kinder sorgen könnte, die uns zu sich einlädt. Statt um ihr Leid zu klagen, zeigt sie stolz die von ihrer 12-jährigen Tochter selbstgemalten Bilder. Einige der Gruppe aus Österreich sprechen diese so sehr an, dass sie gleich eines der Kunstwerke ergattern. Dies bringt uns auf den Gedanken, Bilder von der jungen Künstlerin malen zu lassen, welche wir in Villach im Rahmen einer Ausstellung in der Pfarre präsentieren möchten. Mehr sei darüber an dieser Stelle aber nicht verraten.

Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Bei einem polnischen Mittagsgericht, berichtet uns die Gemeinschaft u. a., dass sie gerne für Kinder und Jugendliche weitere Räumlichkeiten und Angebote für die Betreuung usw. zu Verfügung stellen würden. Allerdings fehlen dafür noch die notwendigen Mitteln. Glücklich sind die drei insbesondere über die Heizung, die seit einem Jahr für ein paar Stunden die Räumlichkeiten im Winter wohnlicher machen . Falls es doch zu kalt sein sollte, schenkt so manche Katze ein wenig Wärme. Apropos Katze: Eine ist vor kurzem entlaufen. Dies veranlasste P. Julian nicht nur dazu, Verlustanzeigen aufzuhängen, sondern Schritt für Schritt die Menschen in der Umgebung zu besuchen und so mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Foto: Daniela Vido
Berührt von der Schlichtheit, der Beharrlichkeit und dem Gottvertrauen der Gemeinschaft, geht es für uns zurück nach Qapshagai. Dabei legen wir einen Zwischenstopp an der „Riviera der Almatiner“, dem Stausee von Qapshagai ein. An diesem über 80 km langen und rund 20 km breiten See ist es für uns heute zu kühl zum Plantschen. Reinspringen können wir sowieso nicht, denn der See ist an viele Stellen sehr flach. Dafür machen wir ein paar Schnappschüsse von und mit Kindern, die sich unbedingt fotografieren lassen möchten – so, wie die Kinder im Kinderheim, zu dem wir jetzt aufbrechen.

