Pfarre

Villach-St. Nikolai

Aufbruch in unendliche Weiten

Kasachstan-Blog (Teil 1)

Eine kleine Gruppe aus Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark sind mit der Berufungspastoral und der Hilfsorganisation “Franz Hilf“ in Kasachstan.<br />
Foto: Monika Dreger
Eine kleine Gruppe aus Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark sind mit der Berufungspastoral und der Hilfsorganisation "Franz Hilf" in Kasachstan.
Foto: Monika Dreger

„Schwerlich kann man etwas Gutes von diesem wilden Land erwarten; jedoch mit einem ausreichenden Vorrat an Langmut und Beharrlichkeit lässt sich alles überwinden, und je schwieriger die Hindernisse werden, desto angenehmer wird der Sieg.“ Diese Worte hielt Mitte des 19. Jahrhunderts der russische Militärarzt Ivan Zarubin in seinem Reisetagebuch „Durch die Berge und Steppen Mittelasiens“ fest. Mit einigen Hindernissen hat auch eine kleine Gruppe aus Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark zu tun, die fünf Tage mit der Berufungspastoral der Franziskanerprovinz Austria und der ordenseigenen Hilfsorganisation „Franz Hilf“ sowie der Pfarre Villach – St. Nikolai in Kasachstan unterwegs ist. Die „Schwierigkeiten“ bestehen jedoch bei dieser einzigartig spannenden und berührenden Projektreise mehr darin, so manche „Straßen“ auf ihren über 1.400 km langen Fahrten durch das Land zu trotzen oder ab und an die kasachische Küche zu verdauen. Allerdings überwiegen in der „unwirklichen Wirklichkeit“ Glaube, Hoffnung und Liebe.

AUFBRUCH IN UNENDLICHE WEITEN

Mit einem Shuttle brechen wir am Nachmittag nach dem Reisesegen von P. Norbert Pleschberger und P. Terentius Gizdon bei Regen Richtung Ljubljana auf. In Istanbul angekommen, ist um Mitternacht für uns sieben Sport angesagt: Der Umstieg in den Flieger nach Almaty an einem der größten Flughäfen der Welt erweist sich für uns als ein Marathonlauf, welchen wir jedoch mit Bravour absolvieren. Eigentlich sollten wir dafür mit einer Ehrenmedaille als „Flugzeug-Sprinter-Spezialisten“ ausgezeichnet werden.

Die heimliche Hauptstadt Almaty

Nach mehreren Flugstunden und einer Zeitverschiebung von fünf Stunden landen wir gut in der ehemaligen Hauptstadt des Landes: Almaty.

Gut und wohlauf in Almaty gelandet<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Gut und wohlauf in Almaty gelandet.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

1997 wurde sie im unabhängigen Kasachstan im Jahr 1993 von Astana abgelöst. Dennoch gilt die vom Bergriesen des nördlichen Tienschan umgebene Stadt und den Viertausender thronenden Vorbergen als die heimliche Hauptstadt. Aufgebaut ist die Millionenstadt fast komplett auf den Geröllhang, den das mächtige Gebirge im laufe der Jahrtausende hier angehäuft hat. Am Gebirgsrand kommt der gefürchtete Buran zur Ruhe, ein Schneesturm, der auf tausenden Kilometern Steppe zu infernalischen Kraft anschwellen kann.

Foto: Regina Krenn
Foto: Regina Krenn

Im Vergleich zum restlichen Kasachstan ist das Klima hier milder und in den geschützten Tälern des Vorgebirges wachsen verschiedene heimische Wildobstarten, vor allem Äpfel. In den Hängen um Alma-Ata, was auf Deutsch so viel wie „Vater der Äpfel“ bedeutet, wurde der Riesen-Apfel Aport angebaut.

Ein Blick auf die Stadt Almaty ist trotz schlechten Wetters einzigartig.<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Ein Blick auf die Stadt Almaty ist trotz schlechten Wetters einzigartig.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Abgeholt werden wir von dem aus Polen stammenden Priester Artur Zaras (46), der seit mehreren Jahren in Kasachstan lebt. Er wird uns die kommenden Tage begleiten, mit seinem rasanten Fahrstil auf Trab halten und unter anderem auch sein Projekt mit Kindern, welches gemeinsam mit dem 3. Orden der Franziskaner (OFS) ins Leben gerufen wurde, zeigen. Doch zuerst fahren wir zu Bischof José Luís Mumbiela Sierra, der gerade auf dem Weg zu einer Konferenz in die Hauptstadt Astana unterwegs ist und zum ersten Projekt, welches von „Franz hilf“ unterstützt wird.

Ambulatorium und Armenküche der Franziskaner und Schulschwestern

Eingang zum Ambulatorium der Franziskaner und Schluschwestern in Almaty<br />
Foto: P. Emmanule-Maria Fitz OFM
Eingang zum Ambulatorium der Franziskaner und Schluschwestern in Almaty.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Dabei handelt es sich um ein Ambulatorium der Franziskaner und der Schulschwestern.

Hier wirkt u. a. der heute 82-jährige Franziskaner und Mediziner Diego. Zuvor war er auf den Philippinen tätig. Ursprünglich wollte er als Missionar nach Afrika. Allerdings wurde P. Diego auf die Botschaften von Fatima aufmerksam. Auf deren Ruf hinhörend und dem seiner Oberen brach der gebürtige Südkoreaner nach Kasachstan auf, wo er heuer seit genau 30 Jahren lebt.

Er und die Schwestern ermöglichen Menschen, die sich keine medizinische Unterstützung leisten können, eine kostenlose und z. T. auch alternative Behandlung an, die gleich einige der Gruppe in Anspruch nehmen dürfen.

Einer der größten Herausforderungen ist es, Medikamente zu Verfügung zu stellen, deren Preise in den letzten drei dermaßen angestiegen sind, dass sie für viele Menschen seitdem kaum oder gar nicht mehr leistbar geworden sind.

Franziskaner und Mediziner P. Diego aus Südkorea lebt seit 30 Jahren in Kasachstan und hilft Menschen in Not.<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Franziskaner und Mediziner P. Diego aus Südkorea lebt seit 30 Jahren in Kasachstan und hilft Menschen in Not.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Trotz hohen Alters setzten sich die Schulschwestern tagtäglich unermüdlich für die Menschen in Not ein.<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Trotz hohen Alters setzen sich die Schulschwestern tagtäglich unermüdlich für die Menschen in Not ein.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Neben der Ambulanz betreuen die Gemeinschaften eine Armenküche. Sr. Anna und Sr. Victoria, die von den Menschen vor Ort auch als Mutter Victoria bezeichnet wird, erzählen, dass sie seit der „Corona-Zeit“ lediglich Pakete vorbereiten und Bedürftigen übergeben können. Allerdings hoffen sie sehr, dass sie den Menschen bald wieder eine warme Mahlzeit unter dem „neuen Dach“ anbieten können.

Im Innenhof der Armenküche<br />
Foto: Regina Krenn
Im Innenhof der Armenküche.
Foto: Regina Krenn
Foto: Regina Krenn
Foto: Regina Krenn
Foto: Regina Krenn
Foto: Regina Krenn
Innen in der Armenküche<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
In der Armenküche.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Einmal pro Woche fahren die Brüder und Schwestern in die umliegenden Dörfer, um Menschen, die nicht in die Stadt kommen können, medizinisch zu versorgen. Auf die Frage hin, was der Gemeinschaft trotz der Herausforderungen vor Ort und ihres hohen Alters Kraft gibt, antwortet Sr. Anna (86) schlicht: „Gott hilft, die schwierigen Situationen zu meistern“.

Christen in Kasachstan

P. Bogumil erzählt mehr über die Geschichte und die Kathedrale, welche von den Franziskanern betreut wird.<br />
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM
P. Bogumil erzählt mehr über die Geschichte und die Kathedrale, welche von den Franziskanern betreut wird.
Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM

Zum Abschluss lädt uns P. Bogumil OFM ein, die neben der Ambulanz stehenden Kathedrale zu besichtigen. Das Christentum in Kasachstan lässt sich auf das 2. Jh. zurückführen und die katholische Kirche ist sowohl mit dem römischen als auch den byzantinischen Ritus vertreten. 1991 wurde im Land durch Papst Johannes Paul II. die Apostolische Administratur Kasachstan gegründet, aus der 1997 zunächst die territoriale Einheiten „Mission sui Juris“ in Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan enstand und 1999 neben Atyrau und Astana auch in Almaty eine Administratur gegründet wurde. 1999 erfolgte schließlich die Bistumsgründung, welche eine Änderung der Franziskanerkirche mit sich brachte.

Die einzige Ordensschwester aus Kasachstan ist gleichzeitig die Oberin der Schulschwestern (2. v. l.)<br />
Foto: Regina Krenn
Die einzige Ordensschwester aus Kasachstan ist gleichzeitig die Oberin der Schulschwestern (2. v. l.).
Foto: Regina Krenn

Pater Bogumil, dessen Name „der von Gott geliebte“ bedeutet, erzählt uns, dass die Kirche in den 90er-Jahren des 20. Jh. als Franziskanerkirche errichtet wurde. Doch bereits zwei Jahre nach der Fertigstellung wurde die Kirche in der neu errichteten installierten Diözese zur Kathedrale erhoben. P. Bogumil weist uns noch auf ein Bild von drei Brüder hin, die als Märtyrer in Kasachstan starben. Heute leben alle Religionen friedlich miteinander.

Am Sonntag kommen von nah und fern zu den Gottesdiensten und füllen die Bänke der Kirche. Von den 18 Millionen Einwohnern im ganzen Land, sind ca. 26 Prozent Christen und davon ein Prozent römisch-katholisch. Dennoch ist es diese kleine Kirche vor Ort, die Menschen, unabhängig von Herkunft und Religion, eine Hilfe bieten und ein wenig Hoffnung schenken, da es kein soziales Netzwerk seitens des Staates gibt.

Einladung zu einer kleinen Jause bei den Mitbrüdern und -schwestern, wo sie mehr über die Situation im Land erfahren.<br />
Foto: Regina Krenn
Einladung zu einer kleinen Jause bei den Mitbrüdern und -schwestern, wo sie mehr über die Situation im Land erfahren.
Foto: Regina Krenn

Nun geht es aber in die Unterkunft, wo wir nach einer Nacht mit wenig oder kaum Schlaf für eine Stunde eine kleine Pause machen können.