Organisation

Plattform „Verwaiste Eltern“

Erschwerter Abschied in Zeiten von Corona

Jetzt sind Hinterbliebene besonders gefordert, neue, eigene und individuelle Rituale zu finden, die Halt geben können

Wir leben in einer sehr herausfordernden Zeit. Es ging Schlag auf Schlag und plötzlich war „social distancing“ kein Begriff für seltsames Verhalten einzelner Menschen mehr, sondern eine verordnete Form der Rücksichtnahme auf die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen. Für viele ist das sehr ungewohnt und entspricht nicht ihrem ursprünglichen Verhaltensmuster.

Noch schwieriger wird es in Zeiten, wenn Menschen eigentlich das Bedürfnis der Nähe zu ihren Lieben haben. Nämlich dann, wenn ein Mensch aus dem eigenen Umfeld verstirbt. Dann ist das Herz schwer und sie sehnen sich nach Halt und Menschen, die Sicherheit vermitteln und möchten sich stimmig vom Verstorbenen verabschieden. Genau dieses Ritual des Verabschiedens, die Beerdigung, ist in dieser Zeit nicht so möglich, wie sie es gewohnt sind, oder wie es sich der Verstorbene vorgestellt hätte.

Jetzt sind nur 10 Personen beim Begräbnis erlaubt. Das bedeutet, dass sich die Familie Gedanken darüber machen muss, wer an der Beerdigung teilnimmt. Es gibt kein Weihwasser und keine Erde, die nachgeworfen wird. Die Menschen müssen die vorgeschriebene Distanz zum Pfarrer und zu den Bestattungsmitarbeitern wahren. Es gibt derzeit auch nicht die Möglichkeit, sich danach zum bei uns üblichen und tröstlichen Totenmahl in einem Gasthaus zu treffen.

Manche mögen dies als schrecklich empfinden, so als ob damit ein unwiederbringliches Ritual verloren gegangen wäre. Ja, es ist anders und es ist ungewohnt und es ist nicht, wie man es sich jemals hätte ausmalen können. Aber es gibt auch hier Trost. Menschen, die einen großen Verlust erlitten haben, tragen ihren geliebten Menschen ohnehin im Herzen weiter.

Es gibt zwei Orte, an denen der Verstorbene weiterlebt:

- bei Gott, der die ewige Wohnung schenkt und
- in unserem Herzen, lebt der Verstorbene mitten unter uns

(Pfarrer Ulrich Kogler)

Im Leben haben sie ihn verloren und nun gilt es, sich stimmig und wertschätzend zu verabschieden. Das kann auf unterschiedliche Arten und Weisen stattfinden.

Hier sind einige Anregungen:

  • Beten zu Hause
  • Gestalten eines Abschiedsrituals zu Hause, evt. mit dem Bild des Verstorbenen, seiner oder der eigenen Lieblingsmusik, Kerzen…
  • Aufstellen der Lieblingsblumen des Verstorbenen
  • Besuch des Grabes zu einem späteren Zeitpunkt, um sich zu verabschieden
  • Schreiben eines Briefes an den Verstorbenen, den man dem Sarg beilegen lassen kann, wenn man dem Begräbnis nicht beiwohnen kann
  • Kochen des Lieblingsessens des Verstorbenen
  • Anschauen gemeinsamer Fotos, oder Anlegen eines Trauertagebuches, in dem die eigenen Gedanken festgehalten werden
  • Bewusstes Aufheben kleiner Erinnerungsstücke an den Verstorbenen in einer Erinnerungsbox, die kreativ gestaltet werden kann
  • Reservieren von 30 Minuten Zeit am Tag, um an den Verstorbenen zu denken (nicht direkt vor dem Schlafengehen)
  • Bewusstes Einbeziehen von Düften, die an den Verstorbenen erinnern
  • Die Kirchen sind geöffnet. Ruhe suchen, Gedenken, Kerzen entzünden (bitte alleine oder mit Sicherheitsabstand)

Abschied von geliebten Menschen zu nehmen, fällt den meisten auch in anderen Zeiten schwer. Jetzt sind Hinterbliebene besonders gefordert, neue, eigene und individuelle Rituale zu finden, die Halt geben können.

Geliebte Menschen haben einen besonderen Platz in den Herzen der Hinterbliebenen, denn der Tod beendet das Leben, aber nicht die Liebe.