Organisation

Katholisches Familienwerk

Was wird sich ändern?

Wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation. In einer Situation, die sich niemand herbeiwünscht. Einer Situation, der wir uns aber auch nicht entziehen können. Also müssen wir uns darauf einstellen und damit so gut es geht umgehen. Ich bin überzeugt davon, dass wir diese schwierige Zeit überstehen werden und dass sie uns verändern wird. Unser Denken, unsere Einstellung, unser ganzes Mensch-Sein. Und ja, so wie es aussieht, können wir sogar profitieren. Oder wie es der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx in seinem Artikel „Die Welt nach Corona“ so treffend mit einer Frage formulierte:

„Könnte es sein, dass das Virus unser Leben in eine Richtung geändert hat, in die es sich sowieso verändern wollte?“

Wenn man Meldungen hört, wie zum Beispiel die Verbesserung der Luftgüte in vielen Ländern durch den teilweise stillgelegten Flug- und Straßenverkehr. Oder, dass plötzlich wieder Fische durch den Canale Grande in Venedig schwimmen. Dann drängt sich bei mir unweigerlich die Frage auf: Wieso muss erst eine Pandemie ausbrechen, dass so etwas möglich wird? Muss wirklich immer erst eine Katastrophe passieren, damit wir Menschen unser Verhalten ändern?

Ich sehe dabei die große Chance für uns alle, unser Leben, Tun und Handeln, unsere Werte zu überdenken und wirklich einen nachhaltigeren Lebensstil zu entwickeln. Genug Zeit dafür werden wir haben. Vielleicht erleben wir ja gerade so etwas wie einen Kairos, den richtigen Zeitpunkt, um unser Leben neu zu ordnen. Es muss gar nichts Großes sein, oft sind es die kleinen Dinge, die viel bewirken.

Inzwischen können wir uns zu Hause auf dieses neue Leben vorbereiten. Keller aufräumen, Entrümpeln, Möbel umstellen oder endlich die zigtausend Fotos auf der Festplatte sichten und zu einem Fotoalbum verarbeiten. Dabei kann man wunderbar in Erinnerungen schwelgen und die gesamte Familie kann eingebunden werden. Es soll sogar noch Menschen geben, die Analogfotos in Schubladen aufbewahren. Dann ist jetzt die Zeit dafür ein schönes Fotoalbum zu gestalten. Jetzt kann man all jene Dinge tun, die man schon lange aufgeschoben hat.
Oder melden Sie sich bei jemandem, von dem Sie schon länger nichts mehr gehört haben. Schreiben sie eine Postkarte oder sogar einen Brief, egal an wen, die Freude des Empfängers oder der Empfängerin wird der Lohn sein. Das sind Anregungen und zusätzliche Möglichkeiten des Sozialkontakts zu dem im Moment wahrscheinlich am meisten genutzten Kommunikationsmittel, dem Smartphone.
Und da zurzeit das Lesen Hochkonjunktur haben wird, kann immer wieder mal die Bibel oder, falls vorhanden, die Familienbibel zur Hand genommen und darin nach stärkenden und tröstenden Worten gesucht werden.
Sport und Bewegung muss natürlich auch nicht zu kurz kommen. Unsere Kinder haben zum Beispiel begonnen, statt turnen in der Schule, täglich ein Workout zu machen. Mit diversen Übungen und Stretching kann das eine sportliche Familienzeit sein.

Ehrlich gesagt, ist es schon eine außergewöhnliche Erfahrung, dass sich beinahe das gesamte Leben innerhalb der eigenen vier Wände abspielt. Wenn man keinen Garten hat und Homeoffice möglich ist. Die gewohnten strukturgebenden Institutionen wie Arbeitsplatz, Schule und Kindergarten fallen weg. Man ist genötigt selbst eine funktionierende Ersatz-Struktur mit diesen Elementen auf zu bauen und weiter zu führen. Homeoffice und Homeschooling ist schon für in einem gemeinsamen Haushalt lebende Eltern eine riesige Herausforderung, weil es diese Trennlinie zwischen Arbeits-, Schulzeit und Freizeit nicht mehr in dieser klaren Form gibt. Für Alleinerziehende muss das alles noch ungemein schwieriger zu bewältigen sein. Hoffentlich zeigen sich die Arbeitgeber in dieser Angelegenheit verständnisvoll.

Wir erleben gerade eine Zäsur, an die wir uns für den Rest unseres Lebens erinnern werden. Wir merken, dass wir unser Leben nicht vollständig in der Hand haben. Aber wir haben trotzdem die Gestaltungsmöglichkeit für Ideen zu einem Leben nach dem Corona Virus. Einer der vielen Sprüche, die ich dieser Tage über Whatsapp erhalten habe, scheint dieses Gefühl, dass sich in vielen Köpfen breitgemacht hat, treffend wieder zu geben: „Es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte die Erde uns auf unser Zimmer geschickt, um darüber nachzudenken was wir getan haben.“
Ich gehe davon aus, dass diese Hoffnung zur Gewissheit werden kann. Dass wir unsere Lehren ziehen werden, weil wir erkennen was alles möglich ist, wenn es darauf ankommt – also lassen wir es darauf ankommen, weil es möglich ist! Profitgier und Individualismus werden einem neuentdeckten Gemeinschaftssinn Platz machen, wo wir nicht mehr darüber reden müssen, was jeder einzelne von uns für eine bessere Welt beitragen kann, sondern wo wir darüber reden, wie wir diese bessere Welt als Status Quo erhalten.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund, schöpferisch und achten Sie auf die guten Dinge im Leben!

Marco Mühl, Katholisches Familienwerk

Link zum Text von Matthias Horx:

https://www.horx.com/48-die-welt-nach-corona/