Pfarre

Villach-St. Josef

Vom Abschied nehmen

Gedanken zum Leben und Sterben - von Angelika Sattlegger

Wenn sich Ende August die ersten Blätter von unserem Kirschbaum lösen und zur Erde fallen, überkommt mich immer ein Gefühl von Wehmut - der Sommer ist vorüber. Aber schon bald schweifen meine Gedanken in die Zukunft. Ich weiß: dieser Baum wird uns im nächsten Jahr wieder große Freude bereiten mit seinen wunderschönen Blüten, köstlichen Früchten und dem Schatten, den er uns an heißen Sommertagen spendet.

In der Bibel finden wir viele Abschiedsgeschichten. Oft nehmen wir sie nicht als solche wahr, weil wir sie als Aufbruchsgeschichten lesen. Wie ist es wohl Abraham ergangen, als er aus seinem Heimatland aufbrach? Oder Rut und Noomi, die nach dem Tod ihrer Männer ihr Land verließen? Und da ist die große Abschiedsgeschichte der Bibel: das Leiden und Sterben Jesu. Im Gegensatz zu Abraham bekommt Jesu Abschied nehmen in der Bibel viel Platz. Jesus regelt die Zukunft, er vermeidet aber auch den schmerzvollen Abschied nicht, sondern hält ihn aus. Wir sehen seinen Tod heute in dem Wissen um die Auferstehung, aber Jesus musste zuerst den schweren Weg gehen.

Auch unser Alltag ist geprägt von Abschieden jeglicher Art, von großen und kleinen. Mit jeder Lebensentscheidung verabschiede ich mich von Träumen, Hoffnungen, Gewohnheiten und Erwartungen. Abschiede von vertrauten Orten und Menschen, Trennungen, der Tod uns nahe stehender Menschen.

Abschied nehmen geschieht immer in zwei Richtungen. Zunächst einmal ist beim Abschied nehmen das Rückschauen wichtig, nichts schön reden, das Geschehene annehmen, Trauer und Wehmut zulassen, Wunden der Seele pflegen und in dem Wissen leben, dass alles, vor allem auch das Unvollendete, bei Gott gut aufgehoben ist.

Und dann ist da der Blick nach vorne, die Hoffnung, die mich in die Zukunft gehen lässt und mir die Gewissheit gibt, dass alles, was kommt, unter Gottes Segen steht – wie es in dem bekannten Lied von Paul Gerhardt heißt:

Befiehl du deine Wege /und was dein Herze kränkt /der allertreusten Pflege /des, der den Himmel lenkt. / Der Wolken, Luft und Winden / gibt Wege, Lauf und Bahn / der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

Jeder Abschied verändert mich. Mit jedem Abschied lerne ich mich selbst besser kennen und vielleicht werde ich mit jedem Abschied auch ein bisschen aufmerksamer und dankbarer für das, was mir an Kostbarkeiten in meinem Leben geschenkt ist.

Angelika Sattlegger, stellvertretende PGR-Obfrau von Sankt Josef

Unser Leben -
ein Weg voller Abschiede:
wenn Beziehungen scheitern,
wenn Hoffnungen sich zerschlagen,
wenn Lebensphasen beendet sind,
wenn vertraute Menschen sterben,
wenn der eigene Tod naht.

Täglich lernen
abschiedlich zu leben:
die eigenen Grenzen erkennen,
die eigene Endlichkeit annehmen
und in diesem Bewusstsein
offen sein für das Leben
und jeden kostbaren Augenblick.

Gisela Baltes