Pfarre

Villach-St. Josef

Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart

Bildunterschrift (Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
@pfarrbriefservice.de
​​

Noch immer habe ich die Stimme meiner Großmutter im Ohr, die sagt: „Holt`s die Ross eina!“ Für uns Kinder war dann am Bauernhof der Großeltern immer die Frage, wer darf heute vom Obstgarten in den Stall reiten. So war es in meiner kindlichen Vorstellung für mich selbstverständlich, dass in der Weihnachtszeit immer ein Ross entsprungen ist und ich in Sorge, wer es wieder einfangen wird.

"Es ist ein Ros entsprungen" ist ein ursprünglich zweistrophiges, kirchliches Weihnachtslied aus dem 16. Jahrhundert. Sein Text bezieht sich auf Jes 11,1. Wer ist dieser „Jesse“ in der ersten Strophe und welche „Art“ kam von ihm? Viele vermuten, es sei Jesus selbst, die anderen sagen, es sei Jesaja, der ja dann auch in der zweiten Strophe auftritt. Doch gemeint ist Isai, der Vater des Königs David. Mit ihm beginnt ein schon tot geglaubter Stamm, also das Volk Israel wieder neu zu leben; aus ihm geht David hervor und Generationen später Jesus Christus. Es wird das Bild eines gefällten Baumes gezeichnet, den es zwar schwer getroffen hat, der jedoch nicht gänzlich tot ist, da aus seiner intakten Wurzel ein Spross, ein „Reis“ hervorwächst.

Und weil die Wurzel uralt war, wird sie auch mächtig gewesen sein.

Was tief verwurzelt ist, hat Bestand und Dauer. Vielleicht sollen wir uns die Frage stellen: Was sind meine Wurzeln in die Breite und in die Tiefe? Was ist es, das mich hält und trägt? Woraus nährt sich mein Glaube und meine Zuversicht? Es ist die Tiefenfrage nach dem Grund. Dazu kommt die Frage nach der Breite: Mit wem stehe ich in Verbindung? Was will ich? Wohin bin ich unterwegs? Was ist mir wichtig?

Das Bild der Wurzel und des Baumstumpfs will uns zeigen, dass auch dort, wo für unsere Augen Nutzloses und Abgestorbenes zu sehen ist, Leben schlummert und zu keimen beginnt. Gott wählt das Unscheinbare, Kleine und Bedeutungslose, um daraus Neues, Großes und Herrliches wachsen zu lassen.

Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Jes 11,1

Eine gesegnete Weihnacht wünscht
die Obfrau des Pfarrgemeinderates

Michaela Felfernig