Pfarre

Klagenfurt-Dom

WO BIST DU?

Die Installation zur "Kunst im Dom" 2022 von Harald Schreiber - Video mit dem Künstler und mit Dompfarrer Allmaier

Die erste Frage, die in der Bibel gestellt wird, lautet: Wo bist du? Die Frage Gottes nach dem Menschen, der sich aus Scham versteckt hält, war für mehr als zwei Jahrtausende bestimmend für das Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf. Mittlerweile hat sich die Fragerichtung geändert. Nicht mehr Gott fragt den Menschen, sondern der Mensch fragt Gott: Wo bist du – angesichts von Not und Leiden? Hat sich nun Gott aus Scham versteckt, wie einst Adam im Paradies? Diese Frage beschäftigt den in Brückl ansässigen und weltweit schaffenden Künstler Harald Schreiber. Das Bild der heiligsten Dreifaltigkeit, das den Hochaltar der Domkirche abschließt und den Fluchtpunkt aller Gebete anzeigt, wird mit dieser Frage überdeckt.

Kopfplastik und 12 Steinskulpturen

Das große Altarbild darunter, das 1752 vom Barockkünstler Daniel Gran geschaffen worden
ist, wird durch eine überdimensionale Kopfplastik mit wechselnder Farbprojektion verdeckt, die mit den leeren Augenhöhlen und der ausdruckslosen Miene an die wohl erste große theoretische Gottesleugnung der europäischen Geistesgeschichte erinnert. Jean Paul hatte 1795 innerhalb des Romans „Siebenkäs“ die „Rede des toten Christus vom Weltengebäude herab; dass kein Gott sei“ fertiggestellt, in der er den schaurigen Gedanken wagt, der Mensch sei vaterlos im Universum. Der ganze Kosmos starre den Menschen „mit einer leeren bodenlosen Augenhöhle an; und die Ewigkeit lag auf dem Chaos und zernagte es und wiederkäuete sich“. Dieser Gedanke, der vom Menschen der Spätmoderne achselzuckend wahrgenommen wird, war einst eine grauenvolle Vorstellung und kann seine positiv verstörende Kraft auch im Kontext der Kunstinstallation neu entfalten.

Vom Mittelgang des Kirchenschiffes aus sind in V-förmiger und nach hinten hin ansteigender Folge zwölf Steinskulpturen auf Edelstahlstangen zu sehen. Die aus dem Stein herauswachsenden Köpfe sind unfertig und bilden dennoch mit ihrer Ausdrucksstärke einen Gegenpol zum Gesicht vor dem Hochaltarbild. Die Steinskulpturen sind wie die Menschen, die mit ihrer bangen Frage im Sakralraum stehen und im Schweigen des Ewigen eine Antwort erwarten. Sie gruppieren sich dabei um den Altar, auf dem die Erlösung gefeiert wird. Ahnungsvoll erkennen sie im Altar den Sehnsuchtsort, der dem Verstehen dennoch verschlossen bleibt.

Fragen und Antworten, Suchen und Klagen

Das Fragen und Antworten, das Suchen und Klagen wird in kurzen Zitaten von Schriftstellerinnen und Schriftstellern ausgedrückt, die einen Bezug zu Kärnten haben: Zwölf weiße Stoffbahnen, die von der Empore des ersten Stocks in die Gewölbe der Seitenkapellen hängen, nehmen die Besucherinnen und Besucher der Domkirche in die Dynamik der Frage nach Gott hinein. So wird diese Frage dem akademischen Diskurs enthoben und kann ihre existenzielle Dimension erfahrbar machen.

Die Kunstinstallation von Harald Schreiber macht in der Zeit von Aschermittwoch (2. März) bis Karsamstag (16. April) aus der Domkirche einen Ort des Ringens von Gott und Mensch. Beide Seiten scheinen zu fragen: Wo bist du?

Das Projekt wird unterstützt von Land Kärnten Kultur und der Kulturabteilung der Stadt Klagenfurt.

Video mit dem Künstler Harald Schreiber und mit Dompfarrer Peter Allmaier

https://youtu.be/WBbVGiqmy78

Literarische Predigten

Die menschliche Seite der Frage wird von fünf Kärntner Literatinnen und Literaten (Frau Claudia Rosenwirth, Frau Maria Hoppe, Herr Silvano Kobald, Frau Gabriele Russwurm-Biro und Frau Ivana Kampuš) aufgegriffen. Wie in den vorangegangenen Jahren werden diese Personen ausgehend von den liturgischen Lesungen für die Sonntage der Fastenzeit einen eigenen Text erstellen und diesen im Rahmen einer Dialogpredigt mit dem Dompfarrer am Sonntagabend vortragen und darüber sprechen. Die Welt ist mehrdimensional. Es braucht daher verschiedene Zugänge, auch um die religiöse Wirklichkeit zu verstehen. Das Zueinander von darstellender Kunst, Literatur und der Dommusik will den Sinnhorizont weiten und den Menschen in eine neue Beziehung mit Gott bringen. Die Dynamik der Fastenzeit wird so vielleicht zu einem Finden führen. Wer auch immer gefragt hat, „Wo bist du?“, darf eine Antwort erwarten, spätestens von Ostern her.

  • Sonntag, 6.3., 19.00 Uhr, Domkirche: Heilige Messe. Dialogpredigt Dompfarrer Peter Allmaier mit Claudia Rosenwirth.
  • Sonntag, 13.3., 19.00 Uhr, Domkirche: Heilige Messe. Dialogpredigt Dompfarrer Peter Allmaier mit Maria Alraune Hoppe.
  • Sonntag, 20.3., 19.00 Uhr, Domkirche: Heilige Messe. Dialogpredigt Dompfarrer Peter Allmaier mit Silvano Kobald.
  • Sonntag, 27.3., 19.00 Uhr, Domkirche: Heilige Messe. Dialogpredigt Dompfarrer Peter Allmaier mit Gabriele Russwurm-Biro.
  • Sonntag, 3.4., 19.00 Uhr, Domkirche: Heilige Messe. Dialogpredigt Dompfarrer Peter Allmaier mit Ivana Kampus

Passionskonzert

In Erinnerung an den 30.Todestag des die Kulturlandschaft Kärntens über Jahrzehnte prägenden Lehrers, Chorleiters und Komponisten Günther Mittergradnegger am 25. Februar bringt die Dommusik am Palmsonntag die „Millstätter Passion“ für Soli, gemischten Chor, Bläser, Schlagzeug und Orgel zur Aufführung. Mittergradneggers Werk entstand nach Texten des evangelischen Pfarrers und Mundartdichters Gerhard Glawischnig und wurde 1984 von „seinem“ Madrigalchor Klagenfurt uraufgeführt.

Die Millstätter Passion ist aufgebaut aus einer Ankündigung und elf Teilen, die jeweils in „Geschehen“ und „Betrachtung“ die Ereignisse von Jerusalem meditieren: Als musikalische Pietà findet sich auch eine „Marienklage“ in dem Werk, das mit seinem aufzählenden Charakter vom Millstätter Fastentuch inspi- riert ist.

Der Text ist dem alten „Kärntner Passionsspiel“ nachempfunden, wurde aber völlig neugestaltet. Eine ähnliche Haltung kennzeichnet die Musik: Der Choral „Lamm Gottes auf dem höchsten Thron“ durchzieht als eine Art Volksgesang alle Teile des Werkes. Der Chor wird von Blechbläsern begleitet, die Solisten von Holzbläsern. Günther Mittergradnegger verstand es, in seiner Passion alte Gestaltungsformen und neue Klangmittel nebenein- ander und doch in eine große Einheit zu bringen.

Am Beginn der Karwoche lädt die Dommusik ein, diesen Meditationsweg hin auf den Karfreitag mitzugehen. Gleichzeitig möchte sie das ehrende Andenken an die Schöpfer des Werkes hochhalten.

Termin

  • Palmsonntag, 10. April, 16.00 Uhr, Domkirche Klagenfurt Eintritt: Vorverkauf € 25,-, Abendkassa € 29,- Ermäßigung für Jugendliche, Studierende und Senioren: Vorverkauf € 20,-, Abendkassa € 24,- alles bei freier Platzwahl. Ermäßigung sowie Sitzplatzreservierung für Förderer der Dommusik.

Vorverkauf: Büro der Dompfarre oder Buchhand- lung Heyn,
Karteninfo: 0676 - 87725229