30 Jahre – Familienrundschreiben „Familiaris consortio“
1981 wurde das Apostolische Rundschreiben über die Aufgaben der christlichen Familien in der Welt veröffentlicht.

Am 22. November 1981, zum Christkönigsfest, unterschrieb Papst Johannes Paul II das Apostolische Rundschreiben „Familiaris consortio“ (FC) - Über die Aufgaben der christlichen Familien in der Welt.
Es war das Apostolische Schreiben nach der Bischofssynode (Oktober 1980). Papst Johannes Paul II wählte für die erste Bischofsynode nach seiner Wahl (Konlave 1978) das Thema „Die christliche Familie“.
Die Bischofssynode versammelte sich 25 Jahre nach der Verabschiedung der Pastoralkonstitution des 2. Vatikanischen Konzils „Gaudium et Spes“ (GS); sie wurde am letzten Sitzungstag des Konzils, am 7.Dezember 1965 verabschiedet und wird von vielen Theologen als eines der wichtigsten Konzilsdokumente angesehen.
Ehe und Familie – die Keimzellen der Gesellschaft
Das 2. Vatikanische Konzil hat darauf hingewiesen, wie sehr das Wohl der Gesellschaft verbunden ist mit dem Wohlergehen der Ehe- und Familiegemeinschaft. Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der Ehe wird gewürdigt. Dabei wird deutlich ein partnerschaftliches Verständnis in der Beziehung von Frau und Mann entfaltet. Gott selbst ist Urheber der Ehe, die mit verschiedenen Gütern und Zielen ausgestattet ist, und die eheliche Liebe ist auf die Zeugung und Erziehung der Kinder hingeordnet. Eltern sind Mitwirkende am Schöpferwirken Gottes. Die Familie ist eine Art Schule reich entfalteter Humanität, wo der Mensch als Person in den Gefühlen, in der Solidarität, in der Spiritualität heranreift. Alle – Eltern, Gemeinden, Wirtschaft, Polititk - sind aufgefordert, für die Förderung von Ehe und Familie zu sorgen.
Kirche im Dienst an der Familie
Im Apostolischen Schreiben Familiaris consortio zeigt Papst Johannes Paul II auf, wie die Gesellschaft und Kultur vielen, schnellen Wandlungen unterworfen sind. In diese sind auch die Familien hineingezogen. Die Prozesse der Veränderungen haben positive und negative Aspekte. Die Familien von heute erfahren Licht und Schatten. Die Gabe der Unterscheidung im Geist des Evangeliums soll dabei helfen, die Würde von Ehe und Familie zu erkennen und zu entfalten.
Abbild des liebenden Gottes
Gott hat den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen (Vgl. Gen 1,26f.). Aus Liebe hat Gott den Menschen ins Dasein gerufen und damit gleichzeitig zur Liebe berufen. "Gott ist Liebe" (1 Joh 4,8) und lebt in sich selbst ein Geheimnis personaler Liebesgemeinschaft. Die Kirche schätzt die christlichen Ehepaare als Sakrament, durch das auf die Liebe Gottes zu den Menschen verwiesen wird.
Die Ehe ist eine der Berufungen zur Liebe und das in der ganzheitlichen Weise der geistigen und leiblichen Hingabe, aus der sich eine verantwortete Fruchtbarkeit ergibt. Die Kinder zählen zum kostbarsten Gut der Ehe.
Die Aufgaben der christlichen Familie
Im Schöpfungs- und Heilsplan Gottes erkennt die Familie ihre „Identität“, das was sie „ist“, und ebenso ihre „Sendung“, nämlich „Gemeinschaft des Liebens und der Liebe“ zu sein. (GS n. 48) Johannes Paul II ermutigt „Familie, werde, was du bist!“.
Die Bischofssynde und das Apostolischen Schreiben nennen für die Familie vier Aufgaben:
- die Bildung einer Gemeinschaft von Personen,
- den Dienst am Leben,
- die Teilnahme an der Entwicklung der Gesellschaft,
- die Teilnahme an Leben und Sendung der Kirche.
Das sind Funktionen, denen die Liebe zugrunde liegt, und zu dieser erzieht und bildet die Familie aus.
Hier werden die Rechte und die Würde der Frau und Mutter, die Gaben und Aufgaben der Männer als Ehegatten und Väter sowie die Rechte des Kindes eigens entfaltet.
Mitarbeiter des liebenden Gottes
Die Weitergabe des Lebens, d.h. die Fruchtbarkeit ist Zeichen der ehelichen Liebe. Dem Leben zu dienen, ist eine grundlegende Aufgabe der Familie. Dabei weist Johannes Paul II erneut auf die Aussagen in der Enzyklika „Humane vitae“ (1968) hin, dass nämlich die eheliche Liebe voll menschlich, ausschließlich und offen für das neue Leben sein muss (FC n.29 und HV n.11). Notwendigkeit und Pflicht einer geordneten Gewissensbildung für „eine verantwortete Elternschaft“ werden ausführlich dargelegt.
Charta der Familienrechte
In vielen Ländern sieht sich die Familie in der Gesellschaft vielen Problemen ausgesetzt. In einer „Charta der Familienrechte“ verteidigt die Kirche die Familie „vor den untragbaren Anmaßungen der Gesellschaft und des Staates“ und listet eine beachtenswerte Zahl von konkreten Rechten auf. (vgl. FC n. 46)
Hausheiligtum der Kirche
"Auch die christliche Familie gehört zur Kirche, zum priesterlichen Volk. Durch das Ehesakrament, in dem sie gründet und aus dem sie ihre Kraft schöpft, wird sie dauernd von Jesus, dem Herrn, belebt und zum Dialog mit Gott berufen und verpflichtet, zum Dialog durch das sakramentale Leben, durch den Einsatz der eigenen Existenz und durch das Gebet.Das ist die priesterliche Aufgabe, welche die christliche Familie in tiefster Verbundenheit mit der ganzen Kirche durch den Alltag ehelichen und familiären Lebens verwirklichen kann und muß; so ist sie berufen, sich selbst sowie die kirchliche Gemeinschaft und die Welt zu heiligen." (FC n. 55)
Der Bund der Ehe als die christliche Lebens- und Liebesgemeinschaft ist "ein Sakrament gegenseitiger Heiligung und Akt der Gottesverehrung" und als solches auch hingeordnet auf die heilige Eucharistie und das Sakrament der Versöhnung.
Pastorale Sorge der Kirche
Die Kirche begleitet die christlichen Ehen und Familien auf ihren Wegen. Sie begleitet die Brautpaare vor der kirchlichen Trauung und ermutigt die Ehepartner in den verschieden Phasen ihrer Beziehung. Bischöfe und Priester werden ermutigt, bei den Strukturen der Familienpastoral mitzuwirken.
Ehepartner und Eltern kommen aus verschiedenen Gründen auch in Krisen. Seelsorger und Gemeinden sind herausgefordert, mit Verständnis und Solidarität hilfreich zu begleiten und zu unterstützen. Die verschiedenen Formen von Partnerschaften und Familien werden reflektiert.
Für geschiedene Partner/innen und bei Wiederheirat von Geschiedenen werden "die Hirten und die ganze Gemeinschaft der Gläubigen herzlich ermahnt, den Geschiedenen in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, da sie als Getaufte an ihrem Leben teilnehmen können, ja dazu verpflichtet sind."
Für den Empfang der Sakramente weist Papst Johannes Paul II auf die Schwierigkeit hin (NB: Vielen scheinen nur diese Aussagen aus "Familiaris consortio" bekannt zu sein!), dass nämlich wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zugelassen werden. "Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht." (FC n.84)
Aktualität von Familiaris consortio
In den vergangenen 30 Jahren sind nicht vorhersehbare weltpolitische und wirtschaftliche Veränderungen in Europa und in der gesamten Welt geschehen; eine neue Generation ist herangewachsen; die Situation der katholischen Kirche in Österreich (und den meisten europäischen Ländern) ist durch schwerwiegende Krisen erschüttert und im gesellschaftlichen Erscheinungsbild ist sie anders präsent. Dennoch haben viele Analysen zur Situation der Familien und der Ehen und Partnerschaften und dazu die theologischen Aussagen und pastoralen Ermutigungen eine hohe Aktualität.
Immer wieder ist das Lesen und Studium der Enzyklika über die Familien zu empfehlen.
Reinhold Ettel SJ (KFW-Kärnten - Ehe- und Familienpastoral)