Dekanat

Dekanat Villach-Stadt

Im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne

Auftakt zur KAV-Veranstaltungsreihe in Villach-St. Martin mit Dr. Michael Kapeller

 (© Foto: ´pfarre villach-st.martin)
(© Foto: ´pfarre villach-st.martin)

Am Donnerstag, 31.01., 19.30 Uhr führte uns im Pfarrzentrum Villach-St. Martin Mag. Barbara Velik in die KAV-Reihe "Aggiornamento? Die vergessene Verheutigung des 2. Vaticanums" ein und Dr. Michael Kapeller sprach zum Thema "Im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne".

Daten und Fakten
Zuerst stellte er die Daten und Fakten zum 2. Vaticanum dar. Konzil wurde 11.10.1962 eröffnet und endete am 08.12.1965. Es gab vier Sitzungsperioden. Nach der ersten Sitzungsperiode starb Papst Johannes XXIII. Nach seinem Tod setzte Papst Paul VI das Konzil fort. Es tagte immer im Herbst von September bis Dezember. Es gab 16 Konzilsdokumente, davon 5 grundlegende Schriften, Konstitutionen, die über die göttliche Offenbarung, Kirche, Liturgie und Pastoral handelten. Dazu kommen die Dekrete, die die Angaben zur Neugestaltung kirchlicher Lebenswirklichkeit machen. Hier ging es um die Kommunikationsmittel, kath. Ostkirchen, Ökumene, Hirtenaufgabe der Bischöfe, Priesterausbildung, Ordensleben, Laienapostolat, Dienst u. Leben der Priester und Missionstätigkeit. Außerdem wurden die Erklärungen verfasst. Sie betreffen die Äußerungen und Überlegungen zu den Fragestellungen, die die Kirche betreffen (z. B. christl. Erziehung, Verhältnis zu nichtchristliche Religionen und Religionsfreiheit).

Begriffsklärungen
Danach ging Dr. Kapeller zuerst auf die Begriffsklärungen, die im Zusammenhang mit dem 2. Vaticanum immer wieder für Missverständnisse sorgen, ein. Hier nannte er die Pastoral, den Geist des Konzils und die Verbindlichkeit.

Pastoral: Zuerst widmete er sich dem Begriff Pastoral und anhand der Worte von Johannes XXIII und der Konstitution Gaudium et spes führte er aus, dass die Pastoral die Übersetzung der Glaubensinhalte ins Heute, das Verhältnis der Kirche zu den Menschen von heute und ein Dialog der Kirche mit der Welt besagt.

Verbindlichkeit: Es gibt einige die behaupten, dass das 2. Vaticanum keine dogmatischen Aussagen definiert hat. Daher ist er nicht in allen seinen Aussagen verbindlich. Obwohl das Konzil keine neuen Wahrheiten verkündet, wurden Glaubenswahrheiten von dogmatischem Rang behandelt. Seine Verbindlichkeit stützt sich auf die verwendeten Quellen: Heilige Schrift und Kirchenväter. Außerdem ist es nicht legitim, zwischen Konstitutionen, Dekreten und Erklärungen zu differenzieren. Konstitutionen sind die Grundtexte. Andere Texte sind die Entfaltungen dieser Texte. Konzilsaussagen sind verzahnt und beziehen sich aufeinander. Zentrale Aussagen des Konzils haben durch spätere lehramtliche Aussagen eine entsprechende Bestätigung erfahren und sind auch daher verbindlich für die ganze Kirche.

Geist des Konzils: Diesen Geist finden wir in allen Schriften. Sie versuchen mit den positiven Formulierungen die Glaubensinhalte den Menschen von heute näher zu bringen. Das Konzil ist eines der wenigen Konzile, in dem es keine Lehrverurteilungen gibt. Weltkirche, Dialog, Ortskirche, Konzil usw. sind einige der Begriffe, die neu entdeckt und die mit dem neuen Leben gefüllt wurden.
Der Geist des Konzils ist eine reale und dokumentierte Erfahrung. Er ist in Akten und Dokumente des Konzils verankert. Er ist keine Freikarte für Reformwünsche. Ein Rekurs auf den Geist des Konzils ist nicht zulässig, wenn dadurch das Volk Gottes und das Lehramt gegeneinander ausgespielt werden.

Das Konzil zwischen Tradition und Moderne
Das Konzil will den christlichen Glauben in der Welt von heute neu aufleben und verständlich machen. Die Deutungen, wie das geschehen soll, was Konzil tatsächlich wollte und wie wir es verstehen können, zusammen fasste Papst Benedikt XVI dies in seiner Ansprache am 22. Dezember 2005, zumindest für zwei Positionen, mit den Worten:
"Die Kirche ist ein Subjekt, das mit der Zeit wächst und sich weiterentwickelt, dabei aber immer sie selbst bleibt; das Gottesvolk ist als das eine Subjekt auf seinem Weg." (Hermeneutik der Reform)
"Die Konzilstexte würden als solche noch nicht wirklich den Konzilsgeist ausdrücken. Sie seien das Ergebnis von Kompromissen, die geschlossen wurden, um Einmütigkeit herzustellen, wobei viele alte und inzwischen nutzlos gewordene Dinge mitgeschleppt und wieder bestätigt werden mussten." (Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches)

Vorgaben des Konzils
Am Ende seiner Ausführungen verwies Dr. Kapeller auf die Karl Rahners Rede in München zum Abschluss des Konzils am 12.12.1965. Hier sprach der berühmte Theologe über die zentralen Vorgaben des Konzils, die es gilt jetzt und in der Zukunft zu beachten: synodales Prinzip in der Kirche, Bedeutung des Charismatischen, Ortskirchen als Kirche, Heilsmöglichkeit der Nichtchristen, Hierarchie der Glaubenswahrheiten, Fundament: Heilige Schrift, allgemeines Priestertum, Pluralismus gleichberechtigter Theologien, personale Freiheit des Glaubens und Bedeutung historisch-kritischer Theologie.

Auftrag
Der Vortrag endete mit einem Zitat aus dem Gaudium et spes 92, der ein Auftrag an uns alle ist:
"Die Kirche wird kraft ihrer Sendung die ganze Welt mit der Botschaft des Evangeliums (..) erleuchten und alle Menschen in einem Geist (..) vereinen. (...) Das aber verlangt von uns, dass wir vor allem in der Kirche selbst, bei Anerkennung aller rechtmäßigen Verschiedenheit, gegenseitige Hochachtung, Ehrfurcht und Eintracht pflegen, um ein immer fruchtbareres Gespräch zwischen allen in Gang zu bringen, die das eine Volk Gottes bilden, Geistliche und Laien. Stärker ist, was die Gläubigen eint als was sie trennt. Es gelte im Notwendigen Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem die Liebe."