Von Tränen und Hoffnung
Travellog 4 - Kirgisistan

Unsere Projektreise führte uns an diesem Tag nochmsls nach Talas – doch davor übernachteten wir paradiesisch. Unsere schlichte Unterkunft, eingebettet in eine grüne, ruhige Umgebung, wurde von uns bald liebevoll „Garten Eden“ genannt. In dieser idyllischen Atmosphäre konnten wir neue Kraft schöpfen, bevor es am nächsten Morgen emotional tief ging.
Unser erstes Ziel war Sr. Teofolie, die wir am Vortag bereits kennengelernt hatten. Sie empfing uns mit einer ruhigen, aber eindringlichen Präsenz. In einem schlichten Raum begann sie, von ihrer Arbeit in Talas zu erzählen – von den Menschen, denen sie begegnet, von deren Lebensumständen, von Trauer, Schmerz und Schicksalsschlägen. Während wir ihren Worten lauschten, wurde es immer stiller in unserer Gruppe. Die Geschichten gingen unter die Haut.
Und dann, mitten in dieser Schwere, geschah etwas völlig Unerwartetes: Wir mussten plötzlich alle lachen. Nicht, weil etwas komisch war – sondern weil sich etwas löste. Ein Moment der Erleichterung, ein befreiendes, menschliches Lachen. Es war kein Verdrängen, sondern eine stille Form der Verarbeitung. Vielleicht braucht es genau solche Augenblicke, um das Schwere gemeinsam tragen zu können.
Im weiteren Verlauf des Tages besuchten wir vier Familien in der Umgebung. Jede von ihnen hatte ihre eigene, tragische Geschichte – und dennoch war da eine spürbare Lebensfreude. Eine Ausstrahlung, die uns alle tief berührte. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns eine ältere Dame, liebevoll „Oma 18“ genannt.
Schon beim Eintreten spürte man ihre Energie. Obwohl hochbetagt, strahlte sie Lebenslust aus. Ohne Umschweife begann sie, uns eine fast schon feurige Predigt zu halten – voller Enthusiasmus und aus tiefem Herzen. Die gebürtige Ukrainerin sprach mit leuchtenden Augen über den Glauben an Gott, über Jesus und Maria. Ihre Worte trafen uns ins Herz.
„Vertraue und glaube“, sagte sie mit erstaunlich fester Stimme, „es hilft, es heilt die göttliche Kraft! Ich wache mit der Sonne auf und gehe mit ihrem Untergang schlafen. Dann kann ich mit offenen Augen schauen.“
Dieser Satz begleitet uns. Er fasst zusammen, was wir an diesem Tag in Talas erfahren durften: Dass hinter jedem Schicksal ein Mensch steht, dessen Würde nicht vom Leid genommen wurde und werden darf. Dass Glauben und Vertrauen nicht immer den Schmerz nehmen – aber helfen, ihn zu tragen. Und dass Hoffnung keine Illusion ist, sondern ein gelebter Mut, sich dem Leben trotz allem zu stellen.
Die Begegnungen in Talas haben Spuren hinterlassen. Nicht als bloße Station einer Reise – sondern als Wegweiser für das, was wirklich zählt: ein offenes Herz und ein hörendes Ohr. Der Glaube kann helfen, dass selbst im Schmerz noch Licht aufscheinen kann: gemeinsam mit den Schwestern vor Ort und den Menschen, die Franz Hilf unterstützen oder alle Anliegen im Gebet mittragen.
In den letzten Tagen steht ein wenig Freizeit auf dem Programm: in Kyzyl-Oy und am Son-Kol-See. Dazu aber erst ab morgen mehr.