Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Wenn “Kohle” nicht brennt!

Gedanken zum 29. Sonntag im Jahreskreis von Dechant P. Gerfried Sitar

Oft sind wir im Zwiespalt, wenn es darum geht, dem Buchstaben des Gesetzes zu folgen oder dem gesunden Menschenverstand oder gar ethischen Grundsätzen. Wie weit dürfen politische Entscheidungen, deren Sinn nicht einsichtig ist, unser Leben bestimmen? Diese Frage wird in diesen Tagen sehr oft gestellt. Gerade dann, wenn es darum geht, wie das Geld des Staates, für das wir schließlich alle aufkommen müssen, verwendet wird. Insofern trifft das Sonntagsevangelium durchaus den Nerv der Zeit. Die Trennung von Kirche und Staat war durch die Jahrhunderte immer wieder Thema, aber auch Grund für nicht wenige Auseinandersetzungen.

„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“

Damit ist wohl in erster Linie gemeint, dass wir die Pflichten als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger erfüllen sollen und müssen und angehalten sind, uns für das Land, in dem wir leben, zu engagieren. Damit haben die meisten kein Problem. Steuern werden eingehoben und bezahlt, damit der Staat die an ihn herangetragenen Aufgaben erfüllen kann. Durch das Sozialwesen profitiert der Einzelne wieder davon. Natürlich bleiben bei den Ausgaben des Staates Diskussionen nicht aus, weil wir mit der Widmung mancher Gelder nicht einverstanden sind, oder immer wieder öffentlich gemacht wird, wie Steuergeld missbraucht und von Politikern für eigene Zwecke ausgegeben wird oder wie durch menschliches Versagen oder Spekulation Misswirtschaft betrieben wird. Klar muss uns bei aller Diskussion allerdings sein, dass die Öffentlichkeit eine Ordnung braucht und um diese Ordnung aufrecht erhalten zu können, benötigt es entsprechende Einnahmen und Steuern. Da unterscheidet sich der Staat wenig von der Kirche – als Institution.

Was hat das nun alles allerdings mit dem glaubenden Menschen zu tun?

Jeder Christ ist auch Teil einer Gesellschaft, in der er Verpflichtungen übernimmt, sei es am Arbeitsplatz, im menschlichen Zusammenleben oder in der Belebung der Kommunen. Sich abzuschotten und so zu tun, als ob einen das alles nichts angeht, ist zutiefst unchristlich und ignorant. Wohl aber kommt jedem die Rolle der alttestamentlichen Propheten zu, die auch Teil ihrer Gesellschaft waren, aber immer wieder Missstände angeprangert haben. Dies taten sie allerdings nicht aus eigenem Antrieb und aus Selbstzweck, sondern immer mit dem Blick auf das Wohl der Allgemeinheit und mit dem Auftrag Gottes.

Der Mensch muss sich die innere Freiheit bewahren, um für sich selbst richtig handeln zu können.

Dabei spielt das Gewissen, dessen Sensorik allerdings stark unter dem massiven Einfluss von Zeitströmen steht, eine wichtige Rolle. Korrektes Handeln betrifft jeden und hier liegt auch das Gewicht des Beitrags, den jeder Christ leisten kann. Jeder Staatsbürger ist auch Wähler, der mitbestimmt. Umso mehr verwundert es, wie in manchen Ländern offenkundig ungeeignete Personen an die Macht kommen und den Staat und die Menschen manipulieren. Es geht um die Mündigkeit der Menschen und um das kritische Denken, das schließlich auch zur moralischen Pflicht wird. Christen dürfen sich nicht dümmlich in eine „heile Welt“ zurückziehen, sondern müssen in ihrer Zeit und in ihrem Umfeld „Leuchttürme“ sein, um Veränderungen möglich werden zu lassen. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“ Gott, so sind wir als Glaubende überzeugt, war vor der Welt und steht über der Welt – also auch vor staatlichen Prinzipien. Dennoch hat Gott diese Welt einer Ordnung unterworfen, die allerdings voraussetzt, dass es Strukturen geben muss, die intakt sind. Wer nun Gott und die Welt auseinanderdividiert, hat nicht begriffen, dass es ein Festhalten an der göttlichen Ordnung nicht gibt, wenn wir nicht bereit sind, gesellschaftliche Ordnungen, die das Allgemeinwohl im Focus haben, zu unterstützen. Ausreden sind hier natürlich schnell zur Hand, wenn der kritische Blick auf das eigene Tun und Einbringen fehlt. Niemand kann Gott dienen wollen, wenn er nicht bereit ist, den Menschen zu dienen und das Gute zu wollen. Profitgier hat dabei keinen Platz, auch nicht der Kapitalismus mit der Ausbeutung der Kleinen und das Ungleichgewicht bei der Verteilung der Güter. Soziales Denken ist daher aus einem ehrlichen christlichen Leben nicht zu streichen. Dies steht keineswegs im Gegensatz zu einem fundamental gefestigten Glauben – im Gegenteil – wer eine gute Gottesbeziehung hat, hat eine ebensolche zu den Menschen.

Geld kommt vom Staat und aus der Wirtschaft und sollte keinesfalls an die Stelle des Herzens rücken, denn dort wird es zu Stein und nährt die Habsucht und den Egoismus, die schließlich alles andere erschlagen und Gott keine Chance mehr geben, im Leben eine wichtige Rolle zu spielen.

Ich wünsche Ihnen das gute Gespür für den Umgang mit den materiellen Gütern und ihrer Bedeutung für ein gelungenes Zusammenleben der Menschen.

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar