Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Komm, Schöpfer Geist ....

Gedanken zum Pfingstfest von Dechant P. Gerfried Sitar

Komm, Schöpfer Geist ...

Gegen die Angst ist bekanntlich kein Kraut gewachsen. Und es gibt viele Ängste – das haben wir vor allem in den letzten Wochen und Monaten erfahren. Die Angst vor der Dunkelheit, jene vor der Einsamkeit, die Angst vor dem Versagen und die Furcht vor dem Ungewissen, die Angst vor den Untiefen der Menschen und dem Neuen ... Auch die Apostel hatten Angst. Sie fühlten sich hilflos, nachdem Jesus nicht mehr in ihrer Mitte war und die Situation, in der sie sich befanden, schien sie restlos zu überfordern. Und da geschah das Unerwartete. Aus heiterem Himmel wurde ihnen der Geist gesandt. „Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein!“, singen wir in einem alten Kirchenlied. Ist es uns ernst mit diesem Wunsch? Wir fühlen uns ja gar nicht so unwohl mit dem Zeitgeist, der uns umtreibt. Die Herausforderungen des Lebens fordern uns und scheinen unendliche Weiten an Möglichkeiten zu erschließen.

Benedikt von Nursia schreibt in seiner Regel von der Unterscheidung der Geister. Auch der erste Johannesbrief ruft im vierten Kapitel dazu auf: "Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind!" In Zeiten von Masken ist das noch schwerer, denn oft versteckt sich der Ungeist hinter der Maske des vermeintlichen Wohlwollens und der ebenso vermeintlichen guten Absicht.

Wäre sie nicht da, die Angst, die keinen Namen hat, alles wäre in Ordnung. Aber sie ist da. Latent, einmal stärker und einmal schwächer. Wir leben in unsicheren Zeiten, in einer geistlosen Zeit? Trotzdem singen wir gegen den Trend das alte Lied. Der Wunsch nach dem hl. Geist und seiner Erfüllung ist ungebrochen, auch wenn wir mit ihm noch wenig anzufangen wissen. Vielleicht macht er uns Angst, weil wir nicht wissen, was uns erwartet, wenn er tatsächlich kommt. Eines ist sicher. Es ist sicher nichts so, wie es immer war. Der Geist Gottes steckt voll Überraschungen und wer sich auf ihn einlässt, muss damit rechnen, dass er sich wundern wird.

Papst Johannes XXIII prägte den Ausruf „Aggiornamento!!!“

Frischer Wind in alte Mauern! Unsere Kirche braucht das Wehen dieses guten Geistes mehr denn je. Sie braucht – wie die junge, verschreckte Kirche damals - das Wachrütteln und die Stärke jenes Sturmes an neuem Mut. Die Kirche braucht keinen billigen Populismus, des sich überall Anbiederns, sondern die Wachsamkeit, dem geistlos gewordenen Zeitgeist mit neuem Esprit entgegenzutreten. Zu brennen bedeutet, vor Begeisterung zu sprühen und ansteckend zu werden – im übertragenen Sinne – keinen Mundschutz zu tragen, um gehört zu werden, keinen Abstand einzuhalten, um berührungsfähig zu bleiben und keine Angst davor zu haben, unter die Menschen zu gehen. Der Geist Gottes drückt sich nicht in abgedroschenen Phrasen aus und nicht im Hinnehmen jeglicher Trends und Modeerscheinungen. Er wirbelt uns durcheinander und schafft Caos, das neue Ordnung möglich werden lässt. Er sprengt die Türen, hinter denen wir uns verschanzen und nimmt uns die Bequemlichkeit unserer spirituellen Kleinkrämerei. Er wirft Fragen auf, die hinterfragen und schafft Auseinandersetzung, er entzündet Brände und hat Explosivität!

„Komm, Schöpfer Geist!“ Und was, wenn er wirklich kommt?

Ich wünsche Ihnen allen ein zündendes Pfingstfest, das den Ungeist (auch in unserer Kirche) entlarvt und uns Mut zu einem neuen Aufbruch gibt.

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar