Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Hunger nach Mehr!

Gedanken zum 18. Sonntag im Jahreskreis von Dechant P. Gerfried Sitar

Es waren mehr als 5000. Eine gewaltige Zahl. Und sie hatten Hunger. Das Einfachste wäre es wohl gewesen, sie nach Hause zu schicken. Da hätte jeder Verständnis dafür gehabt, dass man für 5000 Menschen kein Essen herzaubern kann. Aber vielleicht macht gerade das Unerwartete diese Erzählung so besonders. Fünf Brote und zwei Fische, davon wären vermutlich zwei bis drei Erwachsene satt geworden. Mehr war nicht da. Jesus hatte den Menschen in seiner Predigt Mut gemacht, an ein besseres Leben zu glauben. Und nun schafft der Hunger die Realität des Alltags. Was sind Worte? Doch dann geschieht das, womit keiner gerechnet hatte: ALLE wurden satt und es blieb noch jede Menge übrig. Ein Wunder! Die Leute wunderten sich! Und aus diesem Wundern wuchs echter Glaube, der im Staunen sprachlos machte.

Das fehlt uns heute wohl - das wirklich staunen können über etwas, das wir nicht begreifen. Aus WENIG wurde VIEL und aus dem Geben ein reiches Beschenken.

Was zunächst vielleicht als naiv aufgefasst werden kann – fünf Brote und zwei Fische für 5000 Menschen – wurde zur Kühnheit des Glaubens, der in der Lage ist, Berge zu versetzen. Die Jünger taten, was Jesus von ihnen verlangte, ohne Erklärungen und Begründungen dafür einzufordern. Sie stellten sich hinter ihn – in der Gewissheit des Glaubens, aber auch in der Gefahr, sich lächerlich zu machen. Das verlangt der Glaube von uns, die Gefahr der Lächerlichkeit nicht zu fürchten, sondern sich bedingungslos einzulassen, ohne Verstand. Aus dieser Bedingungslosigkeit kann jene Fülle wachsen, die in dieser biblischen Szene spürbar wird. Die Geschichte macht aber auch sehr deutlich, dass Jesus das Wohlergehen der Menschen nicht gleichgültig ist. Er nimmt ihre Not wahr und sie selber ernst. In dieser Zuwendung erfahren sie mehr als bloß den Empfang von Nahrung.

„Gebt ihr ihnen zu essen!“

Das ist eine Aufforderung, die nicht in der Geschichte verhallt ist, sondern uns dazu drängt, etwas zu tun, um das Elend zu mildern. Das Verharren in der Theorie mit frommen Sprüchen und vielleicht geheucheltem Mitleid ist zu wenig, wenn es darum geht, unserem Glauben Ausdruck zu geben. Wer mit Jesus geht, muss auch mit ihm die Solidarität mit den Kleinen und Schwachen leben und im Teilen erfahren, was es bedeutet, glaubend aktiv zu sein. „Gebt ihr ihnen zu essen!“ bedeutet nicht nur, zu spenden oder etwas vom Überfluss zu geben und dabei oberflächlich zu bleiben, sondern es bedeutet, sich voll und ganz auf das Gegenüber einzulassen – LIEBEND. Geben ohne Liebe ist nicht selten das Beruhigen des eigenen schlechten Gewissens.

Geben mit Liebe allerdings ist CARITAS in reiner Form – das Hineinlassen in das eigene Leben – aneinander teilzuhaben.

Das haben die Menschen damals gespürt und das spüren sie heute, wenn wir in den Schuhen Jesu zu gehen versuchen, vielleicht mitunter zaghaft und tollpatschig – es gelingt, wenn wir es in Liebe tun. Etwas Tröstliches hat das Sonntagsevanglium für uns alle. Das Hilflose – in dem Fall die fünf Brote und zwei Fische – wird im Hingeben durch die Hilfe Gottes zum Überfluss, das unzureichend Scheinende wird durch den Glauben maßlos und MEHR als erwartet. Wo das ehrliche Bemühen des Menschen mit all seiner Anfälligkeit vorhanden ist, schenkt Gott das Gelingen.

Ich wünsche Ihnen die Liebe zum Kleinen, um Teil des Großen zu sein.

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar