Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Herrliches Gebet

Gedanken zum Sonntag von Dechant P. Gerfried Sitar

Mein Gott! Ist das herrlich!

Denken wir uns das nicht auch, wenn wir nach einer Wanderung ein Ziel erreicht haben, oder am Gipfel eines Berges stehen und ins Tal blicken? Wenn sich der Horizont weitet und wir den Überblick haben, dann erkennen wir erst, was es bedeutet, Teil dieser großartigen Schöpfung zu sein. In diesen Momenten des absoluten Staunens (nach immensen Strapazen) spüren wir die Nähe Gottes besonders und das Beten wird zu einem Stammeln. Aber gerade dieses Beten, das weit weg von ausgefeilten Formulierungen steht, drückt am besten eine innere Haltung aus, die zur vollkommenen Öffnung wird. Johannes zeigt uns im Evangelium, wie Jesus uns im Beten lehrt, was Gottesbeziehung im Eigentlichen bedeutet – sie ist das Aufgehen in dieser uneingeschränkten Liebe, die uns durch IHN und mit IHM geschenkt wird. Das mag etwas pathetisch klingen angesichts der vielen „Wenn“ und „Aber“, die unsere aufgeklärte Gesellschaft für alles schnell parat hat.

Momente des Staunens und der positiven Fassungslosigkeit rücken uns spürbar in dieses befreite Empfinden.

Vielleicht hat unser Beten diese Inbrunst weitgehend verloren, weil wir zu sehr von einer Kommunikationsglocke umhüllt sind, die häufig von Worthülsen lebt. Echtes Beten braucht das Herz, das übergeht. Das sind die Augenblicke unseres Lebens, die uns aber umso eindrucksvoller deutlich machen, dass alles, was wir scheinbar zur obersten Priorität erklärt haben, angesichts der Herrlichkeit Gottes verblasst. Das echte Beten entspringt einem tiefen inneren Bedürfnis und wird in der Folge auch zu einem ergriffenen Erzählen von Erlebnissen, wo Gott uns begegnet ist. Beten wird aus der Gotteserfahrung zum authentischen Verkünden seiner Gegenwart in den vielfältigen Lebensprozessen.

Und gerade dort – im Alltag, in den Beziehungen, in den mitunter auch schwierigen Herausforderungen - die wir vor allem in dieser harten Zeit der Einschränkungen erleben – offenbart ER sich und wird im Staunen über das Unbeschreibliche seines „ICH BIN DASEINS“ verherrlicht.

Daran zu glauben mag uns angesichts der erfolgreich suggerierten Ängste besonders schwerfallen, weil wir damit beschäftigt sind, das Chaos um uns zu ordnen und zu einer halbwegs akzeptablen Normalität zurückzukehren. Vielleicht haben wir die Zeit auch als besonders GOTTFERN erlebt, weil wir uns allein gelassen gefühlt haben. Es ist aber nicht anders, dass Gott uns am klarsten dort begegnet, wo wir unsere Bedürftigkeit am meisten spüren und uns klein fühlen angesichts dessen, was um uns geschieht.

Kardinal John Henry Newman (1801-1890) bezeichnet das Beten als Atemholen der Seele.

Und das brauchen wir: Durchatmen, um wieder mit viel Zuversicht und Freude in das schöne Leben zu starten!

Ich wünsche Ihnen allen einen gesegneten Sonntag und die Gabe unbeschreiblichen Staunens!

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar