Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Gutes Neues Jahr

Kein Dinner for one!

Wir blicken auf ein Jahr voller Ereignisse, die uns zu schaffen machten. Es liegt in der Natur des Menschen, alles schlecht zu reden und zu jammern, wobei man das auch nicht verdenken kann, wenn man sich die globale Situation kritisch und nicht durch die rasarote Brille ansieht. Dennoch hat es zu allen Zeiten Probleme und Herausforderungen gegeben und die „gute alte Zeit“ gibt es nicht. Immer hat es Krisenherde auf dieser Welt gegeben, vielleicht sind die Probleme nicht so „breitgetreten“ worden wie in der Gegenwart, weil es die sozialen Medien nicht gab und auch das Informationsnetz nicht diese Breitenwirkung hatte. Zu viel Medienkonsum macht schlechte Laune, da wir täglich von einer Lawine an teils entbehrlichen Informationen zugemüllt werden. Das echte Gespräch mit Tiefgang ist zur Seltenheit geworden und vielfach hängt sich der interpersonale Austausch an „Bad News“ auf. Kein Wunder, dass unser Leben beeinflusst wird. Diese Stimmung nutzen die Konzerne, um noch mehr Profit zu schlagen und alles einer allgemeinen Teuerung anzurechnen. Mehrfachgewinne, Gehälter in der Chefetage, die in keiner Relation zur Ausbildung stehen, Provisionen für „gute Arbeit“ …. All das macht die Menschen wütend, die redlich arbeiten und die jeden Cent umdrehen müssen, um sich das banale Leben leisten zu können. So kann es wirklich nicht mehr weitergehen!!! Es wäre aber falsch, eine Veränderung dort zu erwarten, wo die Menschen an den Schalthebeln sitzen. So naiv das klingen mag, aber Veränderung muss im Kleinen beginnen. Wie heißt es so schön in einer alten Weisheit? Wo viele Kleine Kleines tun, kann Großes geschehen. Und das war immer so! Am Anfang stand eine Vision und dahinter Menschen, die gegen den Widerstand der Gesellschaft und den Mainstream etwas aufgebaut und begonnen haben. Zweifelsfrei ist das mühsam und erfordert ein großes Quäntchen Idealismus, aber trotzdem zeigt der Blick in die Geschichte, dass es eben gerade durch solches Tun immer Veränderungen gab, die zum Guten geführt haben und Wege aus den Krisen aufzeigten. Die Gesellschaft tanzt auf dem Vulkan und merkt nicht, wie sie der aufsteigende Dampf, den sie einatmet, lähmt. Wenn 2024 ein großes Wahljahr ansteht – nicht nur in Österreich, sondern weltweit – dann wäre es wohl das beste Kabarett, wenn die Lage nicht so ernst wäre. Warum gibt es kaum noch Kandidaten, die man ernst nehmen kann? Weil die Resignation auch vor klugen Menschen nicht Halt gemacht hat. Die große Gefahr erkannte schon Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1960) als sie den berühmten Satz schrieb:

„Der Klügere gibt nach. Eine traurige Wahrheit. Wenn alle Klügeren nachgeben, wird die Welt von den Dummen regiert…“

Und das ist die Folge: die Resignation. „Weils wurscht is …“ Dieser Duktus zieht sich wie ein breites Band durch die Gesellschaft. Vor einigen Tagen habe ich mir die „Seitenblicke“ angesehen und war erschüttert, welche Verhaltensauffälligkeiten heute als „modern“ und „prominent“ gezeigt werden. Früher waren es Menschen, die etwas für die Allgemeinheit geleistet haben, die das Bild unseres Landes prägten. Heute sind es solche, die sich selber genügen und einen zum Erbrechen reizenden Populismus und eine ungenierte Selbstdarstellung pflegen. Da ist auch die Kirche in manchen Bereichen nicht ausgenommen. Rede ich gerade von den guten alten Zeiten, die es angeblich nie gab? Nein, ich rede von der Verantwortung der Medien, die solche Entgleisungen begünstigen und solchen Auswüchsen eine Plattform bieten. Wäre es nicht an der Zeit, wieder echte Werte zu transportieren und die Menschen zu motivieren, sich für eine bessere Welt zu engagieren – nicht irgendwo, sondern zunächst vor der eigenen Haustüre? Dort beginnt alles … in den eigenen vier Wänden. Wenn es dort nicht mehr möglich ist, Frieden zu halten und miteinander im Guten zu reden, wie soll das dann vor der Haustüre gehen?

Auch der Rückzug, einer allgemeinen Resignation geschuldet, kann nicht die Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart sein. Es braucht Engagierte, die etwas bewegen wollen … und Ideen. Es braucht aber auch das Rückgrat, nicht alles hinzunehmen, sondern in einer konstruktiven und wertschätzenden Form Meinungen zu formulieren und dahinter zu stehen. „Bloß nicht anecken!“ ist die falsche Devise, um Veränderungen zu beginnen – aber auch das Poltern der Empörungsgesellschaft wird nichts bewegen, außer Hass und Spaltung noch weiter voranzutreiben. Es braucht das richtige Maß und Klugheit sowie eine echte Herzensbildung, um Akzente zu setzen, die den Anfang eines guten Neuen Jahres bilden. Vorsätze allein sind zu wenig … kleine Schritte, um weiterzukommen und letztendlich im Sprung nicht gehemmt zu sein. Und vor allem … es braucht wieder mehr Menschen, denen das Wohl der Gesellschaft nicht gleichgültig ist.

Das Leben ist kein Dinner for one, sondern eine Tafel, an der jeder seinen Platz hat. Und ob ein Fest gelingt, hängt von jedem einzelnen Gast ab.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein gutes Neues Jahr und dass wir die 365 Chancen für eine positive Zukunft gemeinsam nützen.

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar