Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Fülle des (Ver)Trauens

Gedanken zum 20. Sonntag im Jahreskreis von Dechant P. Gerfried Sitar

Die traut sich was! Eine Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft, noch dazu eine Fremde, wagt es, Jesus anzusprechen. Er ignoriert sie. Tut er das wirklich? Sie bleibt hartnäckig. Da weist er sie schroff zurück. Hatten das nicht alle erwartet? Schließlich würden sie doch das Exklusivrecht an Jesus haben – so glaubten sie. Eine Jude hat ausschließlich für Juden da zu sein! Doch sie begegnet Jesus auf Augenhöhe und hat handfeste Argumente für ihr Anliegen und dafür, dass Jesus ihr beistehen muss.

Gerade diese Hartnäckigkeit ist es, die ihr schließlich zur Erfüllung ihrer Bitte verhilft.

Sie wünscht sich Heilung für ihre Tochter, die von einem Dämon besessen ist. Jesus holt sie „herein“ und lässt sie nicht länger eine Ausgegrenzte sein. Er hat keine Berührungsängste. Er denkt nicht, was werden die anderen denken, sondern lobt die Frau ohne Namen für die Stärke ihres Glaubens. So fern dieses Bild unserer Kultur auf den ersten Blick scheint, umso mehr wird auf den zweiten deutlich, dass wir mitten im Heute sind. Immer mehr wird der Anspruch auf „Wir zuerst!“ proklamiert und immer radikaler gestaltet sich die Abschottung gegen das Fremde. Sie ist mit Vorurteilen behaftet und alles wird schlecht geredet und damit globale Meinung gebildet. Doch Jesus ergreift gerade für das Fremde Partei und öffnet damit neue Wege. Das Exklusivrecht fällt und er schafft eine neue Ebene der Begegnung. Eine klare Botschaft an die Gegenwart! Jesus geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt die Glaubenskraft der Frau als gutes Beispiel der allgemeinen Selbstgefälligkeit gegenüber. Die Courage der Bittstellerin zeigt, dass Grenzen oft nur im Bewusstsein der Gesellschaft verankert sind, aber durch Engagement überwunden werden können.

Vielleicht sollten auch wir uns trauen, scheinbar Unmögliches zu erbitten, um Mögliches zu erhalten!

Ich wünsche Ihnen das Vertrauen, um sich in der Nachfolge etwas zu trauen.

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar