Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Die Sache Jesu braucht BeGEISTerte

Gedanken zu Dietrich Bonhoeffers Briefen und zum Pfingstmontag von Dechant P. Gerfried Sitar

Mich beeindrucken immer wieder die Briefe des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), die er in den letzten Tagen seines Lebens aus dem KZ an seinen Freund Eberhard Bethge geschrieben hat. Sie sind durch und durch erfüllt von einer tiefen Zuversicht, in der die Gewissheit des Glaubens an das Ewige Leben schwingt – in jeder Zeile spürt man den guten Geist. Vielleicht beeindrucken mich die Worte Bonhoeffers, der davon schreibt, dass die Sache Jesu Begeisterte braucht, deswegen so, weil ich diesen Geist heute so wenig spüren kann. Davon nehme ich mich selber nicht aus.

Manchmal fühle ich mich sehr leer und suche diesen Gott in jedem Winkel meines Lebenshauses.

Dabei wird mir bewusst, dass ich mich nicht selten seinem Geist einfach verweigert habe, weil es mir zu gut ging und ich davon überzeugt war, alles selbst „auf die Reihe“ zu bekommen. Bonhoeffers Leben endete schließlich in einer menschlichen Katastrophe. Man könnte es ein Scheitern nennen, wenn man den Blick nicht über das, was sichtbar ist, hinauslenken würde. Als Kirche ist uns die Begeisterung für die Sache Jesu etwas verloren gegangen. Da gibt es einen gewissen Rhythmus, der zum Teil von Traditionen geprägt wird, aber so richtig begeistern von dem Mann aus Nazareth lassen wir uns nicht mehr, weil wir zu genau wissen, dass das einschneidende Konsequenzen für unser Leben nach sich ziehen würde. Die Begeisterung Bonhoeffers war in den letzten Tagen seines irdischen Daseins so echt, dass sie nichts anderes kann, als sprachlos zu machen. Ich bin überzeugt, dass es genau das ist, was Begeisterung ausmacht. Die vielen „ja, aber“, die wir für Alles und Jedes sofort parat haben, einmal über Bord zu werfen und das Wehen seines Geistes einfach zuzulassen – das wäre spannend. Und wie das schon sehr eindrucksvoll im ersten Buch der Könige (1 Kön 19,1-18) des Alten Testamentes in der Begegnung Elijas mit Gott beschrieben wird, so ähnlich ist es wohl heute.

Gott ist nicht im Aufregenden, nicht in den Sensationsmeldungen, nicht im Aktivismus, sondern im Unscheinbaren.

Das vergessen wir zu oft und ich spüre das bei mir selbst …. Je stiller es wird und je weniger ich getrieben bin vom Tun, umso mehr spüre ich mich selbst wieder und umso mehr habe ich Zeit, um Gott zu begegnen … in einer Blume, im Sonnenaufgang, in einem guten Menschen, mit dem ich in ein aufmerksames Gespräch komme. Ist das der Beistand, den ER uns auch in der Gegenwart schickt? Die stillen Momente? Vielleicht?! Oder sicher sogar!

Die Sache Jesu braucht Begeisterte!

Um andere anzustecken, muss ich selbst von dieser Begeisterung infiziert sein und darf dieses „Fieber“ in mir nicht unterdrücken. Wo meine Begeisterung ausbricht, da schaffe ich es, andere mitzureißen und ihnen neue Perspektiven im Leben aufzuzeigen. Uns begeistern Dinge, die unserem Leben Richtung geben. Das kann mitunter auch im Gegenteil enden. Wir begeistern uns für Scheinziele und Tumulte, die beim genauen Hinsehen ohne Inhalt bleiben.

Bonhoeffer stand am Ende seines Lebens. Das wusste er ganz genau. Aber gerade deshalb, weil alle Scheinperspektiven verblasst waren, wurde sein Blick auf das Wesentliche umso klarer. Kein Hass wird in seinen Texten spürbar und keine Verbitterung, vielmehr ist es die Sehnsucht, das Ergriffensein vom Bewusstsein der Gegenwart Gottes mitzuteilen. Die Briefe wurden veröffentlicht. 10.000, 100.000 Mal, ja millionenfach wurden sie gelesen und so zu einem lebendigen Zeugnis des Geistes, der gegen den Ungeist der damaligen Zeit stand. Die Glut gibt es noch! Vielleicht ist ein bisschen Asche darüber gefallen und wir müssen wieder danach graben. Aber es gibt Momente, da spüre ich SEINEN Geist sehr deutlich und das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Es ist leise und doch so stark, dass es Gänsehaut erzeugt und Zufriedenheit. Vielleicht ist das auch der Schlüssel, wenn wir dem Leisen wieder Gehör verschaffen, dass wir wieder mehr Zufriedenheit spüren und dann auch glücklicher sind. Das braucht unsere Welt dringend!

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar