Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

Das Gebot der Liebe

Gedanken zum Sonntag von Dechant P. Gerfried Sitar

Mit Geboten sind wir oft auf Kriegsfuß. „Das sollst du nicht und jenes nicht ... !“– wir fühlen uns eingeschränkt in unserem Freiheitsdenken und auch in unserer Entwicklung gehemmt. Besonders jetzt in Zeiten der Corona-Krise gibt es viele Gebote, die unser Leben gewaltig einschränken und die die Geduld vieler Menschen auf die Probe stellen.

Die Frage drängt sich allerdings auf, warum es so viele Gebote und Verbote geben muss. Ich würde es ganz banal auf den Punkt bringen und sagen: Weil es zu wenig Liebe und Eigenverantwortung gibt! Jemand, der die Natur liebt – also wirklich bedingungslos liebt – der würde sie niemals verschmutzen.

Wer die Menschen liebt, würde andere nicht töten oder ihnen groben Schaden zufügen, sie auch nicht in Gefahr bringen. Der Grund für Gebote ist der Mensch – besser das ICH.

Es gibt aber kein Geheimrezept für eine bessere Welt, als jenes, dass man sich um ein MEHR an Liebe bemühen sollte. Der heilige Franz von Sales wurde einmal von einem seiner Schüler gefragt, was er denn tun müsse, um ein guter Mensch zu werden. „Versuche, die Türen leise zu schließen!“ antwortete der Heilige. Das ist genau das, was Jesus uns sagen möchte. Wer aus SEINEM Geist lebt, ist achtsam in der Begegnung mit Mensch, Tier und Umwelt. Das sich ein wenig Zurücknehmen schafft dem Gegenüber Raum und lässt Beziehungen gelingen. Lieben impliziert diese Achtsamkeit, die nach dem DU fragt und das Gegenüber nicht erdrückt. Gebote zielen auf die Selbstreflexion und erinnern uns an unsere Menschlichkeit. Dass wir das Gute nicht alleine schaffen können, liegt auf der Hand. Der Mensch fällt immer wieder in seine alten Fehler und Verhaltensmuster. Er ist eben nicht perfekt und braucht daher einen Rahmen, der ihm das Miteinander mit anderen erleichtert.

„Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben!“, sagt Jesus und macht uns damit Mut, unserer Schwachheit mit der entwaffnenden Hoffnung auf seinen liebenden Geist zu begegnen.

Der Geist Gottes verändert mich in meinem Alltagsverhalten. Und daran wird man erkennen, ob ich aus SEINEM Geist bin oder nicht: wenn ich mich darum bemühe, das Gute am anderen zu suchen und ihn nicht schlechtrede, wenn ich mit meinem Tun darauf achte, ob ich damit anderen schade, wenn ich mit meinen Worten vorsichtig bin und mich bemühe, andere nicht zu verletzen, wenn ich im Kleinen und Unbedeutenden verlässlich bin.

Gottes Geist bietet uns aber auch Chancen eines Neubeginns, wenn wir Gebote gebrochen haben oder aneinander schuldig geworden sind – nämlich die Versöhnung.

Wenn ich jemandem Unrecht getan habe und das Unrecht erwiesen ist, dann gehört es auch dazu, mich dazu aufzuraffen, den Nächsten um Vergebung zu bitten. Manchen verbietet das ihr Stolz und ihre Eitelkeit. Ein bisschen Demut steht allerdings jedem gut und ist kein Genickbruch. Sie zeigt vielmehr, dass ich die Botschaft Jesu nicht nur verstanden, sondern in mir lebendig werden lasse.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar