Pfarre

St. Andrä im Lavanttal

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Was Ostern für den Alltag bedeutet. Gedanken zum Weißen Sonntag

Der Alltag hat uns wieder! Ostern mit allen heuer sehr bescheidenen, mehrfach gestreamten Festlichkeiten ist vorüber und bis zum nächsten Jahr ad acta gelegt. Wie wird es wohl kommendes Jahr sein?

Aber ist die Botschaft von Ostern wirklich verhallt? Das Chaos, in dem die ersten Christen lebten, erinnert mich manchmal an die Unsicherheit der Gegenwart. Ein kleines, verschrecktes Häufchen von verunsicherten, verängstigten und zweifelnden Menschen hat sich aus der Welt zurückgezogen. Aus Furcht. Hinter verschlossene Türen. Da war keine Hoffnung mehr auf eine gute Zukunft, keine Erwartung an das Morgen! Ähnlich erleben wir die momentane Zeit als eine Zeit des Umbruchs und der Verunsicherung. Sicherheiten, auf die wir uns zu verlassen glaubten, offenbaren sich als vermeintlich. Mitten in dieses Durcheinander ruft der auferstandene Christus auch uns im Heute zu:

Der Friede sei mit Euch!

Können wir das glauben, oder zweifeln wir wie Thomas? Die Botschaft von Ostern ist ein Wort des Friedens und nicht der Angst. Die Sprache der Auferstehung ist eine Sprache des Verstehens und der Ermutigung und nicht eine der Ausgrenzung und Verurteilung. Thomas hat für sein Zweifeln nicht Tadel, sondern Verständnis und Entgegenkommen geerntet. Wenn wir Christen Ostern aus der ganzen Überzeugung unseres Glaubens feiern wollen, dann müssen wir vor allem den Mut haben, in unserer Zeit Zeugen für das Leben zu sein. Und das bedeutet oft, gegen den Zeitgeist zu stehen und doch die Sprache des Jetzt zu sprechen. Ist unsere Kirche ein Ort, an dem wir Auferstehung heute noch spüren? Sind wir eine Gemeinschaft, in der Menschen, die durch die Gesellschaft ausgegrenzt werden, sich beheimatet fühlen können? Das, und nichts anderes wird die Antwort auf die Frage sein, ob wir Ostern in unsrem Leben richtig verstanden haben. Thomas ist uns deswegen sympathisch, weil er seine Zweifel offen ausgesprochen hat, sich nicht über alles erhaben fühlte. Wir entdecken uns in ihm, denn wenn wir ehrlich sind, dann haben wir alle diese Momente; Augenblicke, wo wir nichts glauben können, in denen wir uns von der allgemeinen Stimmung mitreißen lassen und in einer hoffnungslosen Schwarz-Weiß-Malerei versinken. Das Beispiel Jesu sollte genügen, um einen neuen Weg – auch in unseren Tagen - zu finden. Er hat Menschen, die gefallen waren, nicht ausgestoßen und abgeschrieben, sondern sie liebend aufgenommen, er hat nicht verurteilt, sondern vergeben, er hat die, die von anderen an den Rand gestellt wurden, in die Reihe seiner engsten Vertrauten aufgenommen.

Und er hat denen, die ihn kurz zuvor verraten hatten, verziehen und ihnen einen neuen Anfang geschenkt. Ist es nicht beschämend, wenn wir uns als Kirche manchmal über das Vorbild Christi erheben und ganz anders handeln?

Deswegen feiern wir jedes Jahr erneut das Fest der Auferstehung, weil uns der Heiland immer wieder sagen möchte: Seid gut zueinander! Nur das zählt! Lasst uns von einer Kirche träumen, in der niemand Angst haben muss, weil er anders denkt!

Lasst uns von einer Kirche träumen, in der Menschen für Menschen da sind und dadurch spürbar wird, dass Christus lebt! Lasst uns von einer Kirche träumen, in der man miteinander und nicht übereinander redet, einer Kirche, die ein Zuhause für ALLE ist.

Mitunter geht es mir wie Thomas: Wenn ich mich umschaue, zweifle ich, ob es je eine solche Kirche geben wird. Thomas aber wurde eines Besseren belehrt. Seine Zweifel wurden ernst genommen und Christus kam ihm einen entscheidenden Schritt entgegen. Ich glaube dann an Ostern, wenn ich Menschen sehe, die sich für andere einsetzen, selbstlos, liebend, fürsorglich; wenn ich sehe, wie einander Blicke der Versöhnung schenken, wie sich nicht der Buchstabe des Gesetzes gegen die Menschlichkeit vergeht, sondern die Botschaft vom Frieden Brücken über tiefe Gräben schlägt. Ein schöner Traum von einer österlichen Kirche! Nur ein Traum? Vielleicht träumen wir ja gemeinsam! Und wenn wir das Unmögliche wagen, wird das Mögliche Wirklichkeit werden.

Ich wünsche Ihnen allen einen gesegneten ersten Sonntag nach Ostern!

Herzlich, Ihr

P. Gerfried Sitar